
Marc Bohnes, Director of Campaign Strategy bei Episerver (ehemals Optivo)
Marc Bohnes, Director of Campaign Strategy bei Episerver (ehemals Optivo)
E-Commerce-Händler, die ihre Website inhaltlich auf Vordermann bringen wollen, sollten bei den Produktdetails sowie Liefer- und Rückgabebedingungen anfangen. Wer dem User unzureichenden Shop Content präsentiert, fördert Kaufabbrüche.
Bei der Wahl der richtigen Inhalte auf ihrer Website denken viele Online-Händler vor allem an Content Marketing: Möglichst große, emotionale Geschichten, welche die Kunden begeistern und zum Kauf inspirieren. Und es stimmt auch: Händler sollten den Verbrauchern unbedingt einen Grund bieten, länger auf der Website zu bleiben - doch guter und wirksamer Content fängt im Kleinen an.
E-Commerce-Händler, die ihre Website inhaltlich auf Vordermann bringen wollen, sollten bei den Produktdetails anfangen, genauso wie bei den Liefer- und Rückgabebedingungen. Das belohnen die Verbraucher - und bestrafen, wenn sie mit solchen Informationen unzufrieden sind. Besser also nochmal checken: Wie genau waren die Maße der Tischlampe, die neu im Sortiment ist?
Verbraucher lassen sich gerne inspirieren - off- und online
Verkäufer im stationären Handel kennen das schon lange: Viele der Verbraucher, die in ihren Laden kommen, wollen "nur gucken". Dieses "Gucken" ist aber selten zufällig und ziellos. Die Verbraucher sehen sich, während sie durch den Laden spazieren, Produkte aus der Nähe an, nehmen sie in die Hand, lesen die Beschreibungen und vergleichen Preise. Zum Teil lassen sie sich inspirieren, zum Teil verschaffen sie sich einen ersten Überblick über eine Produktgruppe, die sie interessiert. Und das gleiche gilt für Verbraucher beim Online Shopping.
Nutzeranalysen im E-Commerce ergeben, dass nur ungefähr jeden fünften Besucher einer Markenwebsite auch eine feste Kaufabsicht dahin führt. Der größte Teil möchte stöbern - und liest dabei so scheinbar langweilige Texte über Lieferbedingungen, Lieferzeiten, Zahlungsarten, Rückgabebedingungen und Kontaktinformationen. Am häufigsten werden in vielen Shops die Produktinformationen gelesen.
Selbst Website-Besucher, die etwas kaufen möchten, informieren sich zuerst und zum Teil ausführlich über andere Produkte. Online-Händler, die Besucher auf ihrer Website schnellstmöglich durch den Sales Funnel führen wollen, ignorieren diese Bedürfnis, erst einmal zu Stöbern. Die Lehre daraus für Online-Händler: Bei dieser Art von Content kann sich zwar niemand kreativ ausleben, er ist aber für Verbraucher sehr wichtig und darf nicht vernachlässigt werden.
Unzureichender Shop Content sorgt für Kaufabbrüche
Was passiert, wenn ein Händler diesen Content vernachlässigt? Die Erfahrungswerte von Online-Händlern zeigen immer wieder deutlich: Wenn Lieferbedingungen und Produktdetails nicht leicht zu finden sind oder gar fehlen, schreckt das viele kaufwillige Besucher ab und die Absprungrate beim Einkaufen steigt signifikant. Ungefähr genauso nachteilig sind ungenaue, falsche oder unvollständige Informationen. Händler, die diesen Content nicht pflegen, spüren auch das schnell im Warenkorb.
Details, Details, Details
Wie muss dieser "kleine Content" also aussehen, wenn er wirken soll? Umfänglich! Es ist zwar zeitaufwendig, viele Details anzugeben, aber es lohnt sich. Denn wenn ein Kunde sich beispielsweise über Wanderstiefel informieren möchte, interessieren ihn oft auch kleine Dinge wie Informationen über die Nähte oder die Ösen der Schnürsenkel.
Außerdem muss er möglichst genau sein, ungefähre Angaben reichen oft nicht aus. Das gilt für alle Produkte. Es kann für den Kunden beispielsweise ein Kaufkriterium sein, ob der Karton des Kinderbettchens in seinen Kofferraum passt, wenn er ihn bestellt, um ihn dann originalverpackt jemandem mitzubringen. Und natürlich muss der Content korrekt sein: Kaum etwas untergräbt das Vertrauen des Kunden so sehr wie eine falsche Angabe.
Ein Faktor, der beim Content außerdem gerne übersehen wird: Die Shops müssen auch darauf achten, dass sie die richtigen Informationen einfach auffindbar machen. Kunden stört es nämlich nicht, Informationen suchen zu müssen - sie nicht zu finden hingegen sehr. Eine anwenderfreundliche Suchfunktion gehört zur Content-Pflege dazu.
Händler müssen auch unabhängige Berater sein
Diese Content-Pflege muss außerdem nachhaltig betrieben werden, weil sich ja auch die Angebotspalette ständig ändert. Um das aber nicht zur bloßen Fleißaufgabe zu machen, lohnt es sich, wenn Händler die Beziehung zu ihren Kunden auf den Prüfstand stellen: Sie dürfen nicht nur Verkäufer sein, sie müssen ebenso ein unabhängiger Berater werden. Die Kunden müssen von einem Besuch auf der Händlerwebsite immer etwas mitnehmen, selbst wenn sie nichts kaufen. Das heißt, sie müssen schlauer sein als vorher. Das erhöht auch das Vertrauen und die Kundenbindung. Und wenn der Verbraucher dann doch bereit ist für den Kauf, denkt er an den Shop, der ihm bei seinen Recherchen am besten abgeholt hat. Und sei es nur, weil er bei der Recherche im Netz ein Lesezeichen gesetzt hat.
Fazit
Wer seinen Shop Content optimieren will, sollte mit den kleinen Texten anfangen. Das ist auch kein Hexenwerk, hier muss also kein Werbetexter ran, hier geht es größtenteils um blanke Information. Wer keine gute Suchfunktion hat, sollte auch hier nachjustieren. Es ist im Grunde nie zu spät, das Shopping-Erlebnis in den jeweiligen Online-Kanälen auf Vordermann zu bringen. Doch je früher Händler das tun, desto besser. Einen enttäuschten Kunden wiederzugewinnen, ist viel schwerer, als einen neuen Kunden zu begeistern.