
Populismus ist eines der Unworte 2016. Daher dürfte dieser Artikel manchen Leuten gefallen, anderen eher nicht. Denn auch das Affiliate-Jahr hatten sich manche Branchen-Vertreter sicherlich anders vorgestellt.
So waren auch manche Branchen-Prognosen für die Affiliate-Branche zu Beginn des Jahres noch sehr positiv und auf ein zweistelliges Wachstum ausgelegt. Doch während des Jahres mussten dann manche Affiliate-Netzwerke ihre Prognosen anpassen und so lief die Entwicklung manchmal sicherlich nicht wie erhofft.
Natürlich gab es auch 2016 wieder einige Unternehmen und Advertiser, die im Affiliate-Marketing ein großes Wachstum zu verzeichnen hatten, vor allem diejenigen Unternehmen, die begriffen haben, wie sich die Affiliate-Branche in den letzten Jahren verändert hat und dementsprechend ihre Strategien rechtzeitig auf die Veränderungen angepasst haben. Doch leider gibt es auch nach wie vor viele Advertiser, die dem Kanal skeptisch gegenüberstehen, die keine Ressourcen für die Weiterentwicklung zur Verfügung stellen, die kein Geld in Know-how-Erweiterung investieren, die nicht täglich mit ihren Affiliates und dementsprechend ihren Online-Vertriebspartnern sprechen und die somit auch zu Recht zu den Verlierern gehören dürften.
Was ist also passiert im Jahr 2016?
Wenn wir alle mal ganz ehrlich sind: nicht wirklich viel. Auch wenn die Branche seit zwei Jahren weiß, dass sich grundlegend etwas ändern muss. Entweder haben die Unternehmen bereits resigniert oder sie haben einfach in den letzten Jahren ihre Werbestrategien zugunsten anderer Online-Marketing-Kanäle geändert.
Oder wie ist es zu erklären, dass bei den Arbeitskreis-Sitzungen der Unit Affiliate-Marketing im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) neben den Affiliate-Netzwerken nur noch eine Handvoll Agentur-Vertreter zusammenkommen, um gemeinsam Lösungen zu finden, wie man den Konzernen und Unternehmen, die Werbeinvestitionen in digitales Marketing tätigen wollen, den Kanal Affiliate-Marketing wieder als attraktiven Online-Vertriebskanal präsentiert?
Bereits jetzt fließen 80 Prozent der Werbegelder in Google und Facebook und das obwohl die Unternehmen Angst vor der großen Abhängigkeit haben. Also warum bieten die Agenturen und Affiliate-Netzwerke das Affiliate-Marketing nicht wieder gemeinsam als attraktive Alternative an? Oder glauben etwa die Agenturen selbst nicht mehr an den eigenen Erfolg?
Laut einer Umfrage unter den Mitgliedern des Fachkreises Online-Mediaagenturen (Foma) im BVDW, dessen Mitglieder nach Verbandsangaben 90 Prozent des digitalen Mediavolumens in Deutschland repräsentieren, sehen nur noch 19 Prozent der Befragten für 2016 eine relevante Bedeutung im Affiliate-Marketing, während es für 2021 sogar nur noch 13 Prozent sind.
Zwar belegt eine andere Studie von iBusiness aus 2016, dass 84 Prozent der Online-Händler den Affiliate-Kanal künftig gleich viel oder mehr nutzen wollen. Aber dennoch ist es natürlich wichtig auch in die Zukunft zu blicken und bei den Marketing-Entscheidern auch weiterhin Vertrauen für den Affiliate-Kanal zu gewinnen.
Vor allem weil ebenfalls laut einer Umfrage von iBusiness bisher erst 46 Prozent der Online Shops ein Partnerprogramm betreiben. Da stellt sich mir natürlich schon die Frage, warum nach wie vor 54 Prozent den performance-orientierten Vertriebskanal noch nicht nutzen.
Die Gewinner 2016
Natürlich gibt es sie noch, die erfolgreichen Advertiser. Also die Unternehmen, bei denen Affiliate-Marketing einen relevanten Anteil im Online-Marketing-Mix ausmacht. Nicht umsonst zeigen Umfragen der Affiliate-Netzwerke, dass ein Großteil der Advertiser weiterhin stark in den Affiliate-Marketing-Kanal investieren wollen.
Meistens sind das die Unternehmen, die intern bereits das Silo-Denken aufgebrochen haben und eine ganzheitliche Online-Marketing-Strategie haben, die es verstanden haben die komplette Klaviatur des Online-Marketings zu spielen, die viel testen und nicht unvoreingenommen und mit Arroganz Marketing-Kanäle bewerten, ohne entsprechende Erfahrungen gesammelt zu haben beziehungsweise sich auch externes Know-how zur Bewertung hinzunehmen.
Laut der Kundenumfrage des Affiliate-Netzwerkes affilinet sehen 90 Prozent der Advertiser das Customer-Journey-Tracking und die entsprechende Attribution als Zukunftsthema. Diejenigen, die es also verstanden haben, den ROI der einzelnen Online-Marketing-Kanäle neu zu bewerten und dementsprechend auch die Affiliates fair vergüten, zum Beispiel auf Basis von Sonderprovisionen oder Hybrid-Modellen, die schaffen es auch die erfolgreichen Affiliates weiter für sich zu gewinnen.
Der Anteil der Assists, also der Beitrag für die Werbeleistung an den Gesamt-Sales eines Unternehmens, ist vor allem bei Content-Publishern oder auch bei Influencern nicht ganz unerheblich. Wenn ich also diese Leistung durch das Messen der kompletten Kunden-Journey bewerte und dementsprechend auch alle Marketing-Kanäle besser verstehe und vergüte, dann erhalte ich darüber auch eine große Reichweite, mit der sich die Umsätze auch weiter ausbauen lassen.
Verlierer, Gefahren und Fazit
Nichtsdestotrotz nimmt der Anteil der Verlierer immer mehr zu. Wie kann es sein, dass bekannte Marken den Affiliate-Kanal als einen der teuersten oder unrentabelsten Marketing-Kanäle bewerten und das aufgrund des reinen Performance-Ansatzes? Vielleicht liegt es daran, dass diese Unternehmen einfach zu wenig inkrementelle Sales generieren, dass sie zu viele Mitnahmeeffekte haben oder Online-Betrügern ausgesetzt sind.
Doch vielleicht sollten sich diese Verlierer einmal fragen, warum das der Fall ist oder ob hier einfach eine gute Strategie beziehungsweise eine gute Beratung fehlt. Denn mit einer ganzheitlichen Betrachtung und entsprechenden Technologien (Customer-Journey-Tracking, Basket-Freeze, Cross-Device-Tracking...) lassen sich über die Affiliate-Partner teilweise die Neukundenquoten um bis zu 60 Prozent erhöhen.
Auch die Tatsache, dass 74 Prozent der Unternehmen eine User-Journey-Bewertung noch nicht durchführen (laut der AdRoll-Studie "The State of Marketing Attribution"), weil sie das Thema einfach nicht verstehen oder verstehen wollen, zeigt doch, dass oftmals eine gewisse Beratungsresistenz vorhanden ist, die dann zum Misserfolg führt.
Gefahren für die Branche
Natürlich gibt es aber auch abseits des individuellen Erfolgs beziehungsweise Nicht-Erfolgs einzelner Advertiser Gefahren für die Affiliate-Branche, denen man sich stellen muss. Dass der mobile Anteil an den Sales bei mittlerweile über 25 Prozent liegt, ist sicherlich eine normale Entwicklung im E-Commerce. Auch die Tatsache, dass manche Affiliate-Netzwerke darauf bereits reagiert haben und ein eigenes Cross-Device-Tracking zur Verfügung stellen, ist sicherlich ein guter Anfang. Doch bringen diese ersten Annäherungen an den mobilen Wandel nichts, wenn nicht auch die Advertiser in ihren eigenen Cookie-Weichen und in ihren eigenen Marketing-Strategien sowohl ein eigenes Cross-Device-Tracking implementieren als auch die Unternehmensstrategie mobil anpassen.
Und auch die generelle Entwicklung der Adblocker-Verbreitung von derzeit 19,11 Prozent sollte zu einem Umdenken führen, nämlich dass die Zeiten der einfachen Bannerwüsten sowie der plakativen Werbemittel-Verbreitung sich dem Ende zuneigen und die Unternehmen auch hinsichtlich der Werbeeffekte, der künftigen Werbemittel, aber auch der gezielten Auswahl von Affiliates professioneller und zukunftsorientiert agieren müssen.
Dazu kommen noch generelle Entwicklungen wie Google AMP (Accelerated Mobile Pages). Der Suchmaschinen-Gigant forciert AMP gerade mit voller Kraft und plant, das Thema auch in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Im Mai 2016 waren 640.000 Domains weltweit an Bord. Inzwischen hat Google bereits über 600 Millionen AMP-Dokumente indexiert, pro Woche kommen weitere vier Millionen dazu.
AMP sorgt allerdings auch dafür, dass sich manche Unternehmen Sorgen hinsichtlich der Werbeeinnahmen machen sollten und auch hier ein Umdenken bei der Erstellung und Verbreitung von Inhalten beziehungsweise auch der Bereitstellung von Werbemitteln stattfinden muss. Denn obwohl die Inhalte der Publisher-Webseiten theoretisch auf dem eigenen Webspace gehostet werden, liegt die Cache-Datei und damit der direkte Abrufpunkt des Artikels auf den Servern von Google. Das bedeutet natürlich auch, dass die Werbeanzeigen auf den mobiloptimierten Seiten von Google deutlich eingeschränkt sind.
Wie das Wall Street Journal vor Kurzem berichtete, scheinen Publisher mit den Erlösen der Werbung nicht zufrieden zu sein, da die Werbeeinnahmen um 50 Prozent rückläufig sind. Auch hier sollte man sich daher frühzeitig Gedanken machen, wie man mit der Situation umgeht, denn Werbeanzeigen über AMP sind auf feste Plätze in der Artikelansicht begrenzt. Pop-ups, Interstitials oder andere aggressive Werbemethoden sind dort strikt untersagt.
Fazit
Um auf den Eingangssatz zurückzukommen: Populisten sind oftmals Menschen, die unpopuläre Themen in den Raum werfen, die viele Menschen oder Unternehmen betreffen. Doch Lösungsansätze liefern die Populisten oftmals keine.
Für die Affiliate-Branche gibt es Lösungen, auch wenn diese nicht einfach und oftmals auch unbequem und mit viel Arbeit und Ressourcen verbunden sind. Eigentlich sollte jeder Marketing-Verantwortliche ein Interesse daran haben, das Werbebudget möglichst erfolgreich und breit zu investieren, ohne dass dadurch eine Abhängigkeit entsteht.
Und auch die verantwortlichen Branchenvertreter der führenden Affiliate-Agenturen, die Affiliate-Netzwerke oder -Technologien sollten hinterfragen, ob sie selbst genug für die Aufklärung der Advertiser tun und somit ihrem Beratungsauftrag nachkommen oder ob sie sich noch auf den Erfolgen der letzten Jahre ausruhen, denn das könnte langfristig gesehen eine große Gefahr für das Geschäftsmodell darstellen. Und um beim Populismus zu bleiben: "Let make us Affiliate great again."