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Volker Helm
Sonstiges 12.07.2017
Sonstiges 12.07.2017

Expert Insights Programmatic Advertising ist langweilig

Volker Helm, Managing Director DACH & Nordics Quantcast

Volker Helm, Managing Director DACH & Nordics Quantcast

Programmatic Advertising schafft, was Werber sich wünschen: Aufmerksamkeit und Relevanz. Aber die Werbemittel für programmatische Kampagnen sind oft noch zu uninspiriert. Die kreative Idee hinter den digitalen Anzeigen fehlt.

Programmatic Advertising ist keine Modeerscheinung. Die automatisierte Auslieferung von digitaler Werbung zählt längst zum Standard-Repertoire der Werbestrategen. Denn das Potenzial ist klar ersichtlich: Eine individuelle Nutzeransprache in Echtzeit - angepasst an die unterschiedlichen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses, basierend auf validen Daten und Insights zur Zielgruppe.

Damit schafft Programmatic Advertising was Werber sich wünschen: Aufmerksamkeit und Relevanz. Aber im Einmaleins der Werbung geht es nicht nur darum, den richtigen Kunden mit der richtigen Botschaft und dem richtigen Produkt zur richtigen Zeit zu erreichen - Werbung muss nachhaltig beeindrucken. Ein marktschreierischeres Banner mit Minimaldesign beeindruckt wenig. In Erinnerung bleiben uns Kampagnen, die uns mit ihrer Kreation überraschen. Und genau hier kommt es zum Bruch: Denn Werbemittel für programmatische Kampagnen sind oft noch zu uninspiriert. Die kreative Idee hinter den digitalen Anzeigen fehlt. Das ist im Übrigen kein exklusives Problem von Programmatic, sondern von Online-Werbung allgemein.

Dass es besser geht, haben wir gerade erst in Cannes wieder gesehen. Hier proklamiert die Weltspitze der Kreativen seit Jahren, dass die Fusion von Daten und Kreativität ein zukunftsträchtiges Konzept ist und prämiert mit den "Creative Data Lions" Kampagnen, die sich Daten zur Entwicklung kreativer Ideen zunutze machen. Damit zollen sie Kampagnen Tribut, die nicht nur beim Kunden ankommen, sondern hängen bleiben.

Fade Werbeflut nervt den Kunden

Trotz alledem ist Online-Werbung im Moment vor allem eines: Langweilig. Da verwundert es wenig, dass Verbraucher in Deutschland gegenüber digitaler Werbung kritisch eingestellt sind. Vor allem, weil sie diese oft als zu penetrant empfinden oder als nicht relevant. So gab beispielsweise lediglich ein Drittel der Befragten (34 Prozent) in einer Studie an, den Eindruck zu haben, dass die gesehene Werbung speziell auf sie zugeschnitten ist. Das bedeutet im Umkehrschluss: Zwei Drittel vermissen eine individuelle Ansprache.

Dadurch sinkt auch die Bereitschaft der Nutzer zu einer Reaktion - auch das hat die Umfrage ergeben.
Spätestens hier sollten wir als Branche also hellhörig werden: Nutzer empfinden die Online-Werbung, die sie sehen als nicht relevant und ansprechend - und das trotz all der ausgefeilten Technologien und Unmengen an Daten, die uns heute zur Verfügung stehen.

Abhilfe würde die engere Zusammenarbeit von Kreativagenturen, Mediaplanern und Tech-Partnern schaffen, die bisher vielfach fehlt. Fällt das Stichwort Programmatic Advertising, liegt der Fokus schnell ausschließlich auf Performance und Optimierung, die Rolle und der Einfluss der kreativen Gestaltung wird gerne außer Acht gelassen.

Ein Grund dafür ist, dass die Gestaltung von digitalen Werbebannern deutlich kostengünstiger ist, als beispielsweise die Produktion eines TV-Spot. Daher wird für Online gerne das Design der traditionellen Kampagne genutzt und einfach "verlängert". Doch Online-Werbung kann und sollte inspirierend sein. Denn der digitale Kanal ermöglicht uns ein direktes und messbares Feedback: Werbeformate und ihre Gestaltung können direkt gegeneinander getestet werden, ganz ohne aufwändige Labortests oder Fokusgruppen. Und wir können die Daten vorangegangener Kampagnen als Informationsquelle für zukünftige Marketingansätze nutzen - weit über digitale Werbemedien hinaus. Sie können sogar ein Denkanstoß für die Produktentwicklung oder das Content-Team der Website sein.

Technologie und Kreation müssen zusammenfinden

Es liegt an uns die Zukunft der digitalen Werbung zu gestalten und zu verbessern. Werbetreibende und Agenturen dürfen in Programmatic nicht ausschließlich einen Performance-Treiber sehen, sondern sollten erkennen, wie Programmatic mit seinen Daten das kreative Storytelling unterstützen kann - wenn Daten nicht nur retrospektiv als Ergebnisbeleg genutzt werden.

Kreative sollten sich mit der zugegebenermaßen manchmal sperrigen Welt des Programmatic Advertising intensiver auseinandersetzen, um das Potenzial von Machine Learning und Daten zu erkennen. Und die Technologieanbieter zu guter Letzt müssen für ein besseres Verständnis der Grenzen und Möglichkeiten von Programmatic sorgen, einheitliche Marktstandards definieren und Werbetreibende bei ihrem Weg in die programmatische Werbung besser begleiten.

Lassen Sie es uns gemeinsam angehen - damit langweilige und irrelevante Online-Werbung bald der Vergangenheit angehört.

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