
Wie behalte ich den Überblick im Digitalmarketing? Wie finde ich den richtigen Anbieter? Das sind keine profanen Fragen mehr. Umso wichtiger ist es, bei der Auswahl eines neuen Technologieanbieters pragmatisch vorzugehen.
Der Markt für digitales Marketing hat sich in den letzten fünf Jahren so stark entwickelt wie kaum ein anderer - eine Vielzahl von Technologie-Anbietern hat den Markt überschwemmt und macht ihn für werbetreibende Unternehmen so undurchsichtig wie selten zuvor.
Schaut man auf die aktuelle LUMAscape im Bereich Marketing Technology, kommt man hochgerechnet (das Zählen der Logos ist längst unmöglich) auf um die 800 internationalen Anbieter im Ökosystem. Und in dieser LUMAscape finden wir noch nicht einmal die DSPs, DMPs oder Adserver - dafür müssen wir auf eine der 16 anderen Übersichten schauen, die Luma Partners inzwischen zur Visualisierung der Akteure in der digitalen Werbebranche herausgibt. Ganz zu schweigen von nationalen Anbietern, die in diesem Who-is-Who der globalen Tech-Maschinerie gar keine Berücksichtigung finden. Selbst für Experten wird es zunehmend schwieriger den Überblick zu behalten.

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Angst, eine finale Entscheidung zu treffen
Auf der anderen Seite wächst für MarTech- und AdTech-Anbieter der Wettbewerbs- und später auch der Margendruck ins Unermessliche. Die Quasi-Monopolisten Google und Facebook bieten ihre eigenen professionalisierten und fortgeschrittenen Technologien an und machen sie dem Markt frei- oder kostengünstig zugänglich. Zusätzlich investierten aber auch Softwaregrößen, wie Adobe, SAP oder Oracle kräftig in den Markt und bieten mit ihren cloudbasierten Marketingsuites umfassende Lösungen. Das dürfte spätestens in den nächsten zwei bis fünf Jahren zu einer starken Konsolidierung des Marktes führen. Diese Aussicht macht es für Unternehmen nicht gerade einfacher, sich zurechtzufinden und vertrauensvoll in zukünftige Anbieter investieren zu können.
Außerdem eignen sich längst nicht für jeden Unternehmenstyp alle Systeme und Technologien, die auf dem Markt zur Verfügung stehen. Oft besteht die Gefahr, dass Unternehmen frei nach dem Motto "viel hilft viel" in die umfangreichsten und größten Systeme investieren und am Ende mit Investitionsruinen und ohne erheblichen Erkenntnisgewinn dastehen. Genau aus diesem Grund - vor der Angst eine finale Entscheidung zu treffen - investieren andere erst gar nicht. Und das ist ein Problem.
4 Schritte für die Auswahl eines neuen Technologieanbieters
All diese Umstände erschweren es werbetreibenden Unternehmen, die richtige Entscheidung für einen nachhaltigen Anbieter zu treffen. Ein strukturierter Auswahlprozess ist daher heute mehr denn je absolut erfolgsentscheidend.
Die folgenden vier Schritte garantieren Ihnen eine pragmatische Vorgehensweise bei der Auswahl eines neuen Technologieanbieters - ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren.
Schritt 1: Definition der Ziele und Anforderungen
Zuerst definieren Sie die Ziele und Anforderungen an das zukünftige Tool genau. Hierzu müssen bereits zum Start konkrete Use Cases definiert und um Potenzialeinschätzungen ergänzt werden. Dabei hilft ein detaillierter Fragenkatalog. Hierbei gilt es nicht nur die allgemeinen Features abzufragen, da diese in der Regel relativ redundant sind. Stellen Sie Ihre Use Cases dar und lassen Sie sich hierzu das konkrete Vorgehen und die systemischen Möglichkeiten darstellen.
Wichtige Fragen, die Sie sich unbedingt stellen müssen: Welche Erwartungen habe ich an das System? Welche Probleme sollen gelöst werden? Welche Schnittstellen müssen im Vorfeld vorhanden sein? Im Anschluss entwickeln Sie ein Punkteschema, mit dem Sie die Antworten aus dem Fragenkatalog gewichten. Beziehen Sie von Beginn an alle Stakeholder aus Ihrem Unternehmen mit ein, sodass alle relevanten Themen im Fokus sind und bleiben. Die genaue Vorgehensweise bei der Analyse ist das A und O, denn je detaillierter die Anforderungen an das neue System definiert und gewichtet werden, desto erfolgreicher und einfacher ist der Soll-Ist-Vergleich bei der Anbieterevaluierung.
Schritt 2: Recherche möglicher Anbieter
Im zweiten Schritt recherchieren Sie potenzielle Anbieter. Wie eingangs beschrieben ist der Markt stark fragmentiert und unübersichtlich. Daher empfehle ich: recherchieren Sie umfangreich! Öffentliche Quellen und Internetrecherche, insbesondere über Unternehmensseiten und Blogs geben einen weitreichenden ersten Überblick.
Zudem ist es immer ratsam die Hilfe interner und externer Netzwerke zu nutzen, um eine adäquate Vorauswahl für die Anbieterevaluierung sicherzustellen. Sprechen Sie zusätzlich Referenzpartner an und bitten um Feedback, ob die Versprechen der Technologien in der Umsetzung auch wirklich eingehalten werden.
Schritt 3: Evaluierung
Die Evaluierung beginnt damit, dass Sie aus der der Liste möglicher Anbieter diese herausfiltern, die auf die gesteckten Ziele am effektivsten einzahlen und den anfänglichen Anforderungskriterien am ehesten entsprechen. Hierzu erstellen Sie ein Bewertungssystem, das den eigenen Nutzwert des Anbieters verdeutlicht. Um die Anforderungskriterien effektiv zu bewerten, beantworten die ausgewählten Anbieter die aufgestellten Anforderungslisten. Je nach Gewichtung fließen diese Antworten in das Bewertungssystem mit ein. Je höher der Nutzwert, desto eher erfüllt der Anbieter auch wirklich die geforderten Kriterien.
Ergänzend zu der analytischen Evaluierung, sollten Sie sich das System Live vorführen lassen - bestenfalls sogar schon auf Sie zugeschnitten. Stellen Sie detaillierte Verständnis- und Rückfragen um Missverständnisse zu vermeiden und eine realistische Sicht auf die Vertriebsbotschaften zu erhalten. Ein persönliches Gespräch hilft außerdem dabei, dass Sie sich einen genauen Eindruck von dem System machen können und Sie über den eigentlichen Nutzwert im Klaren sind.
Schritt 4: Entscheidung
Nachdem Sie alle möglichen Anbieter bewertet haben, erstellen Sie eine Shortlist mit den Anbietern mit dem höchsten Nutzwert und den Total Cost of Ownership. Eine Darstellung über die Best- und Worst-Case Szenarien für Timings, Kosten oder Potenziale hilft dabei ungemein. Diese Anbieter dürfen ihre Technologie noch einmal in einem Workshop präsentieren und Sie haben nun die Möglichkeit detaillierte Fragen zu stellen.
Ganz wichtig: Seien Sie nicht schüchtern und lassen Sie keine Frage unbeantwortet - das ist die Basis für eine ordentliche Entscheidung.
Steht die zukünftige Technologie fest, geht es nun darum, die Technologie in die bestehenden Lösungen zu implementieren und ausreichend zu testen. Je nach System kann sich dieser Vorgang in Dauer und Umfang deutlich unterscheiden. Ressourcen und Verantwortlichkeiten sollten daher im Vorfeld geregelt sein.
Am Ende steht fest: Der Einsatz von externen Technologien ist essenziell, um im digitalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Dennoch kann eine Technologie allein nie ein Problemlöser sein. Ein effizientes Technologie-Setup ist auch immer von Ihrer Wettbewerbssituation und von dem digitalen Reifegrad der Organisation abhängig. Damit der Einsatz aber auch wirklich nachhaltig und zukunftsweisend ist, ist im Vorfeld die Analyse der eigenen Ziele und Anforderungen von relevanter Bedeutung, ebenso wie die Implementierung in das Unternehmen - dedizierte Ressourcen müssen hierfür bereitstehen.