
"Guten Morgen Siri, Alexa, Cortana und Viv": Sprachnachrichten und Sprachassistenten sind in zahlreichen Funktionen auf dem Vormarsch. Sie haben großes Potenzial für Nutzer, Anbieter und Vermarkter.
Sprechen ist das natürlichste der Welt. Das sieht die Jugend anscheinend genauso, denn endloses Nachrichten tippen war gestern. Sie hat die Kommunikation durch Sprachnachrichten beispielsweise via WhatsApp bereits schon voll in den Alltag integriert und versendet zunehmend mehr Voice-Messages. Die Umfrage der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) unter Schweizer Jugendlichen zur Nutzung von Handyfunktionen belegt, dass im Jahr 2016 rund 72 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler täglich beziehungsweise mehrmals die Woche die Sprachnachrichten nutzen. Und Sprachassistenten sind auch in anderen Funktionen auf dem Vormarsch.
Denn die Frage ist doch: Gibt es etwas Komfortableres, als seinen Wunsch verbal zu äußern und das Device liefert die entsprechenden Antworten und Lösungen? Keine zu kleine Tastatur für zu große Hände, die Hände frei für andere, wichtigere Dinge und die Texteingabe über Sprache ist schneller als über die Tastatur. Man diktiert einfach alles via Sprache in sein mobiles Endgerät. Das ist Fortschritt, der Mehrwert und Erleichterung schafft - und wir befinden uns gerade auf einem entscheidenden Weg dorthin. Sprachassistenten als Alltaghelfer sind keine visionäre Zukunftsmusik, denn sie kommen bereits heute zum Einsatz, wenn auch noch nicht in Gänze ausgereift. Großes Potenzial haben sprachbasierte Tools auf jeden Fall - für Nutzer, Anbieter und Vermarkter.
Kein "One-Night-Stand" - Guten Morgen Siri, Alexa, Cortana und Viv
Wie mit den meisten Neuerungen gibt es gerade in der Anfangsphase einer neuen Technologie skeptische Blicke, Berührungsängste oder die beliebte Frage nach dem Sinn und Nutzen der vermeintlich zukunftsweisenden Errungenschaft. Tatsächlich geben laut Bitkom Research 63 Prozent der Befragten auf die Frage, zu welchem Zweck sie digitale Sprachassistenten nutzen würden, an, Geräte im Haushalt mit Hilfe eines Sprachassistenten steuern zu wollen. Connected Home und somit die eigenen vier Wände sind derzeit noch das Umfeld, in dem sprachbasierte Dienste die meiste Anwendung finden - was auch das Ergebnis einer Hubspot Studie belegt. 84 Prozent der Studienteilnehmer nutzen die Dienste am liebsten zu Hause.
Am Beispiel des Lautsprechers Echo von Amazon mit dem integrierten Sprachassistenten Alexa zeigt sich schon jetzt, wie hilfreich und praktikabel diese Dienste sind. Per Sprachbefehl werden Fragen beantwortet, Rezepte gesucht und vorgelesen. Aktuelle Verkehrs- und Wetterinformationen können abgerufen und zum Beispiel die aktuelle Hit Radio FFH-Nachrichtensendung mit den Worten "Alexa, gib mir die tägliche Zusammenfassung" gehört werden.
Aber auch angeschlossene Lampen und Thermostate werden via Alexa gesteuert. Das Nutzungsszenario wird immer größer und auch die Sprachsteuerung wird immer weiter justiert - Stichwort Spracherkennung, Dialekte und Wortschatz. Mit fortschreitender Entwicklung der Technologie, ergibt sich eine völlig neue Schnittstelle zwischen Mensch und Internet.
Und wirft man einen Blick voraus, so fallen die Einschätzungen der Befragten hierzu laut Statista positiv aus: Gefragt wurde nach aktuell und zukünftig vorstellbaren Anwendungsfällen von digitalen Sprachassistenten in Deutschland 2016. Bei der breiten Nennung von potenziellen Anwendungsgebieten wurden prozentual fast gleich verteilt unter anderem "Kontakte anrufen" (56 Prozent), "Navigationssoftware bedienen" (51 Prozent), "Informationen suchen" (50 Prozent) und "Nachrichten verfassen" (49 Prozent) genannt. Also vor allem alltägliche Dinge, die bisher nur über die Tastatur erledigt werden. Je mehr Nutzer und Anwendungsgebiete es gibt und je offener der Umgang mit dem Thema sprachbasierte Dienste wird, desto mehr werden sie auch in unseren mobilen Alltag integriert werden. Einen Artikel in der U-Bahn nicht selber zu lesen, sondern ihn anzuhören, ein Taxi via Sprachbefehl zu ordern anstatt lange zu tippen - das sind die entscheidenden Vorteile, mit denen sich die Technik auch außerhalb der eigenen vier Wände etablieren wird.
The future is spoken
Die bisher aufgezeigte Nutzerperspektive offeriert die vielen Anwendungsbereiche, die das Thema zugleich auch für Vermarkter so interessant machen: Voice Interfaces, der Einsatz von Stimme, macht die Kommunikation für Verbraucher weniger technisch, sondern im Gegenteil menschlicher. Sprechen ist die natürliche Form der Kommunikation. Durch die Spracherkennung sollen die perfekten Assistenten im Frage-Antwort-Spiel des Alltags integriert werden. In diesem Zusammenhang und mit Blick auf das Marketing muss das zweite wichtige Thema angeführt werden, das aktuell in aller Munde ist: Chatbots, also die technische Simulation eines menschlichen Interaktionspartners. Sprachbasiert bieten sie vor allem im E-Commerce und Kundenservice perspektivisch sehr großes Potenzial. Im direkten Kontakt zum Verbraucher können Einkäufe abgewickelt oder gezielt Kaufempfehlungen gegeben werden - und das rund um die Uhr und an jedem Ort, in völliger Anpassung an die Situation des Kunden.
Aber auch in anderen Nutzungssituationen wird diese Form der Interaktion für Werbungtreibende interessant: Sucht eine Person via Sprachbefehl Informationen und lassen sich diese Zuhause oder mobil akustisch zuspielen, entstehen neue, spannende Umfelder für Audiowerbung. Dienste, egal welcher Art, ob vorgelesene Rezepte, Artikel, oder Radiosendungen werden durch personalisierte Audiospots angereichert. Auch die Suche über Sprachsteuerung wird für das Marketing interessant: So können Nutzer, die bestimmte Produkte oder Dienstleistungen über Sprachbefehle suchen, auch Inhalte von Werbungtreibenden eingespielt bekommen. Google hat mit seiner Web-Suche in den letzten 20 Jahren gezeigt, dass hier ein globaler Milliarden-Werbemarkt entstehen kann.
Die verstärkte Nutzung auditiver Inhalte über Sprachassistenten bietet Marken auch neue Möglichkeiten im Content Marketing. Neben der Verbreitung über Texte und Videos können sie ihre Inhalte auch sprachbasiert distribuieren: Lebensmittelhersteller bieten Rezepte an, Reiseanbieter stellen die schönsten Ziele der Welt vor oder eine Kinokette die besten Filme - kurz: es entstehen völlig neue Wege der Kommunikation mit Kunden.
An der reellen menschlichen Kommunikation durch Chatbots wird noch weiter gefeilt werden müssen, aber klar ist: Durch Sprachassistenten wird eine Tür der direkten Kommunikation zwischen Verbraucher und Anbieter geöffnet, die so bisher noch nicht dagewesen ist.
Zum Abschluss: In der beliebten amerikanischen Serie "The Big Bang Theory" geht der ansonsten Frauen gegenüber schüchterne Raj Koothrappali eine vermeintliche Liaison mit Siri ein. Die Sprachassistentin als perfekte Freundin ist eine Vorstellung, die tatsächlich zu weit gehen mag, aber alles andere ist nicht nur denkbar, sondern tatsächlich in naher Zukunft möglich.