Philipp Thurmann, Gründer und Geschäftsführer Strategie der Social-Media-Agentur Buddybrand
Philipp Thurmann, Gründer und Geschäftsführer Strategie der Social-Media-Agentur Buddybrand
Die Nutzung von Dark-Social-Kanälen hat die der klassischen Social-Media-Kanäle überholt. Damit geht der Trend immer weiter in Richtung Social Messaging und Gruppen und damit zurück zu den Anfängen. Eine Entwicklung, die ein ungeheures Potenzial für Unternehmen bereithält.
Nein, bei Dark Social geht es in der Regel nicht um digitalen Drogenhandel oder Netflix. Als Dark Social wird allgemein das Teilen von Inhalten über private Channel wie Gruppen oder Messaging Apps verstanden. Hierzu zählen unter anderem Facebooks Messenger, WeChat und natürlich die Mutter aller Messaging Plattformen, WhatsApp.
Allein der Facebook Messenger verfügt weltweit pro Monat über 1,3 Billionen aktive Nutzer und dem aktuellen comScore Trendbericht zufolge ist die allgemeine Nutzung von Mobile Messaging bereits um stolze 35 Prozent gestiegen. Selbst im digitalen Neuland nutzen 55 Prozent der Deutschen WhatsApp täglich.
Licht ins Dunkel
"Dark" sind diese Kanäle vor allem, weil sich Gespräche und geteilte Inhalte nicht so einfach finden lassen wie öffentlicher Content auf Instagram, Facebook oder auf YouTube. Egal ob Link, Leseempfehlung oder Nacktbild: Der Großteil digitaler Konversationen findet im geschützten Umfeld statt; fernab von neugierigen Marken, Müttern oder Kollegen. Genau das macht den Nutzen von Messengern letztendlich aus. Es geht um den persönlichen Austausch, weniger um Selbstdarstellung für Likes und Shares.
"Dark" sind Dark-Social-Kanäle allerdings auch, weil die meisten Marken immer noch im Dunkeln tappen, wie sie dieses Potenzial für sich erschließen. Dialog ist für die meisten Brandmanager kein Leckerbissen. Zu oft wurden Facebook-Kampagnen von nörgelnden Kunden sabotiert oder freie Wochenenden durch Shitstorms weggefegt. Moderation ist eher Kostenfaktor als Profitcenter. Wozu also jetzt mehr Dialog? Und dann noch im Dunkeln? Die SMS ist doch schon lange tot. Innovationsführer wie Adidas mit der Tango Squad Kampagne oder service-intensive Unternehmen wie KLM erkennen bereits den Wert von persönlichem Dialog und Social Customer Care. Wo liegt also das Versprechen?
Dark is Meaningful
In der jüngsten Vergangenheit machte Facebook immer wieder mit einem drastischen Rückgang der "kostenlosen" organischen Reichweite für Brandpages Schlagzeilen. Der offizielle Grund: Inhalte von Familie und Freunden sollen wieder mehr Gewicht im Newsfeed bekommen. Der Erfolg des größten Players wird zum Fluch, da immer mehr Werbebotschaften und "17-Dinge-die-du-niemals-für-möglich-gehalten-hättest" in den persönlichen Newsfeed drängen. Facebook, das ursprünglich als digitales Lagerfeuer für Freunde angetreten ist, droht etwas von seinem USP zu verlieren. Die Lösung präsentiert Facebook selbst: Wer seine Nutzer zukünftig noch organisch erreichen will, muss "meaningful" sein und echte Dialoge anregen.
Neben Plattform-Features wie Stories, Live Video oder Filtern ist für Nutzer vor allem der direkte Austausch mit Freunden und Gleichgesinnten ziemlich "meaningful".
Wer von Dark Social profitieren kann
Für Marken bietet der Zugang zu Messengern und Chatgroups das Versprechen von 100 Prozent organischer Reichweite und sensationelle Öffnungsraten um die 90 Prozent (etwa über WhatsApp). Ein offener Chat kann kostenlos wieder reaktiviert werden, Nachrichten in Gruppen kennen keinen Edgerank. Nicht schlecht in einer Social Media Welt, die von Pay to Play dominiert wird.
Angeblich laufen 3/4 sozialer Empfehlungen bereits über Dark-Social-Kanäle und haben mit einer neunmal größeren Überzeugungskraft eine viel höhere Chance zum Kauf anzuregen als klassische Werbeformate. Besonders in Branchen, wo Empfehlungen ohnehin an der Tagesordnung liegen, wie beispielsweise im Modebusiness, Tourismus oder in der Gastronomie, kann Dark Social und die Einbindung von Messaging Apps zum klaren Vorteil werden.
Wie zu den Anfängen von Social Media stellt sich für die meisten Unternehmen die Frage, wie sie das Chatten mit Nutzern für sich nutzen können. Hier sind Kreativität und Empathie gefragt. Messenger Ads können nicht das Ende der Fahnenstange des Messenger Marketings darstellen. Push-Kommunikation ist das Gegenteil von meaningful. WhatsApp for Business, intelligente Service-Bots und moderierte Themengruppen (mit meinen Lieblingsinfluencern?) haben nicht nur das Potenzial zu beraten und zu verkaufen. Sie lösen auch einen Teil des Versprechens ein, mit dem Social Media ursprünglich angetreten ist: Dialog auf Augenhöhe mit dem Nutzer.