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Sonstiges 29.11.2016
Sonstiges 29.11.2016

Expert Insights Addressable TV: Wir brauchen Deregulierung und eine einheitliche Definition

Es gibt kaum ein Thema, das auf Events und im Markt 2016 öfter diskutiert wurde als Addressable TV. Dabei reden zwar alle mit, das Verständnis darüber, ab wann wir von echtem, adressierbarem TV sprechen können, ist jedoch recht unterschiedlich.

Wo stehen wir beim Thema adressierbare TV-Werbung in Deutschland Ende des Jahres 2016 konkret? Im linearen TV immer noch ganz am Anfang, denn hier läuft in allen Haushalten im selben Programm immer noch dieselbe Werbung. Daneben gibt es mittlerweile natürlich eine ganze Menge erster Ansätze für Addressable TV - via Smart-TV beziehungsweise HbbTV, via IP-Box, Set-Top-Box oder auch über die OTT-Plattform.

Doch wenn ich mir die Kampagnen anschaue, die bereits umgesetzt wurden, dann erinnert mich das zum Teil mehr an eine interaktive Verlängerung der Werbeformen ins Netz als an adressierbare Werbung im eigentlichen Sinn.

Alte Häuser, neue Player

Die beiden großen Sendergruppen haben das Thema jedenfalls erkannt und sich über Beteiligungen gleich die nötige Ad-Technologie eingekauft, wie in diesem Jahr RTL mit Smartclip oder die ProSiebenSat.1-Gruppe 2015 mit Virtual Minds. Beide Häuser setzen vor allem auf den Technologie-Standard HbbTV. Ganz aktuell bietet SevenOne Media unter Einbeziehung der Daten des konzerneigenen Portals wetter.com seit kurzem unter anderem eine Aussteuerung nach Wetterlage am Wohnort des Zuschauers an.

Aber es kommen auch neue Player auf den Markt, wie beispielsweise Exaring mit Waipu.tv. Die App bringt lineares TV oder auch Online-Angebote via Streaming-Adapter auf den großen Bildschirm und verspricht der Werbewirtschaft volladressierbares Werbefernsehen inklusive auf Zielgruppen zugeschnittene Werbespots. Dabei verfügt Exaring über ein komplett geschlossenes System, die Signale laufen über ein eigenes Glasfasernetz.

Das Prinzip klingt in meinen Augen spannend, aber hier wird es in erster Linie einmal darum gehen, Reichweite für das Produkt Waipu.tv zu schaffen, bevor wir über eine für den Werbemarkt relevante Größe sprechen können.

Nur Schritte in Richtung adressierbares Fernsehen

All dies sind erste Schritte in Richtung adressierbares Fernsehen, aber Addressable TV im eigentlichen Sinn, also die individuelle Ausstrahlung von Werbung an einzelne Haushalte - die Familie sieht einen Spot für einen Van, der Single für einen Sportwagen - geht eben noch einen entscheidenden Schritt weiter.

Möglich wird dies durch einen rückkanalfähigen Receiver, der den jeweiligen Zielgruppen die passende Werbung zuweist. Für die Werbungtreibenden ist dies natürlich die Idealvorstellung: alle Vorzüge des Fernsehens kombiniert mit einer direkten, individualisierten Zielgruppenansprache. Das minimiert die Streuverluste enorm.

In Großbritannien ist genau diese Form von adressierbarer Werbung bereits im Einsatz. In Deutschland sind wir leider noch nicht so weit, was in erster Linie an den gesetzlichen Rahmenbedingungen und technischen Hürden liegt.

Sie sehen - der Markt ist in Bewegung, alle Anbieter arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für Addressable TV. Völlig verständlich, denn mit adressierbaren Spots lassen sich Zielgruppen so effizient ansprechen wie noch nie und damit erfüllt sich letztendlich auch ein lang gehegter Traum der Werbungtreibenden. Wir müssen nur schauen, dass wir vor lauter Euphorie bei diesem Thema nicht Äpfel mit Birnen verwechseln und von adressierbarer Werbung sprechen, wenn dies eigentlich gar nicht wirklich der Fall ist.

Außerdem hoffe ich inständig, dass der Gesetzgeber endlich auch die Chancen sieht, die sich aus Addressable TV für den Zuschauer beziehungsweise Konsumenten ergeben und vor allem uns deutschen Anbietern beim Thema Datenschutz nicht noch weitere Steine in den Weg legt.

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