
Marcus Tober, CTO von Searchmetrics
Marcus Tober, CTO von Searchmetrics
Wer mit seiner Webseite Erfolg haben will, muss mit Inhalten überzeugen. Es gibt drei Strategien, mit denen sich das Content-Potenzial auf der eigenen Site optimal nutzen lässt.
Egal, ob große Brand oder kleine Nischen-Webseite: Wer heute Online-Erfolg haben möchte, muss vor allem überzeugenden Content liefern, der bei Nutzern und Suchmaschine gut ankommt. Dazu liegt der Fokus meist zu sehr auf neuen Inhalten, bereits auf der Website existierendem Content wird oft zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei gibt es drei Strategien, mit denen sich das Content-Potenzial auf der eigenen Website optimal nutzen lässt, wenn bestehende Inhalte für mehr Online-Erfolg richtig (neu-)konzipiert werden.
Strategie 1: Spezialisierung
Wie erfolgreich es sein kann, die eigene Website mit einem klaren Themenfokus zu versehen, zeigt unser erstes Beispiel. Schauen wir uns einen der größten US-sprachigen Websites an - das frühere about.com, ein Generalist mit Landingpages zu praktisch jedem Ratgeber-Thema. Wenn wir bei Google nach der Anzahl der indexierten URLs der Ratgeber-Domain schauen, liegt diese Zahl bei noch immer rund 300.000 Seiten. Vielfach bestehen die Landingpages aus Content mit wenigen hundert Wörtern, vielfach existieren für eine Suchphrase mehrere Landingpages.
Vergleichen wir nun die Suchmaschinen-Performance in der Nische für "Recipe", also Kochrezepte, vom Generalist-Giganten about.com mit der Website thekitchn.com, die sich eben auf dieses Kernthema fokussiert hat, anhand der historischen Entwicklung der SEO Visibility über die letzten zwei Jahre:

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Die Gegenüberstellung zeigt, dass about.com mehr als dreimal so viele Landingpages mit dem Term "Recipe" im Title hat als die auf Rezepte spezialisierte Website thekitchn.com, die Rezepte übersichtlich, mit Bildstrecken, Videos und nummerierten Listen darstellt. Gleichzeitig zeigt die Gegenüberstellung, dass der Generalist about.com 97 Prozent an SEO Visibility einbüßte, während thekitchn.com zwischen 2015 und 2017 34 Prozent an SEO Visibility zulegen konnte - und schließlich die komplette Seite about.com inklusive aller Inhalte mit dem Fokus auf nur einen Themenkomplex überholte.

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Schiere Masse allein ist also kein Erfolgsrezept. Stattdessen kann der Fokus auf ein Kernthema, auf eine Nische, erfolgreicher sein als ein genereller, aber oberflächlichere Website-Ansatz. Die Spezialisierung des Contents auf ein Kernthema bietet viel tiefere Problem-Lösungsmöglichkeiten und schafft Vertrauen bei Nutzern und Suchmaschine. Hier darf man auch den Markenfaktor nicht vergessen: Wenn ein Unternehmen mit seiner Marke/ seiner Website für ein bestimmtes Thema steht, ist es für Nutzer deutlich einfacher, sich mit der Marke hinsichtlich dieses Themas zu verbinden bzw. zu identifizieren.
Diese Tatsache hat zu einer interessanten Entwicklung und einem Strategiewechsel geführt:

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Inzwischen hat auch about.com die Notbremse gezogen - und einen Relaunch mit der Hauptdomain "dotdash" und einem Fokus auf mehrere unterschiedliche Tipps- und Lebensberatungs-Websites (inklusive neuer Sub-Brands) gestartet - und ist schon jetzt in Summe sichtbarer als die alte Domain zuletzt vor über drei Jahren. Der Strategiewechsel zeigt also schon jetzt deutlich sichtbare Erfolge!
Strategie 2: Content-Löschung
Wenn ein Web-Projekt eine Zeitlang läuft, steigt die Anzahl der URLs durch neuen Content kontinuierlich. Doch viele der älteren URLs erhalten nach einer gewissen Zeit keinen Traffic mehr, vielleicht weil das Thema nicht mehr relevant ist, kein Suchvolumen mehr hat oder schlicht eine neu erstellte Seite relevanter ist - und es damit sogar zu interner Konkurrenz kommt. Nicht zuletzt gibt es im Prinzip auf jeder Domain "Low Performer", also Seiten mit unterdurchschnittlichem Traffic und Interaktionswerten, die durch schlechte Nutzersignale potenziell die Performance der gesamten Domains herunterziehen. Dann bietet sich ein software- und damit datengetriebener Content Audit und eine "Reinigung" der eigenen Website an, um diese URLs zu finden und zu löschen - oder auf andere Seiten umzuleiten. Eine solche "Entschlackungskur" kann zu einem deutlichen Plus an Besuchern führen, wie etwa das Beispiel pflege.de zeigt.

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Die Beratungs-Website zu Pflegethemen löschte im Herbst 2016 rund 95 Prozent der Seiten. Danach verblieben noch 280 URLs im Google-Index. Die Löschung vermied einerseits eine weitere, potentielle, gegenseitige Kannibalisierung, die bei sehr ähnlichen Inhalten auf unterschiedlichen Seiten droht, und hatte andererseits den Effekt, dass die restlichen Seiten priorisiert werden konnten. Diese verbliebenen Seiten wurden daraufhin fokussiert überarbeitet, Content konsolidiert, die Inhalte ausgebaut und verbessert.
Das hatte direkt nach dieser Maßnahme einen deutlichen Aufschwung der SEO Visibility zur Folge, der nachhaltig seit einem Jahr weiter anhält.
Strategie 3: Content Updates
Nicht nur die Welt befindet sich in kontinuierlichem Wandel, sondern auch alle Informationen in ihr. Wer langfristig seinen Online-Erfolg nicht nur sichern, sondern auch ausbauen möchte, muss entsprechend auch den Content seiner Website aktualisieren. Content wird nicht automatisch "schlecht", nur weil er alt ist. Und wenn eine (potenziell) erfolgreiche Seite zu einem Thema vorhanden ist, ist es oft sinnvoller, diese Seite regelmäßig zu überarbeiten und zu optimieren, statt aus Gewohnheit eine neue Seite dafür zu erstellen.
Solche Content Updates halten nicht nur die Websites insgesamt auf dem neuesten Stand, sondern halten die Seiten- und Informationsstruktur effizient und können gleichzeitig für einen ordentlichen Ranking-Schub und damit eine Zunahme an Traffic und Conversions bedeuten.
Schauen wir uns als Beispiel die Landingpage der Sparkasse zum Thema "Phishing" an. Im Jahr 2014 hatte diese Sparkassen-URL vier kurze Fließtext-Absätze und zwei Bulletpoint-Listen à drei Bullets, die Informationen zum Phishing und wie man darauf reagieren soll, enthielten. Der Content Score der 2014er-Version dieser Landingpage kommt auf nur 38 Prozent (heute: 73 Prozent); die Wortanzahl erreicht 47 Prozent des Durchschnitts für den Online-Wettbewerb zum Keyword "Phishing" (heute: 129 Prozent).
Heute behandelt diese Sparkassen-Landingpage übersichtlich die relevantesten Fragestellungen zum Topic "Phishing": Was Phishing ist, was Datenfischer wollen, wie man Passwort-Klau erkennt und sich davor schützt. Am Ende der betreffenden Landingpage werden zudem weitere relevante Artikel rund um das Thema Online-Sicherheit vorgestellt.

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Dass sich diese Content Updates auch immens auf den Traffic und die entsprechenden Conversions auswirken, zeigt der Blick auf die Ranking-Historie der Sparkasse für das Keyword "Phishing". Rankte die diskutierte URL der Sparkasse im Jahr 2014 noch auf Google-Position 19, ist die URL heute auf P7 zu finden - und damit das erste Geldinstitut, das mit seiner Landingpage für dieses Keyword ranken kann - dies funktioniert bei der Sparkasse übrigens sogar in noch kompetitiveren Umfeldern wie für das Keyword "Kreditkarte".
Fazit: Potenzial des bestehenden Contents ausschöpfen
Weniger ist oftmals mehr: Die Spezialisierung der eigenen Website auf Kern-Topics, kontinuierliche Content-Updates sowie ein Content-Audit mit Löschung von irrelevanten URLs und damit einhergehender Fokussierung und Optimierung der wirklich wichtigen Seiten unter holistischen Gesichtspunkten können einen deutlichen Schub ausmachen.
Statt also seine Autoren nach Masse erstellter Inhalte zu bezahlen und somit beständig das eigene Online Business mit neuen, insbesondere ähnlichen Themen und Landingpages zu erweitern und damit Gefahr zu laufen, die Inhalte und Struktur der Domain zu verwässern, hat die Pflege des bereits bestehenden Content- und URL-Inventars viel höheres Potenzial, bessere Resultate bringen. Schließlich stellen relevante, übersichtliche Inhalte sowohl Nutzer als auch Suchmaschinen zufrieden und verhelfen so zu besseren Rankings und mehr Traffic und Conversions.