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Dirk Krischenowski
Sonstiges 28.03.2014
Sonstiges 28.03.2014

Markenschutz und Domains "Trademark Clearinghouse ist gescheitert"

Dirk Krischenowski, Geschäftsführer DotBerlin

DotBerlin

Dirk Krischenowski, Geschäftsführer DotBerlin

DotBerlin

Bei der Einführung der neuen TLDs soll das Trademark Clearinghouse die Rechte der Markeninhaber schützen. DotBerlin-Chef Krischenowski hält im Interview dieses Konzept für problematisch.

Von Stefan Mey


Der Start der neuen Domain-Endung .berlin entwickelt sich zum Testfall für die New Domains. In der sogenannten Sunrise-Phase hatten Markeninhaber vor dem Beginn der allgemeinen Registrierung die Möglichkeit, sich passende Domains zu reservieren. Die Bedingung: Sie haben am Trademark Clearinghouse teilgenommen. Damit wollte die internationale Netzverwaltung Icann großen  Markeninhabern einen priorisierten Zugriff bei allen neuen Top-Level-Domains ermöglichen. Was in der Theorie so schön klingt, hat in der Praxis kaum geklappt, meint Dirk Krischenowski, Geschäftsführer der Firma DotBerlin, die die neue Top-Level-Domain betreut.

Am 16. März ging die Sunrise-Phase von Dotberlin zu Ende. Wie viele Markeninhaber haben die Möglichkeit genutzt, auf die Art ihre Marke unter .berlin zu sichern?
Dirk Krischenowski: Nicht viele. Bis zum Ende der Sunrise-Phase wurden knapp 200 Marken-Domains registriert, überwiegend von Internet-Konzernen aus den USA. An den deutschen Markeninhaber ist die Sunrise-Phase überwiegend vorbeigegangen.
 
Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung?
Krischenowski: Viele Markeninhaber kennen das Verfahren nicht. Der ICANN ist es kommunikativ nicht gelungen, den Prozess global zu vermitteln. Das Trademark Clearinghouse ist deswegen größtenteils gescheitert. In der entsprechenden Datenbank sind weltweit etwa 27.000 Marken eingetragen, davon nur etwa tausend aus Deutschland. Das haben weltweit und in Deutschland überwiegend nur die ganz großen Unternehmen gemacht. Außerdem haben viele Markenanwälte den Markeninhabern von der Registrierung im Trademark Clearinghouse abgeraten, auch weil sie mit Klagen später mehr verdienen.
 
Wie kam es überhaupt zum Trademark Clearinghouse?
Krischenowski: Die ICANN hat das Konzept auf Betreiben großer Markeninhaber eingeführt. Die haben massiven Druck ausgeübt, damit für die neuen TLDs ein einheitliches Markenschutz-Verfahren durchgesetzt wird. Das macht auch Sinn. Wenn mehr als tausend neue Internet-Endungen eingeführt werden und jede ein eigenes Verfahren für den Umgang mit Marken hätte, wäre das ein Irrwitz für die großen Markeninhaber. Herausgekommen ist dieses Trademark Clearinghouse als Flaschenhals, bei dem alle Marken zentral einmal validiert werden müssen.
 
Wie funktioniert das Trademark Clearinghouse?
Krischenowski: Der Prozess ist eigentlich weder teuer noch besonders aufwändig. Man kann die Marken für ein, drei oder fünf Jahre hinterlegen. Ein Jahr kostet 150 US-Dollar. Man benötigt als Nachweis zum einen eine Markeneintragung. Dabei reicht die deutsche Markenregistrierung. Zum anderen muss man die tatsächliche Nutzung der Marke belegen: mithilfe von Briefpapier, einer Webseite oder Fotos von Gebäuden, die das Logo tragen. War man erfolgreich, bekommt man ein digitales Passwort, das als Beleg für die validierte Marke bei Sunrise-Registrierungen genutzt werden kann. Dann kann man vorberechtigt unter fast allen neuen Endungen eine der Marke entsprechende Domain registrieren. Das ist ein Riesenpfund. Ein Hotelkette kann dann unter .hotel registrieren, und wenn sie will auch problemlos unter .hamburg oder unter .reise. 
 
Was passiert, wenn jemand fremdes unter dem Markennamen eine Domain registriert?
Krischenowski: Wenn jemand beispielsweise unter .berlin eine Domain mit einem Clearinghouse-geschützten Namen registrieren will, wird er darauf hingewiesen, dass der entsprechende Namen markenrechtlich geschützt ist. Registriert er die Domain trotzdem, kann er hinterher nicht mehr sagen, er hätte von nichts gewusst. Das ist wichtig für die juristische Auseinandersetzung. Registriert der Interessent trotzdem – es kann ja durchaus auch ein legitimer Registrant sein -bekommt der Markeninhaber eine Benachrichtigung. Da kann er sich überlegen: geh ich dem nach, oder ist mir das egal.
 
Welche Folgen hat es, dass das das Trademark Clearinghouse-Konzept nicht fruchtet?
Krischenowski: Es wird zu vielen neuen Domain-Streitigkeiten kommen, so wie es auch bei .de noch der Fall ist. Unter .de wie auch unter .berlin gilt das „First come, first served“ Prinzip – wer zuerst eine Domain registriert, der bekommt sie auch zuerst. Ausnahmen gibt es nur bei berühmten Marken. Dem Privatmann Herrn Krupp, der sich eine entsprechende Domain registriert hatte, konnte der Krupp-Konzern die Domain per Gericht abnehmen lassen. In tausend anderen Fällen war das nicht so.

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