
Nicht jedes Buzzword ist automatisch ein Kandidat für Bullshit-Bingo. Wir zeigen 12 Fachbegriffe, mit denen ihr für digitales Marketing und E-Commerce 2017 gut gerüstet seid.
1. Proximity Marketing
Proximity heißt auf Deutsch "Nachbarschaft" oder "Umgebung". Proximity Marketing heißt, dass Menschen abhängig von ihrem Aufenthaltsort auf ihrem mobilen Gerät (Smartphone, Smartwatch oder Tablet) werblich angesprochen werden. Hierbei werden verschiedene Übertragungstechnologien eingesetzt: Near Field Communication (NFC), Beacons oder WLAN-Hotspots.
Wen interessiert’s? Unternehmen, die Kunden gezielt in stationäre Geschäfte bringen wollen, und auch Werbungtreibende, die Konsumenten mit ihren Botschaften an bestimmten Orten erreichen wollen.
Warum wird das 2017 wichtig? Die Nutzung mobiler Geräte wie Smartphones und Tablets nimmt weiter zu, gleichzeitig verbreiten sich Near Field Communication, Beacons und WLAN-Hotspots. Das schafft die Voraussetzung für eine bessere ortsbezogene Ansprache von Konsumenten.
Gibt es einen Unterschied zwischen Location-based Marketing und Proximity Marketing? Darüber diskutiert die Fachwelt. Manche definieren Location-based Marketing so, dass dabei vor allem die GPS-Funktion des Smartphones genutzt wird. Die werbliche Ansprache von Konsumenten findet innerhalb eines bestimmten räumlichen Radius statt (Geofencing), bleibt aber relativ unspezifisch. Im Gegensatz dazu soll Proximity Marketing feiner auf den Aufenthaltsort und zugleich auf den Kontext, in dem sich der Nutzer befindet, abgestimmt sein. Andere Marketing-Spezialisten machen hingegen keinen Unterschied zwischen beiden Begriffen. Wahrscheinlich werden beide Bezeichnungen künftig für das zielgerichtete, orts- und kontextbezogene Marketing verwendet werden.

2. Hyperlokalität
Wikipedia liefert folgende Erklärung: Der Begriff Hyperlokalität setzt sich aus "hyperlinking" und "localization" zusammen und bezeichnet einen Zustand, in dem alle Geräte und Objekte digital verlinkt und örtlich lokalisierbar sind. Hyperlokalität hat jedoch mehrere Bedeutungen. Im Online-Journalismus steht der Begriff dafür, dass Online-Portale oder Lokalzeitungen über Ereignisse "vor der Haustüre" in den einzelnen Stadtvierteln schreiben, über die größere Medien nicht berichten.
Wen interessiert’s? Ladengeschäfte und Dienstleister mit örtlichen Niederlassungen, die für ihre Unternehmen mithilfe von Google Maps oder mit Suchmaschinenmarketing werben wollen.
Warum wird das 2017 wichtig? Die mobile Suche war schon immer stark ortsbezogen. Amerikanische Suchmaschinenexperten beobachten jedoch, dass Google die Anzeigen und die Listings in Google Maps immer stärker auf den jeweiligen Aufenthaltsort des Mobile-Nutzers zuschneidet und bevorzugt Geschäfte in der unmittelbaren Umgebung anzeigt. Zum anderen hat Google im Juni 2016 das Betriebssystem Android mit der Funktion "Nearby" ausgestattet. Nearby ist ein Set von Schnittstellen für unterschiedliche Plattformen, über die Geräte miteinander kommunizieren können. Ein weiteres Szenario von Nearby ist, Nutzer über die Push-Funktion auf einen Service in unmittelbarer Nähe ihres Aufenthaltsorts aufmerksam zu machen. Die Übertragung erfolgt mittels Beacons. Wenn Verbraucher den Ortungsdienst und Bluetooth auf ihrem mobilen Gerät aktivieren, erscheint in den Mitteilungen ein Hinweis, dass es einen Nearby-Dienst oder ein -Angebot in ihrer Nähe gibt. Das könnte der Beacon-Technologie für die werbliche Nutzung neuen Schub verleihen.

3. Server-to-Server-Integration
Im Adtech-Kontext beschreibt Server-to-Server-Integration die direkte Verbindung zwischen zwei Werbesystemen.
Wen interessiert’s? Publisher, die sich mit Header Bidding auseinandersetzen, sowie Anbieter von digitalen Werbetechnologien.
Warum wird das 2017 wichtig? Manche Branchenbeobachter betrachten die Server-to-Server-Integration als Weiterentwicklung des Header Biddings. Sie basiert jedoch auf einem anderen Ansatz. Header Bidding ermöglicht es Publishern, über ihre Supply-Side-Plattform viele Nachfragequellen anzuschließen, die gleichzeitig mit den direkt verkauften Werbekampagnen konkurrieren. Der entsprechende Code wird auf der Webseite des Publishers eingebunden. Ruft ein Nutzer eine Webseite auf, werden alle Javascript-Tags der Nachfragequellen vom Browser geladen. Zwischen dem Nutzer-Browser und dem Adserver findet ein Austausch statt, welche Werbung eingeblendet werden soll. Das führt zu Verzögerungen beim Laden der Webseite. Bei der Server-to-Server-Integration wird die Ermittlung, welche Kampagne zum Zug kommt, verlagert. Sie findet nicht mehr zwischen dem Browser des Nutzers und dem Adserver statt, sondern im federführenden Adserver-System, das mit den Servern der Nachfrageseite verbunden ist. So können Verzögerungen beim Seitenaufruf vermieden werden.

4. Holistic Yield Management
Holistic bedeutet "ganzheitlich" und Yield Management verfolgt das Ziel, den Gesamtumsatz zu maximieren. In der digitalen Werbewelt bedeutet Holistic Yield Management, direkt und automatisiert verkaufte Werbeplätze so auszusteuern, dass der Werbeumsatz des gesamten Inventars steigt.
Wen interessiert’s? Vermarkter und Publisher, die digitale Werbeplätze verkaufen und sich mit automatisiertem digitalem Anzeigenverkauf auseinandersetzen.
Warum wird das 2017 wichtig? Bislang werden Nachfragequellen - Direktverkäufe versus automatisierte ("Programmatic") - häufig noch separat betrachtet. Mit der Verlagerung des digitalen Anzeigenverkaufs Richtung Programmatic konkurrieren die direkt verkauften Werbeplatzierungen immer stärker mit dem automatisiert verkauften Inventar. Holistic Yield Management ist auch ein Schlagwort, mit dem sich Adserver-Anbieter von der Konkurrenz abzugrenzen versuchen.

5. Programmatic Creativity
Hinter dem Begriff verbirgt sich der Anspruch beziehungsweise die Forderung, mehr Kreativität in die Werbemittelgestaltung für die automatisierte Werbeauslieferung zu bringen. Verschiedene Zielgruppen sollen jeweils auf sie zugeschnittene Varianten einer Kampagne zu sehen bekommen. Dafür werden verschiedene Daten ausgewertet und bei der Werbeauslieferung berücksichtigt: zum Beispiel Alter, Geschlecht oder Aufenthaltsort der Nutzer, Wetterdaten, die Tageszeit oder das verwendete Gerät.
Wen interessiert’s? Werbungtreibende und Marken, die Programmatic nicht nur für Performance-, sondern auch für Branding-Zwecke einsetzen wollen, sowie Kreativagenturen.
Warum wird das 2017 wichtig? Der Anteil von Programmatic Advertising am Gesamtmarkt der digitalen Display-Werbung liegt laut Bundesverband Digitale Wirtschaft bei 32 Prozent. Er wuchs von 2015 auf 2016 um 51 Prozent. Es ist wahrscheinlich, dass er weiter wächst, weil immer mehr Werbungtreibende auf den Geschmack kommen. Allerdings kommt der automatisierte Einkauf von digitalen Werbeflächen bislang in erster Linie für Performance-Zwecke, wie Retargeting, und nicht für Branding zum Einsatz. Werbungtreibende wünschen sich, dass die Werbemittelgestaltung mithilfe von Nutzer- und anderen Daten dynamischer und individueller wird, damit kreativere Kampagnen entstehen. Das öffnet den Weg für Programmatic Creativity und Branding.

6. Agiles Marketing
Das Marketing verabschiedet sich von seinen starren "Dreijahresplänen" und reagiert stattdessen extrem schnell auf äußere Einflüsse und Veränderungen im Kundenverhalten. Kleine, vernetzte Teams arbeiten kontinuierlich an neuen Lösungen. Dabei wird jeder Schritt einer Effizienzkontrolle unterzogen.
Wen interessiert’s? Alle, die mit ihren Marketingmaßnahmen nah am Verbraucher sein wollen. Und die Ende 2017 nicht feststellen wollen, dass sie mit ihrem am grünen Tisch geplanten Maßnahmenkatalog in entscheidenden Punkten danebenlagen.
Warum wird das 2017 wichtig? Die Verbraucher werden immer sprunghafter und damit für Werbungtreibende unberechenbarer. Über die digitalen Medien verbreiten sich Trends in Windeseile, in Communitys werden neue Angebote über Nacht diskutiert und bewertet. Zudem können im Internet jederzeit unerwartet neue Wettbewerber auftreten. Über agiles Marketing kann ein Unternehmen versuchen, diese kurzfristigen Entwicklungen mitzugestalten und sich so als Trendsetter zu präsentieren. Beispiel Pokémon Go: Einige Händler und Gastronomen, die sich in der Nähe von strategisch wichtigen Poké-Stops befanden, haben im vergangenen Sommer auf den Hype reagiert und versucht, Monster und so auch Spieler in ihren Laden zu locken. Agiles Marketing erfordert im Unternehmen agile Teams, die schnell Entscheidungen treffen können und sich permanent in die Perspektive ihrer Kunden versetzen.

7. Live Content
Unternehmen nutzen ihre Social-Media-Kanäle oder ihre Webseite, um Ereignisse live zu übertragen. Das können Veranstaltungen sein, an denen man sich die Übertragungsrechte gesichert hat, oder eigene Events wie Kundentreffen oder Produktvorstellungen.
Wen interessiert’s? Alle, die gerne mit neuen Kommunikationsmethoden experimentieren und keine Angst davor haben, wenn sie nicht in jedem Moment den Kommunikationsprozess kontrollieren können.
Warum wird das 2017 wichtig?
Der Kampf um die Aufmerksamkeit der Nutzer wird härter. Entsprechend wichtig ist es, sich mit seinen Marketingmaßnahmen vom Wettbewerb zu unterscheiden. Live Content kann hier zur Profilierung beitragen. Als Vorreiter gilt Apple, dessen Neuvorstellungen von Produkten seit Langem im Web via Live-Stream inszeniert werden und sich zu richtigen Quotenhits entwickelt haben. 2017 braucht man kaum mehr eigene Ressourcen für solche Maßnahmen: YouTube, Facebook, Twitter und Instagram haben ihre Plattformen so weiterentwickelt, dass sie die Übertragung von Live Content problemlos ermöglichen.

8. Outstream-Werbung
Outstream-Video ist Bewegtbildwerbung, die in redaktionellen Umfeldern ausgespielt wird. Die Werbung erscheint beim Scrollen in einem Text zwischen zwei Absätzen. Verschwindet das Video aus dem sichtbaren Bereich, stoppt es automatisch. Im Gegensatz zu Instream-Werbung ist kein Bewegtbild-Content auf der Website nötig.
Wen interessiert’s? Publisher und Seitenbetreiber, die selbst keinen oder nur wenig Video-Content auf der eigenen Plattform haben.
Warum wird das 2017 wichtig? Werbung vor Videos, zum Beispiel vor Beiträgen in Mediatheken, kann die User nerven und dazu führen, dass sie der Instream-Werbung aus dem Weg gehen, indem sie den Ton abschalten oder eine andere Webseite aufrufen. Zudem haben viele Publisher zu wenig professionelle Video-Inhalte, um die Nachfrage nach Video-Werbeplätzen zu bedienen. Mit Outstream-Werbung können Publisher und Vermarkter Bewegtbildinhalte unabhängig von eigenen Video-Umfeldern vermarkten. Der Nutzer hat die Wahl, mit der Bewegtbildwerbung zu interagieren, wenn sie ihn interessiert. Der Werbungtreibende zahlt nur, wenn das Video komplett angesehen wurde.

9. Inbound Marketing
Beim Inbound Marketing werden Verbraucher über für sie relevante Inhalte angesprochen statt über Werbebotschaften. Ziel ist, dass der potenzielle Kunde scheinbar ungezwungen und wie von selbst auf ein Unternehmen oder eine Marke stößt und sich für deren Produkte interessiert.
Wen interessiert’s? Unternehmen, die den Aufwand nicht scheuen, alle wichtigen digitalen Kanäle zu nutzen.
Warum wird das 2017 wichtig? Content Marketing und Inbound Marketing sind enge Verwandte. Beim Inbound Marketing geht es darum, aussagekräftige Inhalte über das eigene Angebot zu erstellen. Im nächsten Schritt gilt es, diesen Content zum richtigen Zeitpunkt der richtigen Zielgruppe zu präsentieren. Hierbei spielen Blog-Beiträge, Keywords, White Paper, Newsletter und Events eine Rolle. Über diese wird der Content genau dann abgestimmt distribuiert. Wesentlich sind natürlich außerdem alle Social-Media-Kanäle. Denn: Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg von Inbound Marketing ist, dass die Inhalte über viele Wege verbreitet werden.

10. Instant Payment
Instant Payment ist wörtlich genommen ein Bezahlvorgang, der binnen eines Augenblicks abgeschlossen ist, also eine Zahlung in Echtzeit. Die Europäische Zentralbank (EZB) forciert unter dem Begriff eine einheitliche europaweite SEPA-Überweisung in Echtzeit, die unabhängig von Banköffnungszeiten an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr in maximal zehn Sekunden ausgeführt wird.
Wen interessiert’s? Online-Shop-Betreiber, Multichannel- und B2B-Händler, die eine schnelle und sichere Zahlart anbieten möchten, sowie Einzelhändler, bei denen Instant Payment das im Handling oft teure Bargeld ersetzen kann.
Warum wird das 2017 wichtig? Die Digitalisierung in den verschiedenen Branchen bringt neue Geschäftsmodelle mit sich, die attraktive Bezahllösungen verlangen. Zahlungsverkehr wird immer weniger als eine eigenständige Funktion verstanden, sondern vielmehr als Teil neuer Wertschöpfungsketten gesehen. Unternehmen wie Paypal, Apple oder Facebook drängen mit Lösungen für den Geldtransfer in Echtzeit zwischen Privatpersonen in den Markt und setzen Banken unter Zugzwang nachzuziehen.
Für den digitalen Handel hat Instant Payment einige Vorteile: Da die Zahlung unmittelbar ausgeführt wird, entfallen Zahlungsverzögerungen durch Wochenenden oder Feiertage. Außerdem kann die Zahlung nicht widerrufen werden, Händler haben damit eine große Zahlungssicherheit. Zwei Drittel der Verbraucher halten Echtzeitüberweisungen für nützlich, mehr als die Hälfte wünscht sich, dass sie in Online-Shops einsetzbar sein werden, so eine Studie von Ibi Research, einem Beratungs- und Forschungsinstitut für Finanzdienstleistungen. Die EZB will im November 2017 den Live-Betrieb starten.

11. Blockchain
Eine Blockchain ist ein digitaler Prozess, bei dem Transaktionen zwischen zwei oder mehr Parteien dezentral auf verschiedenen Servern protokolliert werden. Bei den Transaktionen kann es sich um jede Art von Informationsübertragung handeln, also etwa um Geldtransfers, Rechte an Musikstücken oder Fotos, Steuerdaten oder Ähnliches. Da jede Veränderung an den Daten protokolliert wird, können die Transaktionen transparent und fälschungssicher abgewickelt werden. Drittinstanzen wie Banken oder Schiedsstellen werden überflüssig, die Blockchain-Teilnehmer kommunizieren direkt miteinander.
Wen interessiert’s? Alle, weil die Technologie in einigen Jahren wahrscheinlich Standard für sämtliche Transaktionsarten werden wird.
Warum wird das 2017 wichtig? Die Kryptowährung Bitcoin ist die bekannteste Anwendung der Blockchain-Technologie. Doch die Technologie lässt sich für viel mehr nutzen als nur für den digitalen Geldtransfer. Die Idee hinter den Blockchain-Konzepten ist es, Vermittler überflüssig zu machen, die bei vielen Transaktionen und Prozessen als vertrauenswürdige Instanz zwischengeschaltet sind, aber auch Gebühren kosten. Das können Notare und Anwälte sein oder jegliche Art von Clearing-Stellen. Viele Banken und Start-ups beschäftigen sich mit der Blockchain-Technologie. Noch gibt es nur wenige praktische Anwendungen, aber es ist damit zu rechnen, dass 2017 immer mehr angeboten werden.

12. Conversational Commerce
Der Online-Handel kommuniziert schneller und intensiver mit Kunden, und zwar mithilfe von Spracherkennung, Chatbots und Messenger-Diensten. Diese schalten sich zur Beratung oder bei Serviceanfragen ein, helfen bei der Suche nach Waren und sorgen für persönlichen Kontakt.
Wen interessiert’s? Händler, Markenhersteller und ihre Kunden sowie E-Commerce-Dienstleister.
Warum wird das 2017 wichtig? Die Services ermöglichen ein vermeintlich persönliches Gespräch. Das zieht Kunden an und hilft, sie langfristig zu binden. Amazons Lautsprecher Echo setzt im Conversational Commerce bereits Standards: Die in einen Lautsprecher integrierte Spracherkennung nimmt Sprachbefehle entgegen und löst eine Bestellung aus. Das ist so leicht, dass es selbst Kindern gelingt. Die dreijährige Tochter der Texanerin Megan Neitzel bestellte sich zum Beispiel in einem unbeaufsichtigten Moment viele Kekse und ein Puppenhaus. Auch Chatbots, die meist auf kurzen schriftlichen Dialogen basieren, erhöhen die Servicequalität. Fluglinien wie KLM steuern damit Passagiere durch die Flugsuche und das Buchungssystem.