
Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist designierte Staatsministerin für Digitalisierung im Kanzleramt. Für viele ein Grund zur Häme, die Kritik ist groß. Wir haben Vertreter der Digitalbranche gefragt, was sie von Bär halten und was sie sich von ihr wünschen.
Christian Geyer, CEO Nano interactive
"Ich würde Dorothee Bär gerne fragen, wie wir als Europäer die neue Regulierung (zum Beispiel die E-Privacy-Regelung) und die berechtigten Interessen der Verbraucher so in einen gesetzlichen Rahmen packen, dass wir unsere eigene Digitalwirtschaft nicht schädigen. Bisher profitieren lediglich die großen Oligopolisten aus den USA. Liebe Frau Bär, können wir die Regulierung nicht so verfassen, dass zwischen einheimischen und internationalen Playern Chancengleichheit entsteht und wir den Interessen der Nutzer trotzdem Rechnung tragen?"

Simon Umbreit, Geschäftsführer von oddity
"Auf Dorothee Bär warten große Aufgaben in einer hochkomplexen Struktur. Ich persönlich wünsche mir jetzt schnelle Quick Wins statt große Reden über Flugtaxis. Die ersten Punkte, die es jetzt und schnell zu bearbeiten gilt, hat Frau Bär gut identifiziert, das lässt hoffen: Datenschutz, insbesondere die neue E-Privacy-Verordnung und ihre grundlegenden Denkfehler (Push des 'The Winner Takes it all'-Prinzips statt Eindämmung), dann das Leistungsschutzrecht mit seinen Problematiken. Ich bin sehr gespannt, ob Frau Bär tatsächlich auch in der Lage ist zu Handeln. Ich drücke ihr die Daumen!"

Marco Junk, BVDW-Geschäftsführer
"Gegenüber einem eigenständigen Digitalministerium ist die Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt zwar nicht der große Wurf und nur die zweitbeste Lösung, aber eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Belange der sich digitalisierenden Wirtschaft und Gesellschaft auf Augenhöhe im Kabinett vertreten sind. Dorothee Bär verfügt über belastbare Digitalkompetenz und wird die politische Priorisierung in Deutschland zu Gunsten der sich digitalisierenden Wirtschaft und Gesellschaft maßgeblich beeinflussen."

Dominik Matyka, Chief Advisor dmexco
"Ich wünsche Dorothee Bär, dass es ihr im Kanzleramt gelingt, klarzumachen, dass Digitalisierung 'Chefsache' werden muss, wenn der Standort Deutschland auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben will. Schön wäre es, wenn Sie in der Regierung eine Kultur beziehungsweise ein Verständnis dafür etabliert, dass Infrastrukturen beziehungsweise Connectivity 'alternativlos' für ein Funktionieren der digitalen Wirtschaft sind. Wie leistungsfähig, facettenreich und zukunftsfähig unsere Industrie ist, würde ich Dorothee Bär gerne auf der dmexco persönlich zeigen. Liebe Frau Bär, ich möchte Sie hiermit herzlich nach Köln einladen und würde mich freuen, Sie im September als Speakerin begrüßen zu dürfen."

Rupert Schäfer, Gründer und Geschäftsführer The Nunatak Group
"Man stelle sich die Regierung als Konzern vor: Angela Merkel wäre CEO, die Bundesminister hätten Bereichsverantwortung auf Top-Managementebene und Dorothee Bär die Schlüsselrolle als CDO. Aus der Wirtschaft wissen wir auch: Digitalisierungsprojekte scheitern oft, wenn sie abseits des Tagesgeschäfts separat in eigenen Silos entwickelt wurden. Digitalisierung erfordert Commitment aller - angefangen beim CEO bis hin in jede Abteilung. Wenn ich Dorothee Bär etwas wünsche, dann das: Sie möge es schaffen, die Bedeutung des Themas für die Zukunft Deutschlands in allen Ministerien und im Kanzleramt fest zu verankern. Es allein in einer Art Stabstelle zu bündeln, wird der Sache nicht gerecht."

Björn Sjut, Gründer und Geschäftsführer von Finc3
"Frau Bär sollte daran arbeiten, dass Wettbewerb auch auf der Glasfaserleitung erzwungen wird, damit die Preise hier für mehr Unternehmen schneller fallen. Wir benötigen schnelle und flexible Datenverbindungen, um Mitarbeitern auch flexiblere Arbeitsmodelle mit weniger Pendelei zu ermöglichen. Eine effektive Mietpreisbremse für die Innenstädte ist die schnelle Home-Office-Anbindung des Umlands."

Manfred Klaus, Sprecher der Geschäftsführung bei Plan.Net
"Liebe Frau Bär, auch wir als Industrie sind wie Sie der Meinung, dass die Digitalisierung das 'Topthema Nummer Eins' ist und in Deutschland vieles 'viel zu langsam' geht. Als Sprecher der Geschäftsführung von Deutschlands größter Digitalagentur und Vorsitzender der Online-Mediaagenturen würde ich mich deshalb sehr freuen, wenn das Kanzleramt verstärkt den Dialog mit unserer Branche sucht. Wir benötigen eine wettbewerbsfähige, funktionierende Infrastruktur, faire Wettbewerbsbedingungen (gerade im Vergleich mit den großen US-Plattformen), den Abbau regulatorischer Hemmnisse (etwa vor allem die E-Privacy-Richtlinie in ihrer derzeitigen Form) sowie einen sinnvollen und ausgewogenen Umgang mit dem Thema Daten/Datenschutz, der die Interessen von Nutzern und Industrie berücksichtigt. Die digitale Wirtschaft ist für die Zukunft Deutschlands in einer globalen Wirtschaft eine der Schlüsselindustrien. Wir freuen uns auf gute Gespräche mit Ihnen."

Volker Helm, Geschäftsführer Quantcast DACH
"Die Digitalbranche ist ein Vorreiter bei Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Smart Data. Liebe Frau Bär, ich wünsche mir daher, dass in der Politik mehr Know-how aufgebaut wird und vernünftige Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Deutschland auch in Zukunft ein attraktiver Standort für Technologieunternehmen bleibt."

Marten Jung, Gründer und Geschäftsführer Unibright
"Die Blockchain-Technologie wird im Koalitionsvertrag der GroKo als ein wichtiger Forschungsschwerpunkt genannt. Bislang konzentriert sich die Debatte um die Technologie hauptsächlich auf das Thema Kryptowährungen - die Potenziale der Blockchain gehen jedoch weit über diesen Einsatzbereich hinaus. Verträge lassen sich darüber rechtsgültig abschließen, Lebensmittel-Chargen genau rückverfolgen, Online-Kampagnen transparent wie nie handeln. Kurzum: Blockchain wälzt die gesamte Wirtschaft um. Von Dorothee Bär wünschen wir uns deshalb, dass der Blockchain auch in puncto Verbesserung der digitalen Infrastruktur Deutschlands besondere Aufmerksamkeit zukommt."

Marcel Hollerbach, CMO von Productsup
"Liebe Frau Bär, ich wünsche mir sowohl etwas von Ihnen, als auch für Sie. Die Digitalisierung durchdringt sämtliche Wirtschaftsbranchen und Unternehmen jedweder Größe versuchen hier Schritt zu halten. Damit diese aber auch die Möglichkeit dazu bekommen ist für mich - wie auch scheinbar für Sie - das Thema Breitbandausbau (Glasfaser) in Deutschland elementar. Zunehmend werden Serviceleistungen in Zukunft schnelles Internet brauchen, etwa das Shoppen in Virtual- und Augmented-Reality-Umgebungen, selbstfahrende Autos, Internet of Things und vieles mehr. Sicher, Digitalisierung ist nicht nur Breitbandausbau, aber um Deutschland wettbewerbsfähig zu halten, brauchen wir ein schnelles und strapazierfähiges Internet. Um dieses Thema im Kanzleramt nachhaltig kommunizieren zu können, wünsche ich Ihnen viel Kraft und gutes Gelingen."