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Sonstiges 14.03.2016
Sonstiges 14.03.2016

Serie, Teil 1 User Journey analysieren: Grundlagen für die Optimierung

Shutterstock.com/Adam Vilimek
Shutterstock.com/Adam Vilimek

Die einzelne User Journey ist in etwa so aussagekräftig wie ein einzelner Klick. Erst die richtige Analyse aller Journeys liefert dem Marketer Mehrwert und Optimierungspotenzial.

Von Matthias Stadelmeyer, President und CEO von Tradedoubler

Das Thema User Journey - oft auch Customer Journey genannt - ist nicht neu. In den letzten Jahren ist es fast ein wenig still geworden um die Reise des Kunden bis zum Kauf. Zwar wird in der Branche regelmäßig von neuen Touchpoints und neuen Technologien (wie Beacons oder Smartwatches) gesprochen, die unbedingt und zwangsläufig in den Marketing-Mix gehören, im Grunde interessiert Werbungtreibende aber weiterhin nur eines: der Neukunde und in diesem Zusammenhang der entscheidende letzte Mausklick.

Was vor und nach dem Klick geschieht, bleibt jedoch auch aufgrund der weitverbreiteten Cost-per-Click-Modelle oft im Dunkeln. Denn hier gilt beim technischen Dienstleister: Ist der Traffic erst abgeliefert und sind die Kosten bereits entstanden, inte­ressiert die Konversion nicht mehr.

Ein Fehler. Gerade neue Technologien wie Fingerprinting und Cross-Device Tracking oder die neuen Möglichkeiten der Big-­Data-Analyse ermöglichen den Marketern heute eine lückenlose Erfassung der User Journey, die bisher in der Form nicht realisierbar war - jetzt muss die Journey nur noch verstanden werden.

Annäherung an das Thema mithilfe von Datenanalyse

Prinzipiell gibt es für den Werber zwei ­Herangehensweisen an das Thema User Journey. Entweder er verlässt sich auf sein Bauchgefühl und macht sich Gedanken, wie die Journey seines Kunden wohl aussehen könnte, oder er schaut sich die einzelne Journey (besser: so viele wie möglich) an, um zu verstehen, wie aus einem Interessenten ein Käufer wird. Wenig überraschend ist sicherlich die Erkenntnis, dass das eigene Bauchgefühl wenig aussagekräftig ist. Der Klickpfad eines ­jeden einzelnen Users ist zu unterschiedlich, als dass Marketer hier mit Pauschalbeurteilungen und Stereotypen weiter­kämen. Zu trügerisch ist zudem oftmals die eigene Selbstwahrnehmung, wann und wo man erstmals mit einem Nutzer in Berührung gekommen ist. Und zu groß sind die Abweichungen wie lange (Anzahl der ­Tage) oder wie klickintensiv (Anzahl der Finger-Klicks) die Reise je nach Branche, Segment oder sogar Jahreszeit ist.

Sich nur auf die eigene Wahrnehmung zu verlassen ist für Marketer also keine Option. Das Kaufverhalten der Nutzer vorherzusagen ist nur mithilfe von Datenanalysen möglich. Erst wenn die Marketingverantwortlichen die User Journey von Anfang bis Ende nachvollziehen und mit konkreten Daten belegen können, sind sie in der Lage, ihre Online-Marketing-Maßnahmen (wie zum Beispiel Online-Werbekampagnen) entsprechend anzupassen.

Mehrwert ergibt erst die Schnittmenge der Journeys

Der Marketer muss also die User Journey genau analysieren. Nur so kann er den Kunden verstehen und die Abläufe optimieren. Hier ergibt sich aber ein Problem, denn die einzelne Journey hat kaum Aussagekraft, beschreibt sie doch - ähnlich wie beim Bauchgefühl - im schlimmsten Fall einen krassen Ausreißer.

Einen Mehrwert liefert erst die Schnittmenge aus (möglichst) allen Journeys. Das bedeutet Tausende, wenn nicht Millionen zu berücksichtigende Journeys auszuwerten: eine Mammutaufgabe - zumindest auf den ersten Blick.

Relevante Ad Impressions erkennen

Bevor wir uns dem Projekt Millionen von Klickpfaden effizient zu verarbeiten und auszuwerten im zweiten Teil dieser Serie nähern, lassen Sie uns einen Schritt zurücktreten und die Frage nach dem Warum stellen. Mit Blick auf die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Touchpoints, Publishern und Verticals gilt es, aus den vielen Ad Impressions diejenigen herauszufiltern, die für den Abverkauf relevant sind, und sie entsprechend zu fördern, auszubauen und in den Traffic-Mix zu integrieren. Nur so können auch die altbekannten Spillover- und Kannibalisierungseffekte sichtbar gemacht und vermieden werden.

Wert des "Assist" beziffern

Ob ich bereit bin, den "Assist“ zu vergüten, also den Klick auf die Seite, die der Kunde besucht hat, bevor er auf der letzten Seite der Journey konvertiert hat - ist eine Grundüberlegung bei der User-Journey-Analyse und eine Frage, die jeder Werber für sich beantworten muss. Bezahlen wird er nur dann, wenn das Unternehmen oder die Marke davon profitiert, also beispiels­weise wenn ein Partnerprogramm im Affiliate Marketing mehr Verkäufe generiert.

Solche Überlegungen haben auch einen positiven Effekt auf die Publisher, die als Affiliates Produkte bewerben: Sie erhalten mehr Wertschätzung für ihre Arbeit und schenken bereits in einer frühen Phase der User Journey dem Partnerprogramm Aufmerksamkeit. Das Wissen, auch als zuarbeitender Publisher eine Vergütung zu erhalten, wirkt sich vertriebsunterstützend aus, indem das Ziel, die User Journey zu verkürzen und die gesetzten Conversion- beziehungsweise Kampagnenziele zu erreichen, gemeinsam angestrebt wird. Würden die Publisher für ihre Conversion-Vorlagen eine Vergütung erhalten, könnte das unter auch dazu führen, dass der Pool an potenziellen Publishern größer wird.

Das richtige Attributionsmodell finden

Das wirft natürlich die nächste Frage auf: die nach neuen Attributionsmodellen. Wie soll das Werbebudget unter denjenigen aufgeteilt werden, die den Kunden auf dem Weg zum Kauf unterstützt haben? In der Branche werden derzeit diverse Modelle diskutiert:

  • eine gleichmäßige Verteilung der Provision auf verschiedene Touchpoints
  • linear fallende beziehungs­weise stei­gende Provisionen
  • eine punktuelle Provisionsvergabe

Alle Modelle haben ihre Vorzüge und berücksichtigen auf ihre Weise die Reise des Users im Sales Funnel. Es gilt, den Funnel in der User Journey dort zu öffnen, wo sich die Käufer bevorzugt bewegt haben. Und hier ist dann nicht ausschließlich der Klick entscheidend, sondern die Präsenz der Marke - oder besser noch des Produkts, für das sich der Kunde interessiert. Dabei muss der Advertiser jedoch immer selbst analysieren, welches Modell für ihn das gewinnbringendste ist. Und das nicht nur, weil die Cookie-Weiche sonst nur selektiv ein Modell berücksichtigt, sondern weil jede Kampagne und jedes Programm individuell ist und spezielle Ziele verfolgt. Die Basis für all dies ist jedoch stets die rich­tige Datengrundlage.

Fazit: Offen für neue Erkenntnisse sein

Der Marketer muss sich also vielen grundlegenden Fragen stellen, die unmittelbar damit zu tun haben, welche Erkenntnisse aus der User-Journey-Analyse zu ziehen sind. Ferner muss er auch bereit sein, Annahmen, die in der Vergangenheit über die Reise der eigenen Kunden getroffen wurden, über Bord zu werfen und mit der Analyse ein neues Kapitel im datengestützten Marketing aufzuschlagen. Daraus ergeben sich ganz neue Verknüpfungen (die Kombination und das Austarieren der Online User Journey etwa mit TV Spots oder Angeboten im stationären Handel) - eine unglaublich spannende Entwicklung für das Performance-Marketing und diejenigen, die ihre Werbegelder optimal einsetzen wollen. Dafür müssen sie jedoch zunächst die Online User Journey lückenlos analysieren und auswerten können.

4 Performance- Marketing-Mythen

1. Sales sind am Wochenende niedriger
Die Sales sind allgemein niedriger, ja, aber der Mobile Commerce auf Smartphones und Tablets boomt am Wochenende: ein Plus von jeweils über 15 Prozent. So pauschal ist diese Aussage also falsch.
 
2. Eine Online-Strategie passt für alle Märkte
Das Online-Verhalten unterscheidet sich von Land zu Land: Deutsche ­Online-Shopper entscheiden sich zum Beispiel am schnellsten. Ihre User Journey dauert im Schnitt fünf Tage. Franzosen und Schweden brauchen mehr als elf Tage für einen Kauf.
 
3. Auf Themen spezialisierte Publisher (Verticals) müssen nicht vergütet werden
Über zwei Drittel der Journeys, die auf den Seiten vertikaler Publisher beginnen, führen dort auch zur Conversion. Hier schlummert Potenzial.
 
4. Cashback stiehlt den letzten Klick
83 Prozent der Kunden, die auf einer Cashback-Seite (vor allem in UK ein beliebtes Modell) konvertieren, haben ihre Journey auf einer Cashback-Seite begonnen. Hier ist die durchschnittliche User Journey besonders kurz.

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