
Erstkontakt, Letztkontakt, Linear: An Attributionsmodellen zur Erfassung der Customer Journey mangelt es nicht. Aber welches Modell ist am besten für Werbungtreibende geeignet?
Jeder Euro zählt - vor allem in der Umsetzung von Marketingkampagnen. Wie aber finden Werbungtreibende heraus, ob sich ihre Ausgaben am Ende wirklich lohnen? Und welches Attributionsmodell der Customer Journey-Analyse zeigt auf, ob ich die wirklich relevanten Kunden erreiche? Warum die Last-Touch-Attribution in der digitalen Werbewelt von heute nicht der Weisheit letzter Schluss ist, erklärt Paco Panconcelli, Managing Director von Quantcast Deutschland.
Die Zeiten, in denen Konsumenten einen klaren Conversion-Pfad in nur einem einzigen Kanal erzeugt haben, sind lange vorbei. Heutzutage beginnen Recherchen oftmals auf dem Smartphone, gekauft wird dann über den Desktop-PC, Tablet oder offline. Werbungtreibende stellt das vor die enorme Herausforderung, zu jeder Zeit und in jedem Kanal an ihren Kunden dranzubleiben und zu ermitteln, welche Maßnahmen den Kunden erreicht und beeinflusst haben. Für die Planung von Werbe- und Marketingkampagnen bedeutet das, genau zu evaluieren, wofür jeder einzelne Euro ausgegeben wird - und ob sich diese Ausgaben am Ende auch wirklich gelohnt haben.
Vor allem im Bereich der Display Werbung existiert eine Vielzahl an Kontaktoptionen - aufgrund der vielen verfügbaren und tatsächlich messbaren Touchpoints mit dem Verbraucher. Attribution bezeichnet die regelbasierte Methode für die Zuweisung von Werbebudgets über mehrere Kanäle hinweg, und ist ein sinnvoller Lösungsansatz für mehr Transparenz und somit auch Effizienz. So lassen sich ganz gezielt die Auswirkungen identifizieren, die jede einzelne eingesetzte Taktik auf den Marketingplan hat. Mit diesem Wissen wiederum können Kampagnen justiert und Budgets künftig entsprechend zugewiesen werden.
Nicht jedes Modell liefert relevante Antworten
Aber welches der vielen verfügbaren Attributionsmodelle ist am besten für Werbungtreibende geeignet? Hier haben sich in der Vergangenheit eine Vielzahl verschiedener Modelle herausgebildet, angefangen bei einfachen Modellen wie Last-Touch, First-Touch, linear oder positionsbasiert, bis bin zu komplexen Modellen wie benutzer- oder regeldefiniert. Doch bei der Wahl des passenden Modells gilt "Augen auf", denn nicht jedes Modell liefert auch die für Werbungtreibende relevanten Antworten.
In Deutschland setzen viele Brands auf die "Last-Touch-Attribution". Warum? Weil sie einfach zu definieren ist, in der Umsetzung keinen großen Aufwand verursacht und, weil das perfekte Multi-Touch-Modell noch nicht existiert. Doch die Last-Touch-Attribution stößt schnell an ihre Grenzen, wenn es um die Messbarkeit der gesamten digitalen Customer Journey geht. Denn wie bei einigen anderen einfachen Modellen wird nur ein einziger Kontaktpunkt belohnt; im Falle der Last Touch Attribution nur derjenige, der den letzten Kontakt vor der Conversion erzielt hat. Das ist, als schriebe man in einem 4x100-Meter-Staffellauf den gesamten Erfolg des Teams nur dem Läufer zu, der als Letzter das Staffelholz über die Ziellinie getragen hat. Kein Mensch käme auf die Idee, das für sinnvoll zu erachten.
Die Folge einer solchen Last-Touch-Attribution im digitalen Marketing: Alle Anbieter im digitalen Mediaplan konzentrieren sich auf das Retargeting, das in der Regel den letzten Kontakt erzeugt - ganz nach dem Motto "Bombt die User mit Anzeigen zu, bis sie endlich das Produkt oder die Dienstleistung kaufen". Und weil nur der letzte Kontakt belohnt wird, sehen die Partner auf dem Mediaplan auch keinen Mehrwert darin, User bereits zu Beginn der Customer Journey anzusprechen. Denn das Ergebnis wäre für sie bei einer Last Touch Attribution: Ihre Performance wird schlecht bewertet und sie werden vom Mediaplan gestrichen. Ergo kämpfen alle Anbieter um den letzten Kontakt. Daher muss die Frage erlaubt sein: Kann das wirklich das Ziel eines Werbungtreibenden sein? Und werden Budgets so wirklich sinnvoll eingesetzt?
Fazit: Die Branche muss lernen, umzudenken
Meine klare Meinung dazu: Die Branche muss lernen, umzudenken. Denn Werbungtreibende wollen (neue) Kunden und zusätzlich Umsätze. Was sie defacto bei der Fokussierung auf den letzten Kontakt vor der Conversion bekommen, sind eher "Klicker". Diese sind meist nicht identisch mit der Zielgruppe des Werbetreibenden wie wir aus der Untersuchung zahlreicher Kampagnen sehen. Und: Wir müssen lernen, die Effizienz der Kampagnen besser zu messen und entsprechende Entscheidungen für die Zuweisung der Werbebudgets treffen.
Der Weg zu mehr Transparenz und Effizienz ist nicht so steinig wie er scheint. Denn digitale Werbung ist so gut und leicht messbar wie keine andere Werbedisziplin. Jeder Kontakt kann transparent nachvollzogen werden - mit dem Einsatz der entsprechenden Technologie und einem zur Kampagne passenden Attributionsmodell. Erfolgreiche Kampagnen kombinieren Prospecting (Neukundengewinnung) und Retargeting (Ansprache bereits bekannter Kunden). Beide Taktiken ergänzen sich, funktionieren jedoch unterschiedlich und müssen daher auch unterschiedlich bewertet werden.
Das Image digitaler Werbung verbessern
Hier kann die Split-Funnel-Attribution einen wertvollen Beitrag leisten: Die Anwendung der Split-Funnel-Attribution erlaubt es Werbungtreibenden, den gesamten Pfad vom Erstkontakt bis zur Conversion zu betrachten und dadurch die Arbeit ihrer Mediapartner besser zu steuern. Richten sie ihren Blick beispielsweise auf die Anzahl der Erstbesuche auf einer Website und dann auf die Zahl der Besucher, die auch konvertieren, sehen Werbungtreibende sehr viel deutlicher die Bedeutung und den Beitrag von Prospecting für die Gesamtkampagne. Auch wird für den Werbungtreibenden klarer, wie viele Kontakte ein Nutzer bis zur Conversion benötigt und wie viel Retargeting er bei seinen Kampagnen einsetzen muss, um einen Nutzer letztlich zu konvertieren. So wird jeder Anbieter danach honoriert, welchen Anteil er an der Conversion hat, und wie gut er seine Aufgabe (Prospecting oder Retargeting) erfüllt - entsprechend gewinnbringend verteilen sich die Ausgaben, weil nicht mehr nur der letzte Kontakt das entscheidende Werbebudget für die Mediapartner bringt. Der positive Nebeneffekt: Verbraucher sehen im Idealfall weniger Werbeeinblendungen und wir schaffen es gemeinsam, das oft vorhandene negative Image digitaler Werbung zu verbessern, da überbordendes Retargeting eingedämmt wird.
Für die Zukunft gilt es, Attribitionsmodelle zu schaffen, die jeden einzelnen Einflusspunkt an jedem einzelnen Touchpoint übergreifend messen - unabhängig vom Medium, dem Conversion-Ort (offline oder online) und für jeden einzelnen User.