Die einst weltgrößte Computershow Cebit in Hannover wird eingestellt. Die Mitarbeiter würden zur Zeit informiert. Die Cebit versuchte in diesem Jahr nach drei Jahrzehnten einen Neuanfang mit einem "Festival"-Format.
Die einst weltgrößte Computershow Cebit in Hannover wird eingestellt. Die Mitarbeiter würden zur Zeit informiert, erklärte ein Unternehmenssprecher. Vom 24. bis 28. Juni hätte die Cebit im nächsten Jahr stattfinden sollen.
2018 hatten die Organisatoren der Deutschen Messe AG versucht, die Cebit als "Europas führendes Digital-Event" neu zu positionieren. Insgesamt lockte die Cebit in neuem Gewand aber nur 120.000 Menschen aufs Messegelände - noch einmal deutlich weniger als 2017 mit 200.000 Besuchern. Zu besten Zeiten um die Jahrtausendwende hatte die Messe bis zu 800.000 Besucher gezählt, dann ging die Kurve kontinuierlich nach unten.
Konkret wurde 2018 ein Neuanfang mit einem "Festival"-Format und einem späteren Termin im Sommer versucht. Die Messe war auf dem Gelände in neue Hallen umgezogen, im Zentrum des neuen Konzepts stand eine Art Campus unter dem Expo-Dach. Bei den Veränderungen ginge es vor allem darum, die 25- bis 35-Jährigen als neue Zielgruppe zu erreichen - als "Mitarbeiter und Digital-Entscheider der Zukunft", erklärte Messechef Oliver Frese damals.
Die alte und neue Cebit seien nicht zu vergleichen, betonte Frese Mitte Juni. Aussteller und Partner seien allesamt zufrieden gewesen. In wirtschaftlichen Zahlen spiegelte sich diese Begeisterung allerdings nicht unbedingt wider: Event statt Messe, Streetfood statt Bratwurst - das funktionierte offensichtlich nicht.
Rückläufige Flächenbuchungen
Inzwischen hat sich auch die Cebit selbst dazu geäußert. "Angesichts rückläufiger Flächenbuchungen für die Cebit 2019 bereinigt die Deutsche Messe ihr Veranstaltungsportfolio. Die industrienahen Digitalthemen der Cebit werden in der Hannover Messe weitergeführt, für die übrigen Themenfelder der Cebit sollen inhaltlich spitze Fachveranstaltungen entwickelt werden, die sich gezielt an Entscheider ausgewählter Branchen richten", so das Unternehmen.
Die technologische Entwicklung der vergangenen Jahre würden zeigen, dass eine Horizontalmesse wie die Cebit in der digitalen Wirtschaft zunehmend auf rückläufige Nachfrage stößt. "Da die Innovationsschritte durch die Digitalisierung vor allem in den Anwendungsbranchen greifen, ist Digitalisierung bei nahezu allen Branchenfachmessen das beherrschende Thema. Dies beeinflusst die Messepolitik der Unternehmen, die zu den klassischen Kernausstellern der Cebit gehören. Sie nutzen immer häufiger die Branchenmessen der Anwender als Plattform für Geschäftsanbahnung", so die Erklärung.
Ein Grund für den Rücklauf war auch hausgemacht: Die Cebit wollte sich zu den Hoch-Zeiten des Personal Computers immer wieder von den als "Beutelratten" verschmähten Privatbesuchern trennen und speziell auf Business-Kunden ausrichten. Unterhaltungselektronik wie Spielekonsolen war nicht mehr gern gesehen. Und nicht zuletzt zog auch die stetig wachsende Mobilfunkmesse Mobile World Congress nach ihrem Umzug nach Barcelona immer mehr Stammkunden aus der Telekommunikations-Branche aus Hannover ab.
Schlag ins Kontor für den Messestandort Hannover
Auch Bitkom-Präsident Achim Berg kommentierte die Entwicklung: "Unabhängig von der positiven Resonanz, die das neue Konzept fand, muss es sich natürlich auch für den Veranstalter rechnen". Markt und Messelandschaft hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt.
"Das ist ein Schlag ins Kontor für den Messestandort Hannover und damit für den gesamten Wirtschaftsstandort Niedersachsen", ergänzte der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt: "Die Cebit war für drei Jahrzehnte ein echtes Aushängeschild und hat maßgeblich zum Renommee der gesamten deutschen Informations- und Kommunikations-Wirtschaft beigetragen."
Zumal die Computershow 1986 - vor 32 Jahren - als Paukenschlag begann: Denn ihre Premiere wurde gleich von einem Todesfall überschattet. Der Computer-Unternehmer Heinz Nixdorf brach auf einer Messe-Party auf der Tanzfläche mit einem Herzinfarkt zusammen und starb. 1995 stimmte Microsoft-Gründer Bill Gates auf der Cebit auf das - damals - neue Zeitalter des Betriebssystems ein. Ein Jahr später war Windows 95 etabliert. Aber auch die Messe-Konkurrenz wurde stärker.
Für die Deutsche Messe AG sinkt die Bedeutung der Cebit auch in wirtschaftlicher Hinsicht schon seit Jahren. Das Unternehmen sei angesichts anderer starker Veranstaltungen und das wachsende Auslandsgeschäft "sicher und solide" aufgestellt, sagte Köckler. Die Marke Cebit will die Deutsche Messe im Ausland weiter nutzen. Ganz verschwindet die Cebit also nicht.
Oliver Frese geht
Die Entscheidung bedeutet zu guter Letzt auch einen tiefen Einschnitt für Frese: Der Messechef bat den Aufsichtsrat um Entbindung von seinen Aufgaben zum 31. Dezember - das Gremium erfüllte seinen Wunsch. Bernd Althusmann, Aufsichtsratschef und Niedersachsens Wirtschaftsminister, sprach von "Bedauern und Respekt". Es sei bedauerlich, einen so erfahrenen Messemacher zu verlieren, betonte der CDU-Politiker. Mit dem neuen Konzept der Cebit habe Frese "Mut, Innovationskraft und Pioniergeist" bewiesen.