
Daniel Neuhaus, CEO und Co-Founder emetriq
Daniel Neuhaus, CEO und Co-Founder emetriq
Daniel Neuhaus will sich nach Interactive Media und xplosion interactive nur noch um emetriq und sein Herzensthema Data Marketing kümmern. Im Interview erklärt er warum, und was die dmexco bringen wird.
Mit einem ehrgeizigen Ziel startete jüngst die neue Tochterfirma der Telekom emetriq: Zusammen mit den Top-Agof-Vermarktern will emetriq den größten Datenpool der deutschen Digitalwerbebranche aufstellen. CEO und Co-Founder Daniel Neuhaus - ehemaliges Mitglied der Geschäftsführung bei Interactive Media - wirft einen Blick zurück auf die turbulenten Entwicklungen.
Die Audience Discovery Platform (ADP), das Datenbündnis IDA - und nun emetriq. Alle Initiativen respektive Plattformen versprechen einen neuen Daten-Marktstandard. Wie sind da nun die genauen Zusammenhänge?
Daniel Neuhaus: Wir arbeiten schon seit gut 1,5 Jahren an der Umsetzung eines gemeinsamen Datenpools, bislang gab es aber noch keine eigene Marke für das Thema. Dies ist jetzt mit emetriq geschehen, unserer "Heimat der Intelligent Data Alliance". Wir betreiben das Datenthema künftig nur noch unter der Marke emetriq und bündeln darunter verschiedene Produkte. Die IDA ist damit ein Zusammenschluss an Partnern, die ihre Daten in einem kollaborativen Datenpool zusammenbringen. Diese Partner wiederum können Vermarkter, genauso aber auch Werbungtreibende sein. Dem Pool haben wir mit ADP einen Namen gegeben, aber eher als Projektbezeichnung. Intern nennen wir die technische Plattform als solche auch immer noch so, das hat aber in der Außenkommunikation keine Bedeutung mehr.
emetriq gehört also nur noch zur Telekom und hat mit Interactive Media so nichts mehr zu tun?
Neuhaus: Genau, die IDA ist aber auch kein Widerspruch zu Interactive Media. Denn zur IDA gehören Ad Audience, ihre Gesellschafter und Interactive Media. Diese bilden den Grundstock der Allianz. Für uns von emetriq ist es wichtig, als Teil der Telekom positioniert zu sein. Es war bislang zwar nicht nachteilig, unter der Interactive Media angesiedelt zu sein, die Kooperationsbereitschaft hat darunter nicht gelitten. Dennoch ist es sehr gut für uns, nun eine neutrale Position zu haben und nicht einem Vermarkter zugeordnet zu sein. Ich persönlich habe mich daher faktisch auch schon seit Monaten aus der Interactive Media zurückgezogen, denn es war klar, dass ich nicht auf zwei Stühlen bei zwei unterschiedlichen Gesellschaftern sitzen kann. Ich werde mich künftig nur noch auf emetriq konzentrieren. Auch für das Thema Retargeting bei xplosion interactive bin ich nicht mehr zuständig.
Thema dmexco: Bemerken Sie schon Unterschiede in Sachen Interessen und Kundenanfragen im Vergleich zum Vorjahr?
Neuhaus: Im Vorjahr hatten wir das Thema Daten zwar auch schon vorgestellt, der Fokus ist bedingt durch die aktuellen Änderungen in diesem Jahr aber ein ganz anderer. Aktuell kommen gut 90 Prozent der Anfragen von Advertisern. Im vergangenen Jahr kam das Interesse bei uns noch viel stärker von der Supply-Side. Man erkennt also, dass Werbungtreibende sehr viel weiter sind. Sie haben ein stärkeres Bewusstsein in Bezug auf die eigene Position in Sachen datengetriebene Werbung und bemühen sich vor allem auch selbst darum. Das heißt, das Thema Insourcing ist für Werbungtreibende ab einer gewissen Größe aktuell ein Thema, mit dem sie sich intensiv beschäftigen.
Warum sollte ich als Vermarkter zu emetriq gehen und nicht einen anderen Dienstleister nehmen?
Neuhaus: Die Frage dabei ist, welcher Dienstleister kann Ihre Vermarkter-Daten wirklich segmentieren? Und das mit einer besseren Qualität als die, die Sie bisher haben? Zudem muss dieser Dienstleister über wesentlich mehr Daten verfügen, als die, die Sie selbst haben. Denn man kann gesichert heute sagen, ein einzelner Vermarkter hat nicht genug Daten, um eine qualitativ brauchbare Segmentierung auf Basis dieser Daten durchführen zu können. Wir bieten Ihnen nun eine größere Reichweite, zudem sind Sie im Bereich des Cookie-Löschens schneller wieder in der Lage, valide Einschätzungen zu bieten. Ein weiterer Aspekt ist, dass Sie mit uns eine konsistente Standardisierung haben. Sie bekommen alle Zielgruppen, die Sie erreichen wollen, in einer einheitlichen Qualität.
"Zu viele Kampagnen laufen immer klassisch über garantiertes Inventar"
Gibt es Voraussetzungen für Partner?
Neuhaus: Ja, allerdings kann man diese nicht ganz über einen Kamm scheren. Ein potenzieller Partner im B2B-Bereich etwa hat nicht fünf Millionen Nutzer, sondern vielleicht 200.000. Das aber sind extrem valide Informationen, da die Grundgesamtheit derjenigen, die in Deutschland überhaupt dieser Kategorie zuzuordnen sind, einfach viel kleiner ist. Diese Informationen sind trotzdem wichtig für alle Pool-Teilnehmer. Insofern kann man auch auf einer deutlich geringeren Menge einen sinnvollen Mehrwert für alle Mitglieder des Pools stiften. Das ist eigentlich auch die simple Formel: Jeder, der daran teilnimmt, muss Daten einbringen, die dem gesamten Pool helfen, besser zu werden. Im Moment ist es daher noch einfacher Partner zu werden. Das wird mit der Zeit schwieriger, denn je mehr Partner es gibt, desto kleiner wird die Lücke an Daten, die noch fehlt.
Ist es überhaupt zwingende Voraussetzung Partner zu sein, um mit Ihnen zusammenzuarbeiten?
Neuhaus: Es ist natürlich unser Wunsch, aber es ist nicht absolute Bedingung. Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die keine Daten haben, die für den Pool relevant sind, aber trotzdem davon profitieren wollen. Diese beauftragen nun emetriq, in einem geschützten Bereich Informationen auf Basis ihrer eigenen Webseite über ein Skript, das diese dort einbauen, zu erfassen. Mittels Algorithmen werden dann die Merkmale typischer Interessenten oder Käufer ermittelt. Auf dieser Basis kann ich Lookalike-Modellierungen relativ klar erkennen und sehen, was den potenziellen Interessenten ausmacht. Wir berechnen dann durch diese Vergleichsanalysen auf Basis des gesamten Datenpools, wer alles potenziell in Frage kommt. Mit diesen eigenen Segmenten auf individueller Datenbasis kann das Unternehmen zu Vermarktern gehen und Kampagnen, die auf diesen Segmenten basieren, buchen. Der Unterschied bei einem Partner ist, dass dieser die Daten aus dem Pool selbst in die Systeme gespielt bekommt und dann vermarkterunabhängig ist. Er kann sich eine eigene Kompetenz in Sachen datengetriebene Werbung aufbauen.
Auf der dmexco ist Programmatic Branding ein großes Thema. Was werden da 2015 die Trends?
Neuhaus: Sonderformate nehmen weiter zu, was gerade in Deutschland eine wichtige Voraussetzung ist, um Programmatic Branding auf die nächste Stufe zu heben. Denn bei denjenigen, die wirkliches Brand-Marketing machen, sind Sonderformate ein Must-Have. Hier reichen nicht die Standard-IAB-Formate. Wir sehen aber ganz klar, dass gerade im Brand-Thema nicht nur die Preis-Schiene zählt, sondern es ist vielmehr wichtig, datenbasiert die richtigen User zum richtigen Zeitpunkt und mit der richtigen Frequenz anzusprechen. Für einen Brand-Marketer spielt die Einhaltung von Frequency-Caps eine ganz wichtige Rolle, das ist natürlich über Programmatic sehr gut möglich. Aber dazu müssen eben ein paar Grundvoraussetzungen gegeben sein, die notwendigen Daten müssen da sein und der Zugriff auf das entsprechende Inventar. Hier bewegt sich alles, aber in Quantensprüngen geht es nicht voran, es ist eher ein evolutionärer Prozess.
Ist es 2015 nun soweit, dass die Diskussion um RTB als reine Restplatzvermarktung Vergangenheit ist?
Neuhaus: Restplatzvermarktung ist es sicher nicht mehr. Aber es ist schon noch so, zumindest aus meiner Sicht, dass nicht alle Reichweiten im programmatischen Bereich landen. Zu viele Kampagnen laufen immer noch im klassischen Sinne über garantiertes Inventar und garantierte Buchungen, in einem relativ hochpreisigen TKP-Bereich. Natürlich bekommen die SSP-Systeme immer mehr AdServer-Funktionalitäten, so dass es sukzessive auch technisch in Richtung eines Systems wandert. Dann ist es deutlich einfacher, beide Aspekte miteinander zu kombinieren. Aktuell haben wir weiterhin zwei Systeme: also die Kampagnen, die über einen reinen AdServer laufen und die, die über eine SSP ausgeliefert werden. Das hat das zwar nichts mit Restplatz zu tun, aber irgendeine Priorität muss zwischen beiden vergeben werden. Wie ich das im Moment einschätze, ist das im Regelfall immer die Adserver-Kampagne. Von rein über Gebotsmechaniken verkaufter Media sprechen wir noch lange nicht.