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Soziale Netzwerke Social Media Monitoring als Zukunftschance

Fotolia.com/Burak Cakmak
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Social Media Monitoring steht in fast jedem Strategieplan für die digitale Unternehmenskommunikation. Doch viele wissen gar nicht, was damit alles erreicht werden kann.

Manchmal muss es erst richtig knallen: ­Eine Kommunikationskrise kann ­bewirken, dass sich ein Unternehmen Gedanken über ein wirkungsvolles Monitoring der sozialen Kanäle macht. Shitstorm-Prävention ist dabei nur ein Nebenaspekt von Social Media Monitoring (SMM).

Empörungsstürmen vorzubeugen ist paradoxerweise in der Praxis nicht nur ein Argument für das Monitoring, sondern oft auch dagegen: "Wir könnten damit eine Kommunikationskrise früher auf uns ­zukommen sehen und schon vor einer Eskalation Gegenmaßnahmen einleiten", wird zwar durchaus als wichtiges Argument wahrgenommen, ohne eine konkrete eigene Erfahrung wiegt es jedoch oftmals nicht die Kosten und den Aufwand für SMM auf.

"Verhindern lässt sich damit ein Shitstorm also nicht unbedingt?", lautet häufig die letztlich zur Ablehnung führende ­Frage aus der Chefetage.

Dabei gibt es überraschend viele andere Gründe, sich mit Social Media Monitoring zu befassen. Relativ nahe an der Krisenprävention liegt  zum Beispiel die Überwachung der Reputationsentwicklung. Die Gespräche über eine Marke oder ein Unternehmen werden hier im digitalen Raum beobachtet, erfasst und ausgewertet.

Im Prinzip ist das nichts anderes als das klassische Presse-Clipping, nur mit zwei wichtigen Unterschieden: Zum einen werden keine Zeitungsausschnitte gesammelt, sondern digitale Erwähnungen auf vielen verschiedenen Plattformen, und zum anderen ist die Zahl der Treffer heute deutlich höher, weil im digitalen Raum auch Kunden- und Interessentengespräche berücksichtigt werden. Die gesammelten Daten lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten und Zielsetzungen auswerten.

Social Media Monitoring als Einsatz zur Kundengewinnung


Wer potenzielle Kunden und ihre Bedürfnisse erkennt und aufmerksam zuhört, kann mit einem passenden Angebot zum richtigen Zeitpunkt neue Kunden für sich gewinnen. Das funktioniert immer dann gut, wenn ein Angebot zu einer Problemlösung beiträgt.

Statistik über Teilhabe von Unternehmen an Kommunikation im Social Web
BVDW Social Media Kompass 2014/2015

Perfekt angewendet wurde dieses Prinzip beispielsweise vom US-amerikanischen Unternehmen Corning. Der Hersteller von Spezialgläsern für Mobilgeräte suchte aktiv nach neuen B2B-Kunden für sein als „Gorilla Glass“ bekannt gewordenes robustes Glas für Displays und Touchscreens.

Dazu wurde bei Corning ein ­Social Media Monitoring aufgesetzt und speziell nach Fällen gesucht, in denen Konsumenten von gesprungenen Displays bei ihren Smartphones oder Tablets ­berichten. Die Treffer wurden den Herstellern und Gerätetypen zugeordnet und nach Auffälligkeiten untersucht.

War dann ein bestimmtes Gerät überdurchschnittlich oft betroffen, machte Corning den Hersteller darauf aufmerksam und lud ihn gleichzeitig zum Test der eigenen bruchsicheren Spezialabdeckgläser ein. Der besondere Clou: Oft wussten die Gerätehersteller selbst noch gar nicht, dass es bei einem ihrer Geräte ein Problem gibt. Die mitgelieferten Daten aus dem Monitoring belegten den Bedarf an einer Lösung und halfen bei der Akquise.

Social Media Monitoring als Produktentwicklungschance

Problemerkennung ist nicht nur für die Gewinnung neuer Kunden nützlich, sondern auch für die eigene Produktentwicklung. Negative Erwähnungen von Kunden bei Facebook, Twitter & Co. sind für die beteiligten Unternehmen auf den ersten Blick nicht gerade schön, doch sie bergen ein enormes Potenzial.

Jede Beschwerde ist zugleich auch ein Feedback, das, richtig genutzt, dazu beitragen kann, das ­erwähnte Produkt zu verbessern. ­Social Media ist dabei aktueller als herkömmliche Support-Kanäle, denn oft suchen Konsumenten hier zuerst Hilfe, wenn sie ein Problem mit einem Produkt haben.

Die Hersteller bekommen auf diese Weise gleich eine doppelte Chance: Zum einen können sie auffällige Häufungen erkennen und dann die Produktion optimieren, und zum anderen können sie direkt punkten, indem sie sich bei den Kunden melden und selbst Hilfe anbieten.

Eine wichtige Funktion von Social Media Monitoring ist die Identifizierung und Nutzung von Trends und Trendthemen. Im Marketingbereich darf dabei auch gern mal "um die Ecke“ gedacht werden, so wie es beispielsweise der Schokoladenhersteller Ritter Sport getan hat.

Kurz nach der Markteinführung des iPhone 6 Plus kursierten Videos im Netz, die zeigten, wie einfach sich das neue Smartphone von Apple verbiegen lässt. Das Phänomen wurde unter dem Hashtag #bentgate schnell zum Trend bei Twitter und anderen sozialen Netzwerken.

Ritter Sport nutzte diesen für eine virale Kampagne mit dem Slogan "Knicken statt biegen! – Wer braucht

Ritter Sport Schokolade wird geknickt

Ritter Sport: Das Gerede um iPhones, die sich verbiegen lassen, griff der Schokoladenmacher mit mildem Spott auf – und landete einen Lacher auf seinen Social Media Kanälen

Ritter Sport

schon eine Biege-Funktion, wir knicken direkt“. Solch ein „Schadenfreude-Marketing“ funktioniert dann besonders gut, wenn man diese Möglichkeit noch vor allen anderen entdeckt und vor diesen für sich zu nutzen weiß.

Wichtige Vorteile von Social Media ­Monitoring liegen beispielsweise auch in der Datengenerierung in Echtzeit sowie in der Unabhängigkeit von Branchendiensten. Richtig aufgesetzt erhält ein Unternehmen einen detaillierten Marktüberblick, der viele Einsatzmöglichkeiten bietet.

Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel des japanischen Elektronikriesen Sony. Im stark umkämpften Markt für ­E-Book-Reader suchte Sony 2010 nach ­einer gewinnträchtigen Nische, die von anderen Herstellern noch nicht belegt war.

Während das Marktforschungsunternehmen Nielsen die wichtigste Zielgruppe als jung und männlich bezeichnete, zeigte das Monitoring im Themen-Cluster E-Book-Reader eine auffällige Häufung für „Mom“. Das Marketing konzentrierte sich daraufhin auf Frauen, vor allem Mütter, und ­setzte sich damit von der Masse ab.

Was für Sony in diesem Fall einige Jahre ganz gut funktionierte, ist derzeit schon wieder überholt. Sony zieht sich aus dem Consumer-Geschäft zurück und konzentriert sich auf das lukrativere Geschäft mit Businesskunden. Ob auch hier wieder Monitoring eine Rolle spielte, ist allerdings nicht bekannt.

Social Media Monitoring zur Erkennung von Influencern

Sony E-Book-Reaker

Sony: Marktforscher hielten E-Book-Reader-Käufer für jung und männlich. Social Media Monitoring ergab, dass auch Mütter eine Zielgruppe sind.

Sony

Um im zunehmenden Rauschen im ­Social Web auch weiterhin gehört zu werden, ­setzen immer mehr Unternehmen und Marken auf die Wirkung von Influencer Marketing. Eine der größten Einstiegshürden stellt hier das Erkennen der Influencer dar: Wer genau beeinflusst die Meinung der Konsumenten über eine Marke und deren Produkte?

Die Suche nach diesen Personen gestaltet sich mit herkömmlichen Mitteln sehr aufwendig, da beim Start noch nicht einmal klar ist, auf welchen Plattformen sie kommunizieren. Die Anbieter von Social Media Monitoring Tools wissen um diese Problematik und haben den Funktionsumfang ihrer Produkte mittlerweile entsprechend ergänzt.

So wird bei den meisten Tools nicht nur angeboten, die Meinungsführer in einer Branche, bei einem Thema oder Event herauszufinden, auch die nächsten Schritte werden geplant: Anbindungen an das CRM und Erfolgsmessung der Marketingmaßnahmen.

Komplett automatisieren lässt sich das Influencer Marketing allerdings noch nicht. Mit Social Media Monitoring können letztlich nur quantitative Daten gesammelt werden, die erste wichtige Anhaltspunkte ­geben, aber noch qualitativ ausgewertet werden müssen. Zwar bieten viele Monitoring-Werkzeuge bereits eine Sentiment­analyse an, die Fundstellen inhaltlich bewertet, doch die Fehlerquote ist dabei noch zu hoch.

Äußert sich eine Person sehr häufig über ein Unternehmen, so muss dies nicht unbedingt positiv sein, sondern kann auch eine negative Tonalität aufweisen. Schwierig wird es etwa bei fehlenden Negativindikatoren, wie dies beim Stilmittel der Ironie häufig vorkommt. Das Monitoring funktioniert in diesem Zusammenhang wie ein erster Filter, der umfangreiche Daten auf ein Maß reduziert, mit dem Marketingverantwortliche händisch weiterarbeiten können.

Social Media Monitoring kann ein wertvolles Mittel sein, doch die Datenerhebung allein nützt noch nichts. Bleibt es beim passiven Reporting, verpuffen potenziell vorhandene Vorteile umgehend. Schon vor dem Einsatz von Social Media Monitoring sollten sich die Unternehmen daher grundlegend Gedanken über die Integration in die wichtigsten Unternehmensprozesse machen.

Dazu gehört die Überlegung, auf welche Fragen das Monitoring Antworten liefern soll. Nur so ist ein zielgerichteter Einsatz und eine Überführung in die ­Unternehmens-DNA gewährleistet. Wie Unternehmen das optimale SMM-Tool für ihre Bedürfnisse finden, lesen Sie im zweiten Teil dieser Serie.

 
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