
EU-Kommission gegen Netzneutralität Bevorzugung ausdrücklich erlaubt
Netzneutralität sieht anders aus: Die EU-Kommission will laut einem Entwurf für die Regulierung des europäischen Telekommunikationsmarktes die bevorzugte Übermittlung bestimmter Inhalte ausdrücklich erlauben.
Das Thema Netzneutralität sorgt ohnehin für ständige Diskussionen. Jetzt gießt die EU-Kommission Öl ins Feuer - mit einem Entwurf für die Regulierung des europäischen Telekommunikationsmarktes, den der Blog Netzpoilitik.org veröffentlicht hat. Dem Entwurf zufolge will die EU-Kommission die bevorzugte Übermittlung bestimmter Inhalte durch die Internetprovider ausdrücklich zulassen. Content-Anbieter und Provider hätten demnach das Recht, den Umgang mit Volumentarifen der Kunden und der Übertragung von Daten unterschiedlicher Qualitätsklassen untereinander zu regeln (Artikel 20, Abs. 1).
Darüber hinaus soll den EU-Plänen zufolge die Einschränkung der "Ausübung der Freiheiten" durch nationale Regelungen verboten werden. Damit wäre die Verordnung, die die Bundesregierung plant, hinfällig. Denn diese soll den Providern untersagen, entgeltliche Vereinbarungen mit Inhalteanbietern abzuschließen, "die darauf abzielen, Endnutzern einen bevorzugten Zugang zu deren Inhalten und Anwendungen zu ermöglichen".
Netzneutralität besteht nach EU-Verständnis lediglich darin, dass die Nutzer "Informationen und Inhalte erlangen und verbreiten, Anwendungen und Dienste ihrer Wahl nutzen" dürfen. Außerdem dürfen sie Verträge mit den Providern über Datenvolumen, Übertragungsgeschwindigkeiten und "allgemeine Qualitätseigenschaften" abschließen. Innerhalb der Vereinbarungen zu Volumen und Geschwindigkeit wäre es den Providern den Plänen der EU zufolge untersagt, ein inhaltliches Traffic-Management vorzunehmen (Artikel 20, Absatz 2). Allerdings müssen die Provider den Umfang, den Spitzenlastwert und den Durchschnitt der Übertragungsgeschwindigkeit angeben. Sie müssen also detaillierte Angaben zur Angebotsqualität und den Einschränkungen ihrer Dienste machen (Artikel 21).
Der endgültige Entwurf der EU-Kommission soll im September 2013 vorgestellt werden. Danach dürfte auch im Europaparlament heftig debatiert werden. Während netzpolitische Organisationen der EU-Kommissarin Neelie Kroes vorwarfen, sie würde ihre eigenen Aussagen ad absurdum führen, nachdem sie sich zuletzt gegen die Blockade und Drosselung von Internetdiensten ausgesprochen hatte, dürften die deutschen Telekommunikationsanbieter Gefallen an dem Entwurf finden. Der Branchenverband Bitkom hatte den Entwurf der Bundesregierung vor Kurzem als "regulatorischen Schnellschuss" und "kontraproduktiven Eingriff in den Wettbewerb" bezeichnet.
In den USA zahlen die IT-Konzerne Microsoft, Google und Facebook Netzbetreibern mehrere Millionen US-Dollar für eine bevorzugte Datendurchleitung.
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