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Symbole kommen aus dem Smartphone

Point-of-Sale-Technologie Beacons fehlt es noch an Reichweite

shutterstock/ra2studio
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Wie reagieren Verbraucher auf die Beacon-Technologie? Nachdem im vergangenen Jahr einige Testanwendungen in verschiedenen Firmen starteten, liegen nun die ersten Resultate vor.

Der Hype um die Beacon-Technologie ist - gefühlt - wieder etwas abgeflaut. Nachdem im vergangenen Jahr ständig neue Beacon-Projekte angekündigt wurden, liegen nun die Ergebnisse von ersten Anwendungen vor. Das Fazit ist ernüchternd, denn die kleinen Sender erreichen bislang nur sehr wenige Konsumenten mit Werbung.

Beacons sind kleine "Leuchtfeuer", die Signale an Smartphones schicken. Wenn sich Konsumenten in der Nähe der Sender aufhalten, können Unternehmen ihnen über eine mobile App Push-Nachrichten übermitteln. Doch es sind hohe technische Voraussetzungen zu erfüllen, damit die Werbebotschaft eines Händlers oder einer Marke ihren Weg auf den mobilen Bildschirm findet: Die Verbraucher müssen ­eine mobile App installiert haben, die mit dem jeweiligen Beacon kommuniziert. Bluetooth muss auf dem Gerät aktiviert sein, weil die Nachricht auf diesem Funkweg übermittelt wird. Überdies muss eine Einwilligung vorliegen, dass Push-Nachrichten empfangen werden dürfen.

Doch selbst wenn all dies gegeben ist, sind viele Smartphones schlicht zu alt für den Empfang von Beacon-Signalen. Und das sind nur die technischen Bedingungen. Ob die Person die werbliche Information auch wirklich sehen will, ist dabei noch nicht berücksichtigt. Eine Umfrage unter knapp 1.590 Nutzern der Verbraucher-App Barcoo hat ergeben, dass 32 Prozent der Befragten Push-Nachrichten zulassen. Knapp 47 Prozent lehnen dies ab, der Rest sagt "ich weiß es nicht". Die häufigsten Gründe für die Einwilligung sind die Erwartung, relevante ­Informationen zu erhalten oder auf neue Produkte aufmerksam gemacht zu werden, sowie die Hoffnung, durch Rabatte sparen zu können. Nutzer, die keine Push-Nachrichten zulassen, begründen dies mit dem Gefühl der "Belästigung" und mit ­Bedenken, zu viele Nachrichten zu bekommen.

Barcoo hatte 2014 den Dienst "Barcoo Beacons" gestartet. Ladenbetreiber können ihre Filialen für 50 Euro pro Monat "Beacon-fähig" machen. Barcoo installiert die kleinen Sender, übernimmt die Wartung und die Umsetzung der Kampagnen. Der Mymuesli-Laden am Münchner ­Viktualienmarkt war der erste Partner, der von Barcoo mit der Beacon-Technologie ausgestattet wurde. Max Wittrock, Geschäftsführer der ­Mymuesli GmbH, zieht nach einem Jahr Bilanz: "Wir sind große Fans der Beacon-Technologie, aber man muss vorab immer sagen: Diese Point-of-Sale-Technologien wie ­Beacons stecken noch in den Kinderschuhen."

Er geht davon aus, dass die Beacon-Technologie an Relevanz gewinnen werden, erklärt aber auch, dass bisher erst wenige Kunden den Service nutzen. Die Umfrage unter Barcoo-Anwendern hat ergeben, dass nur 12 Prozent schon einmal eine Push-Nachricht von einem Geschäft erhalten haben, als sie gerade dort waren.

Homöopathische Dosis

Die Haltung der Konsumenten werde in der Beacon-Diskussion häufig außer Acht gelassen, findet Tobias Dupuis, Leiter Marketing & PR beim Location-Based-Services-Anbieter Gettings. Gettings hatte im zweiten Halbjahr 2014 ein Pilotprojekt mit 140 Beacons bei 72 Partnern in der Düsseldorfer Innenstadt durchgeführt. Als Schwäche der Beacon-Technologie sieht der Mobile-Marketing-Anbieter die geringe Reichweite: Von den 4.000 potenziellen Gettings-Nutzern, die im Raum Düsseldorf die technischen Herausforderungen erfüllt und ihre Einwilligung zur Beacon-Benachrichtigung gegeben hatten, wurden 2.000 erreicht.

Die anderen hielten sich vermutlich einfach nicht in der Nähe der Test-Beacons auf. Die Nettoreichweite werde aufgrund der Hürden ­relativ schnell klein. "Das war eine ­ernüchternde Erfahrung", meint Dupuis.

Beacon-Technologie noch in den Kinderschuhen

User, die über die Beacon-Technologie angesprochen wurden, reagierten jedoch schnell. Jeder Fünfte klickte unmittelbar nach Erhalt auf die Push-Nachricht, 33 Prozent wurden innerhalb von fünf Minuten aktiv, nachdem die Werbung auf ihrem Smartphone gelandet war. Ob die Interaktion mit den Werbebotschaften so engagiert bleibt, wenn ihre Frequenz in Zukunft zunehmen wird, ist jedoch fraglich.

Barcoo Beacons in Action

Barcoo

Gettings-Geschäftsführer Boris Lücke kommentiert, dass die Beacon-Technologie künftig noch einer höheren Nutzerakzeptanz und einer weiteren technischen Durchdringung bedürfe. Ein Ergebnis des Pilotprojekts: Gettings vertreibt Beacons nicht proaktiv. "Die Beacon-Technologie ist nicht unser Kerngeschäft. Unser Sales wird das erst einmal nicht forcieren", sagt Dupuis.

Eine ähnliche Erfahrung wie Gettings hat auch Pascal Hohmann, Head of Innovation bei der Unit Red, der digitalen ­Strategieberatung der Media-Agentur MEC, gemacht. Er betreute eine Couponing-Kampagne von L’Oréal, die testweise auch über die Beacon-Technologie ausgeliefert wurde. Für dieses Experiment nutzte L’Oréal den "Open Playground", ein Beacon-Testfeld des Außenwerbers Ströer, der Deutschen Bahn und des Beacon-Herstellers Sensorberg im Düsseldorfer Hauptbahnhof. Agenturen und Werbungtreibende konnten dort kostenfrei eigene Kampagnen via Beacon-Technologie testen und Lösungen erproben.

Für die L‘Oréal-Kampagne wiesen Werbe-Videos auf digitalen Bildschirmen die Passanten auf die Couponing-Aktion hin. Über die Verbraucher-App Barcoo wurden die Push-Nachrichten versendet, das Einlösen der Gutscheine ("Clearing") fand in Kooperation mit dem Coupon-Anbieter Coupies statt. "Die Response ­Rate war gut, die Einlöse-Rate der Gutscheine vergleichsweise gering", berichtet Hohmann. Er bestätigt die Erfahrung von Sport Scheck, dass mit der Beacon-Technologie bislang erst wenige Menschen erreicht werden. "Beacons sind kein Reichweitenthema", sagt Hohmann.

Aus seiner Sicht müssen drei Komponenten für einen Erfolg versprechenden Einsatz der Beacon-Technologie zusammenkommen: eine starke Marke, die den Dialog sucht, eine App mit entsprechender Reichweite und Locations mit entsprechender Frequenz. Ganz wichtig sei jedoch, für die Kunden einen Mehrwert zu schaffen. Kunden nehmen den kontextbezogenen Dialog über die App gut an, ist Hohmann überzeugt. Wer beispielsweise länger vor einem Regal stehe, könnte via Beacon-Technologie Hilfe bei der Produktauswahl angeboten bekommen und über Inhaltsstoffe oder die richtige Anwendung informiert werden.

Nutzerorientierte Beacon-Kampagnen aufzusetzen ist komplex. Christian von den Brincken, Geschäftsführer Business Development bei Ströer, kam nach Abschluss des Open Playgrounds im Mai 2015 zu dem Schluss, dass sich die Technologie derzeit schneller entwickelt als die Planungsprozesse in den Agenturen und bei Werbungtreibenden. Das Interesse an der Beacon-Technologie sei jedoch vorhanden.

Persönliche Ansprache via Beacon-Technologie

Barcoo-Geschäftsführer Benjamin Thym berichtet, dass sein Unternehmen schon über 1.000 Locations mit der Beacon-Technologie ausgestattet hat, darunter Filialen von Sport Scheck und der Supermarktkette Real. Für Thym liegt die Zukunft der Beacon-Technologie darin, die Nutzer individueller ­anzusprechen. Künftig werde eine ­echte Personalisierung und Segmentierung möglich sein, ist er überzeugt.

Voraussetzung dafür ist der Zugriff auf Nutzerdaten. Und kaum ein anderes ­Unternehmen dürfte so viel über die Vorlieben seiner Nutzer wissen wie Facebook. Gerade hat das soziale Netzwerk angekündigt, lokalen Geschäften und Institutionen in den USA kostenlos Beacons bereitzustellen. Die Beacons senden ein Signal an die mobile Facebook-App und zeigen Nutzern "Place Tips" (Ortstipps). Place Tips sind ein neuer ortsbezogener Service von Facebook, mit dem Unternehmen ihre Kunden direkt im Geschäft mit Informationen versorgen können. Wenn sich Place Tips in Verbindung mit der Beacon-Technologie etabliert, könnte dies das Reichweitenproblem lösen, denn sehr viele Facebook-Nutzer greifen (auch) mobil auf das soziale Netzwerk zu.

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