
Kleine Kickbacks, große Wirkung
Agenturen und Vermarkter beurteilen das Provisionsmodell von Google skeptisch.
Die Ankündigung von Google,Werbetreibenden und Agenturen die Displaywerbung bei
Youtube & Co. mit Vergünstigungen zu versüßen und so sein schleppendes Displaygeschäft zu pushen (INTERNET WORLD Business 23/08) blieb nicht ohne Reaktion. Der Arbeitskreis SEM im Bundesverband Digitale Wirtschaft etwa begrüßt die Entscheidung, verfällt aber nicht in "blinde Euphorie, da die zu erreichenden Ziele sicherlich für einige Agenturen eine Herausforderung darstellen, um überhaupt an dieser Kickbackregelung partizipieren zu können".
Ins gleiche Horn stößt Klaus Ulbricht: "Die Budgetuntergrenze und die Mindestanzahl von Kunden halte ich für zu hoch, zumal viele Kunden Display- und Video-Anzeigen bislang noch gar nicht nutzen und daher erst langsam mittels Testkampagnen mit kleineren Budgets an die Materie herangeführt werden müssen“, so der Managing Director der Full-Service-Agentur für interaktives Marketing Spacedealer. Hinzu kommt: Bisher existiere auch nicht annähernd ausreichendes Studienmaterial hinsichtlich der Conversion Rate dieser Werbeformen im Google-Content-Netzwerk unter Performance-Gesichtspunkten. Google habe zwar versprochen, solche Studien in den Briefing-Materialien nachzuliefern, aber: "Agenturen, die ihre Kunden in verantwortlicher Art und Weise durch vorsichtiges Testen an das Thema Video- und Displaywerbung heranführen wollen, könnte somit ein Einstieg in das Partnerschaftsprogramm erheblich erschwert werden“, so Ulbricht. Daher werde es eher schwieriger, das Thema bei den Agenturkunden zu verankern und unter Performance-Kriterien relevant zu machen.
Das Vergütungsmodell
Nach der INTERNET WORLD Business vorliegenden Informationen besteht das Vergütungsmodell aus zwei Teilen: Zum einen wird prozentual nach Schaltvolumen, das in Display- und Video-Anzeigen fließt, rückvergütet. Zum anderen erhält die Agentur einen prozentualen "Kickback“. Dieser bemisst sich wiederum an der Anzahl ihrer Kunden, die Budget in Display- und Video-Anzeigen verschalten. Jenseits von Aspekten wie Conversion oder Art und Höhe der Vergütung muss Google generell im Displaybereich erst einmal seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen (s.u.). Selbes gilt auch für die vermarkteten Produkte:Nicht wenige Stimmen im Markt beurteilen beispielsweise Youtube als unattraktiv.
Und wie beurteilen die Media-Agenturen die monetäre Charmeoffensive? Schließlich hat der Suchmaschinenprimus die Agenturen schon einmal als verlängerten Vertriebsarm (aus)genutzt. "Nachdem die SEM-Spezialagenturen Google den Weg in den deutschen Markt bereitet hatten, distanzierte sich der Monopolist sukzessive von ihnen und begann erst Netzwerkagenturen und dann Kunden direkt anzusprechen“, erinnert sich Wolfgang Bscheid, Geschäftsführer von Mediascale. Dann wurden die Agenturprovisionen abgeschafft. Plant Google ein ähnliches Szenario bei der Displaywerbung? Bscheid: "Ebenso wie viele andere Agenturen, reagiert Mediascale auf das neue Rabattmodell zunächst mit Zurückhaltung.“ Wahrscheinlich sei aber, dass viele SEM-Spezialagenturen auf das Angebot eingehen würden oder müssten, "da sie sowohl auf Google als auch auf die neuen Umsätze über das Displaygeschäft angewiesen sind und wohl keine andere Möglichkeit haben“.
Sascha Jansen, Managing Director von Zed Digital, sieht nicht ganz so schwarz: „Agenturen erfüllen im Mediabusiness wichtige Funktionen.“ Dies wisse Google. Google geht es – und davon kann man bei börsennotierten Unternehmen immer ausgehen – um Shareholder Value. Dem ist man verpflichtet. Kurzfristig und langfristig.Hier ist Google nicht "evil“, aber niemand kann erwarten, dass sich Google wie ein gemeinnütziger Förderverein verhält.