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Pokémon Go Auto
Security 13.07.2016
Security 13.07.2016

Kommentar Pokémon-Go-Debatte: Armutszeugnis für Datenschutz

Mit der Augmented-Reality-App Pokémon Go können Pokémon jetzt auch unterwegs und ohne Gameboy gefangen werden.

Shutterstock.com/Syafiq Adnan

Mit der Augmented-Reality-App Pokémon Go können Pokémon jetzt auch unterwegs und ohne Gameboy gefangen werden.

Shutterstock.com/Syafiq Adnan

Der Aufschrei in der Medien- und Tech-Branche war groß, als die vermeintlichen Zugriffsrechte seitens Google auf Pokémon Go bekannt wurden. Den Nutzern aber geht es primär ums Spielen. Sollte uns das erschrecken?

Niantic, der Entwickler hinter der Hype-App Pokémon Go, hat Zugriff auf sämtliche Daten, wenn der Nutzer sich mit seinem Google-Account anmeldet. Aufschrei - zumindest unter den Techies und Journalisten. Das muss doch eine Nachricht sein, die die Nutzer interessiert, dachte man sich in zahlreichen Redaktionen.

Obwohl sich Niantic inzwischen zu den Vorfällen geäußert hat, Fehler und Schludrigkeiten einräumt und garantiert, dass Google das Daten-Leck schnell schließen wird, bleibt die Frage, ob sich die Nutzer überhaupt dafür interessieren, was Werbungtreibende und Unternehmen mit der Hilfe von Account-Daten anstellen können.

Schließlich räumt Niantic in den eigenen Datenschutzrichtlinien höchstpersönlich ein, dass auch weiterhin Daten gesammelt und diese, wenn auch anonymisiert, an Drittanbieter zur Profilerstellung und Analyse weitergegeben werden.

Zwischen Leichtsinn und Unwissen

Die Reaktionen auf Sozialen Netzwerken wie Facebook waren aus Datenschutz-Perspektive sehr ernüchternd.

Kommentar Pokemon Go

Facebook

Da wird von Jugendlichen und Erwachsenen gesagt, dass es ihnen egal ist, wer was mit welchen Daten macht und warum er sie sammelt. Manchmal findet sich hinter dem Post ein lachender oder vor Freude weinender Smiley. Das beruhigt - und zeigt, dass nicht jede Aussage ernst gemeint ist.

Vereinzelt gibt es sogar ernsthafte Sorgensbekundungen:

Kommentar Pokemon Go 1

Facebook

Die breite Masse fragt allerdings ein wenig blauäugig, warum denn Google Interesse an den Daten einer einzelnen Person haben sollte. "Seid ihr dermaßen beschäftigt und wichtig, sodass ihr wirklich Verlust von schwerwiegendem geistigen Eigentum fürchten müsst?", fragt da ein User.

Dringender Bedarf an digitaler (Aus-)Bildung

Dass es in Wirklichkeit nicht um die Relevanz einer einzelnen Person geht, sondern um die Werbeindustrie, mit der Google, Facebook und Co ihr Geld verdienen, kommt in den Debatten im Netz kaum jemand in den Sinn.

Gerade die jugendlichen Nutzer haben offenbar eine "Mir egal"-Einstellung zu den eigenen Daten entwickelt. Es geht nur darum, endlich das neueste Spiel zu haben oder Zugriff auf erweiterte Features zu bekommen.

Und selbst wenn diese Erkenntnis nicht neu ist - das ist mir durchaus bewusst - so bleibt doch die Frage nach unserer Zukunft. Wenn es den jungen Nutzern schon heute egal ist, was die Internetgiganten mit ihren Daten machen und die Facebooks und Googles dieser Welt durch diese Einstellung noch leichter an Daten kommen und dadurch noch mächtiger werden, wie soll die nächste Generation dann überhaupt noch ein Bewusstsein für die eigenen Daten erhalten? Von ihren potenziellen Eltern auf jeden Fall nicht.

Die Pokémon-Go-Debatte veranschaulicht mal wieder, wie erschreckend es um die digitale Bildung in unserer Gesellschaft bestellt ist. Was ein Cookie ist, wissen vielleicht noch vereinzelt Personen. Wenn es dann aber ums multi-dimensionale Tracking geht, an dem sogar ausgewiesene Experten zu knabbern haben, scheitert die digitale Kompetenz endgültig. Das darf nicht sein!

Wenn wir verhindern wollen, dass wir irgendwann vollkommen blind für Beeinflussung sind und jede Aussage der Digital-Konzerne glauben, brauchen wir eine bessere Digital-Erziehung. Und zwar jetzt!

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