
Mobile-Strategie Zalando: "Wir möchten ein Shopping-Erlebnis schaffen"
Christoph Lütke Schelhowe, Vice President Costumer Experience Zalando
Christoph Lütke Schelhowe, Vice President Costumer Experience Zalando
Neue Pläne für den Mobile-Bereich und Veränderungen in der Customer Experience: Christian Drehkopf und Christoph Lütke Schelhowe von Zalando erklären die neue Strategie des Modehändlers.
Mobile Shopping nimmt stetig zu - Zeit für Unternehmen und Werbungtreibende ihre Strategien entsprechend anzupassen. Auch Zalando rüstet auf. Wie genau die neuen Pläne des Modehändlers aussehen, erklären Christian Drehkopf, Head of Mobile Applications, und Christoph Lütke Schelhowe, Vice President Customer Experience.
Welche strategische Rolle spielt Mobile für Zalando?
Christoph Lütke Schelhowe: Mobile ist für unsere Strategie sehr wichtig, weil sich die Kundenbedürfnisse und das Kaufverhalten der User dahingehend verändern. Im vierten Quartal 2014 hatten wir 48 Prozent mobile Traffic in unseren Shops und die Entwicklung ist linear. Heutzutage hat fast jeder ein Smartphone. Es hat sich zu einem sehr persönlichen und allgegenwärtigen Gegenstand entwickelt. Wir leben mittlerweile in einer Cross-Device-World, wodurch sich ein neues Medienverhalten bei den Kunden entwickelt hat. Das wiederum beeinflusst natürlich auch das Shoppingverhalten und es ist essentiell, unsere Kunden hier abzuholen. Unser klares Ziel für 2015 lautet deshalb "Mobile First". Und das bedeutet nicht nur, dass unsere Kunden mehrheitlich über ein Mobilgerät zu uns kommen, sondern dass wir sämtliche Prozesse vom Mobile-Ansatz her denken.
Was ist 2015 im Mobile-Bereich bei Zalando geplant?
Christian Drehkopf: Mittels verschiedener Studien haben wir untersucht, wie das mobile Nutzerverhalten unserer Kunden im Alltag aussieht. Zudem haben wir unsere Zahlen in diesem Bereich sehr genau angeschaut. 2015 müssen wir klar umdenken. Momentan hat Zalando sehr viele Kunden, die aber nicht jeden Tag zu uns kommen. Aus diesem Grund fokussieren wir uns ganz stark auf das Engagement unserer Nutzer. Es geht nun nicht mehr vorrangig um Conversion, sondern wir wollen unsere Kunden langfristig als Modeexperte durch ihren Alltag begleiten.
Lütke Schelhowe: Engagement bedeutet für uns, dass Kunden häufiger zu uns zurückkommen und dass sie generell mehr Zeit auf unserer Seite verbringen. Wir möchten ihr Loyalitätsgefühl uns gegenüber stärken und wir wollen weg vom Fokus auf Transaktionen hin zu einer langfristigeren Kundenbeziehung. Um dieses langfristige Engagement umzusetzen, sind Apps ein sehr gutes Hilfsmittel, weil sie mehr Möglichkeiten bieten als der Desktop-Computer.
Zalando vollzieht also aktuell einen Wandel von der Conversion hin zum Engagement?
Lütke Schelhowe: Ab diesem Jahr liegt unser Fokus noch stärker darauf, dass unsere Kunden Zalando regelmäßig besuchen und wir ein ständiger Fashion-Begleiter für sie werden. Das passiert vorrangig mit dem Mobile-First-Gedanken und unsere Apps bieten hier die optimale Basis. Allein im vergangenen halben Jahr sind unsere App-Visits um 50 Prozent gestiegen und die User der Applikation sind sehr loyal. Die Besuche pro Nutzer steigen weiter an und wir sehen eine extrem hohe Wiederkehrrate auf den Apps.
Welchen Umsatzanteil am Gesamtumsatz wird über den Mobile-Kanal bei Zalando erwirtschaftet?
Lütke Schelhowe: Im vierten Quartal 2014 kamen 48 Prozent unseres Traffics über Mobile. Gleichzeitig haben wir über Apps eine höhere Conversion Rate als über Desktop-Computer. Der Umsatzanteil, den wir über mobile Endgeräte machen, ist somit signifikant.
Unterscheidet sich die Nutzung am Smartphone zum Tablet? Nutzen Kunden das Smartphone eher zur Bedarfsdeckung und das Tablet zu Bedarfsweckung?
Drehkopf: Das lässt sich so nicht trennen, zumal viele Kunden sowohl Tablet als auch Smartphone nutzen. Wichtig für uns ist der grundlegende Gedanke, dass unsere Kunden Zalando mittlerweile mobil besuchen. Darauf sind wir unter anderem mit der Internationalisierung und Optimierung unserer Applikationen eingegangen. Wir sehen, dass App-User regelmäßiger zu uns kommen und im Allgemeinen länger auf Zalando verweilen - das ist für uns die wichtigste Erkenntnis. Wir wollen deshalb weiter in unsere Apps investieren und neue Features schaffen, um langfristig das bestmögliche Einkaufserlebnis zu bieten. Nutzer sollen zukünftig über Suche und Kauf hinaus eine tolle Fashion Experience haben.
Neue Tools und Features
Wie läuft denn das neue Tool der Bildersuche in der App an?
Lütke Schelhowe: Bisher gibt es hierdurch mehrere Hundert Anfragen täglich. Besonders gut wird die Fotosuche bei Kunden angenommen, die auf der Straße unterwegs sind. Die Fotosuche ist allerdings noch lange nicht Standard. Die meisten Kunden nutzen weiterhin unsere textbasierte Suche.
Wie entstehen bei Ihnen neue Ideen für Tools oder Features?
Lütke Schelhowe: Bei uns gibt es einmal im Jahr die sogenannte Hack Week. Dabei handelt es sich um eine Entwickler-Woche, in der wir im gesamten Tech Department experimentieren und Dinge in zahlreichen kleinen Projektgruppen ausprobieren, die Potential haben. Zuletzt wurde hier unter anderem eine sprachbasierte Suche getestet. Generell haben wir eine ausgeprägte „Out of the Building“-Mentalität, das heißt wir gehen aktiv raus, lernen unsere Kunden und deren Alltag kennen, um ihre wichtigsten Fashion-Momente und Bedürfnisse zu identifizieren.
Drehkopf: Shopping ist ganz klar auf den mobilen Endgeräten angekommen, denn die Leute kaufen hierüber mehr und mehr ihre Waren ein. Wir wollen durch unsere Projekte hier ganz vorne dabei sein. Uns geht es darum, Mobile als Kanal zu begreifen, der das Verhalten von Nutzern verändert.
Wie genau wollen Sie den geplanten Wandel technisch umsetzen?
Drehkopf: Wir haben uns die Nutzer der Apps genau angeschaut und herausgefunden, dass sie bereits sehr loyal zu uns stehen. Diese Erkenntnis ist wichtig, weil wir genau von solchen Kunden eine Menge lernen können. Denn wir möchten ja schließlich auch solche Kunden stärker an uns binden, die nur ein paar Mal im Jahr zu uns kommen. Dafür wollen wir sie gezielt auf die Apps bringen und diese interessanter gestalten, zum Beispiel durch stärkere Personalisierung. Wir präsentieren also beispielsweise nicht mehr das gesamte Sortiment, sondern sprechen Kunden im persönlichen Stil an und schaffen so ein relevantes Angebot. Des Weiteren wollen wir unsere Kunden bei der Weiterentwicklung ihres persönlichen Stils unterstützen.
Lütke Schelhowe: Künftig werden wir auch Mobile und Sharing verbinden, weil es ein wichtiger Auslöser bei Kaufentscheidungen ist. Man sieht etwas und schickt es an seine Freunde, um deren Meinung zu erfragen. Aus diesem Grund werden wir in diese Funktion weiter investieren.
Welche Funktionen sind geplant, um diese Personalisierung umzusetzen?
Lütke Schelhowe: Zunächst möchten wir unseren Kunden bei der Auswahl der Produkte beratend zur Seite stehen. Es gibt zum Beispiel spezielle Filter, die unter anderem Hosen- und Schuhgröße speichern. Um das Einkaufserlebnis aber wirklich persönlich zu gestalten, bieten sich auf den Apps vor allem unser Feed oder Push Notifications mit individuellen Settings an.
Was erhofft sich Zalando von der Feed-Adaption auf die Mobilgeräte?
Drehkopf: Wir glauben, dass der Feed ein sehr gutes Vehikel ist, um Kunden auf dem Mobilgerät und im Browsing-Verhalten besser zu adressieren.
Lütke Schelhowe: Das funktioniert gerade deshalb auf mobilen Geräten so gut, weil es zahleiche kurzlebige Situationen gibt, wie zum Beispiel das Warten auf den Bus. In solchen Momenten greifen viele Menschen zu ihrem Smartphone. Und wenn man nur kurz Zeit hat, bietet sich das personalisierte Kachelsystem des Feeds einfach sehr gut an. Zudem kann man hierüber auch einzelnen Themen oder den eigenen Lieblingsmarken folgen.
Was plant Zalando 2015 noch hinsichtlich der Customer Experience?
Lütke Schelhowe: Alles was auf das Engagement einzahlt, ist in diesem Jahr wichtig. Wir sind bereits einen großen Schritt gegangen, indem wir sehr viel in unsere Cross-Device-Experience investiert haben, denn Kunden wünschen sich genau diese einheitliche Kauferfahrung. Nun bietet Zalando eine konsistente Shopping Experience, das heißt die zentralen Themen und Kampagnen können wir über alle Devices ausspielen. In diesem Jahr folgen Themen aus den Bereichen Personalisierung und einfaches Sharing. Denn Fashion ist etwas Interaktives und Kunden möchten häufig Feedback von Familie oder Freunden haben. Gerade in diesem Bereich bieten uns Apps viele Möglichkeiten. Zudem wollen wir Features entwickeln, die Inspiration und Kreativität adressieren. Wir möchten eine Art virtuelles "Bummeln gehen" ermöglichen, bei dem sich unsere Nutzer Anregungen holen können. Die Fotosuche war hier nur ein erster Schritt und wir gehen den Weg in diesem Jahr weiter, um alle Möglichkeiten zu nutzen, die sich durch Shopping über Mobilgeräte überhaupt erst ergeben.
Mobile schlägt Desktop: Ende des Jahres sollen Werbungtreibende erstmals mehr Geld in Mobile Advertising investieren als in die Desktop-Werbung.