
Online-Schuhhandel Sarenza: "Das Schuhgeschäft ist profitabler als Mode"
Sarenza: Der französische Händler verkauft mehr als 700 Marken, 70 davon exklusiv in Europa
Sarenza: Der französische Händler verkauft mehr als 700 Marken, 70 davon exklusiv in Europa
Im Gegensatz zu Zalando spezialisiert sich Sarenza auf Schuhe und Taschen. Der französische Online-Händler spart so Logistikaufwand und kann sich auf Marken, Modelle und Mobile Commerce konzentrieren.
Drei Jahre früher als Konkurrent Zalando, im Jahr 2005, startete Sarenza mit dem Verkauf von Schuhen im Internet. Zusammen mit Zappos, das Amazon 2009 übernahm, waren die Franzosen sogar Vorbild für die Zalando-Gründer. Und doch haben sich die Start-ups im E-Commerce unterschiedlich entwickelt: Sarenza konzentriert sich auf Schuhe, verkauft lediglich Taschen dazu. "Für Spezialisten ist es einfacher, sich auf eine Produktkategorie zu konzentrieren und hier der beste Anbieter zu werden", begründet Sarenza-Geschäftsführer Stéphane Treppoz im Interview mit INTERNET WORLD die Strategie. "Das Schuhgeschäft ist außerdem profitabler als der Verkauf von Mode, für Schuhe geben Menschen mehr Geld aus als für T-Shirts oder Hosen."
Als Schuhexperten setzten die Franzosen 2015 rund 200 Millionen Euro um, mehr als die Hälfte der Einnahmen erzielten sie im Ausland. Zurzeit forcieren sie Wachstum durch Fernsehwerbung und machen sich damit in Europa, wo sie bereits in 28 Länder liefern, bekannter. Nach Plan sollen die Erlöse im laufenden Geschäftsjahr auf 250 Millionen Euro wachsen und sich bis 2020 auf 500 Millionen Euro verdoppeln. Dafür wird auch das Sarenza-Team in Paris von derzeit 300 auf 400 Mitarbeitende aufgestockt. Stéphane Treppoz erklärt im Interview die Strategien von Sarenza.
Sarenza sieht sich als Konkurrent von Amazon und Zalando, beide Plattformen sind aber deutlich bekannter. Warum eigentlich?
Stéphane Treppoz: Beide geben deutlich mehr Geld aus für Werbung als wir und richten sich an jedermann. Wir haben es mit sehr viel größeren Wettbewerbern zu tun. Wichtig für Sarenza ist es, mehr Sichtbarkeit in Deutschland zu gewinnen, wo Zalando und Amazon sehr stark sind, und hier eine Positionierung als Schuh-Experte sowie ein differenzierendes Image aufzubauen.

Stéphane Treppoz war Berater, Internet-Investor und AOL-Chef von Frankreich, bevor er 2007 die Geschäftsführung von Sarenza übernahm. Er teilt das Management mit Hélène Boulet-Sapeau
H.Giansily
Wie wollen Sie das schaffen?
Treppoz: Wir haben vor Kurzem eine europaweite Fernseh-Kampagne gestartet, auch in Deutschland werden die Spots gezeigt. Unser Heimatmarkt ist Frankreich, dort kennen uns 90 Prozent der Verbraucher und wir haben bereits mehr als sechs Millionen Stammkunden hier gewonnen. Sarenza verkauft im Jahr rund fünf Millionen Paar Schuhe. Auch außerhalb Frankreichs wollen wir unseren Erfolg nun weiter ausbauen, bekannter und stärker werden. Wir platzieren unsere Spots in Deutschland vor allem im Privatfernsehen, um hier das internet-affine, junge, kauffreudige Publikum anzusprechen.
50 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Sarenza im Ausland - wo liegt der Anteil in Deutschland?
Treppoz: Wir nennen keine exakten Markt- oder Umsatzanteile oder Kundenzahlen für diesen Markt, weil hier der Wettbewerb so stark ist. Aber Deutschland ist nach Frankreich der zweitstärkste Markt für Sarenza, er ist also sehr relevant. Das ist der Grund, warum wir hier mehr und mehr in Fernsehwerbung investieren.
Was außer der Fernsehkampagne planen Sie hier?
Treppoz: Wir führen zurzeit mehr als 700 Marken und arbeiten daran, alle in Deutschland beliebten Schuhmarken in unser Sortiment zu ingrieren. Namen wie Nike, Converse oder Adidas werden überall nachgefragt. Daneben gibt es aber Label, die in einigen Ländern bekannter sind als in anderen. In Deutschland sind das beispielsweise Marken wie Geox, Clarks oder Kickers.Mit diesen Marken werden wir intensiver ins Gespräch kommen, um gezielt auf die Vorlieben und Wünsche unserer deutschen Kunden eingehen zu können. Um hier weiter Marktanteile zu gewinnen, ist es außerdem wichtig, die deutschen Kunden von Sarenza zu überzeugen. Wir passen unsere Bestell- und Zahlverfahren bereits an deutsche Gewohnheiten an und arbeiten daran, unsere Services bekannter machen, mit denen wir uns von Konkurrenten wie Zalando abheben. Sarenza liefert alle Bestellungen innerhalb von 24 Stunden. Kostenfrei. Das schafft kein anderer Mode- und Schuhhändler. Außerdem können Kunden bei uns 100 Tage lang umtauschen und zurückschicken. Für mehr Marktanteile kämpfen wir also an drei Fronten: Sarenza soll die beste Auswahl und den besten Service bieten sowie höchste Transparenz.
Durch Spezialisierung weniger Logistikaufwand
Um Lieferzeiten zu verkürzen, arbeitet Zalando mit drei Logistikzentren in Deutschland, hat außerdem zwei Outlets eröffnet und startet jetzt auch noch Kooperationen mit regionalen Einzelhändlern. Sarenza bedient ganz Europa von Paris aus - reicht das aus?
Treppoz: Wir haben unsere Lager und den Versand sehr stark automatisiert, weil wir uns im Wesentlichen auf die Produktkategorien Schuhe und Taschen oder besser Accessoires konzentrieren. Zalando bietet daneben noch Mode- und Sportbekleidung. Wir sind sehr effizient mit einem Lager, haben dort ständig etwa 1,5 Millionen Paar Schuhe vorrätig und können pro Tag mehrere Zehntausend Pakete verschicken. Außerdem sind gerade in Deutschland die Speditionen sehr gut organisiert. Auch das trägt dazu bei, dass wir von Paris aus innerhalb von 24 Stunden jede Adresse in Deutschland erreichen.

Diverses Team: Bei Sarenza in Paris arbeiten Menschen aus 15 Nationen, 65 Prozent der Mitarbeitenden sind Frauen. Diese Quote spiegelt auch die Unternehmensführung wider.
H. Giansily
Ist das auch kostengünstig?
Treppoz: Eine Lieferung von Frankreich nach Deutschland kostet genauso viel wie die Lieferung von Deutschland nach Frankreich. Und von Paris ist es nach Stuttgart näher als beispielsweise nach Lourdes im Südwesten von Frankreich.
Trotzdem ist zu beobachten, dass größere Online-Händler gerade ihre Liefer- und Fullfilmentprozesse immer weiter dezentralisieren.
Treppoz: Größe und Sortimensbreit erfordern das. Sarenza steht für 200 Millionen Euro Umsatz im Jahr, Zalando für drei Milliarden Euro. Zalando ist also 15 Mal so groß wie Sarenza und bedient mehr Kategorien. Wir können indes von einem Lager aus einen sehr guten Lieferservice in ganz Europa bieten und haben daher kein Interesse, weitere Logistikzentren einzurichten.
Zalando ist in den vergangenen Jahren vom Schuhhändler zum Modekaufhaus gewachsen und so zum Milliarden-Unternehmen. Warum verkauft Sarenza weiterhin fast ausschließlich Schuhe?
Treppoz: Für Spezialisten ist es einfacher, sich auf eine Produktkategorie zu konzentrieren und hier der beste Anbieter zu werden. Das Schuhgeschäft ist außerdem profitabler als der Verkauf von Mode, für Schuhe geben Menschen mehr Geld aus als für T-Shirts oder Hosen. Wir konzentrieren uns also auf eine aussichtsreiche Nische, wollen hier der besten Anbieter sein und werden daher keine weiteren Produkte ins Sortiment aufnehmen.
Haben Spezialisten im E-Commerce, wo sich schnell Mono- oder Oligopole bilden, überhaupt noch eine Chance?
Treppoz: Der E-Commerce Markt bietet genug Platz für alle. Unsere Kunden suchen nach Alternativen zu den großen Akteuren auf dem Markt sowie ein individuelles Angebot. Bei uns erhalten sie neben den bekannten Marken Designs und Labels, die sie woanders nicht finden. Wir bieten die größte Auswahl an Schuhen auf dem Markt und sind Experte auf diesem Gebiet, das ist eine Chance und kein Hindernis.
Exklusives statt Kopien von Bestsellern
36 Prozent der Kunden bestellen bei Sarenza mobile - was ist die Herausforderung, Schuhe via Smartphones und Tablets zu verkaufen?
Treppoz: Mobile Inhalte werden generell schneller aufgenommen, allerdings auf deutlich kleineren Bildschirmen. Als einer der ersten Online-Mode- und Schuhhändler haben wir vor drei Jahren auf responsives Design und Mobile-Technologie umgestellt. Heute können unsere Kunden per App tausende Schuhmodelle von rund 700 Marken aussuchen und bestellen. Wir werden noch im Lauf des Jahres mit einer neuen App und innovativen Funktionen starten, über die ich jetzt allerdings noch nichts sagen kann. Aber das ganze Unternehmen ist auf Mobile ausgerichtet.
Was bieten Sie konkret für den Mobile Commerce?
Treppoz: Demnächst werden Sie mit der Sarenza-App zweimal schneller bestellen können als zuvor, wir wollen das Ordern für Kunden beschleunigen und vereinfachen. Die App wird bessere Auswahlmöglichkeiten und Funktionen zum Sortieren bereithalten, mehr praktische Funktionen für den Kauf und auch Austauschmöglichkeiten mit anderen. Schuhe kaufen bei Sarenza - das soll einfach sein und auch Spaß machen.

Sarenza: 36 Prozent der Bestellungen gehen mobil ein. Das Unternehmen verbessert daher gerade seine App
H. Giansily
Sarenza kooperiert mit Schuhmarken - auch bei der Entwicklung von Modellen und von Eigenmarken? Und warum tun Sie das?
Treppoz: Wir bieten tatsächlich zehn Eigenmarken und arbeiten dafür mit verschiedenen Herstellern zusammen. Der wichtigste Grund ist, dass wir exklusive Modelle verkaufen wollen, die Kunden nirgendwo sonst bekommen. Normalerweise kopieren Händler für Eigenmarken erfolgreiche Modelle und verkaufen sie billiger. Als Rolls Royce der Schuhhändler gehen wir einen anderen Weg: Wir entwickeln eigene Schuhideen und lassen diese exklusiv fertigen, achten dabei auf sehr gute Qualität. Außerdem bieten wir die am meisten nachgefragten Schuhmarken. Mit Modebewusstsein, Einzigartigkeit und Qualität wollen wir von Sarenza überzeugen.
Big Data, Mobile, Virtual Reality - welche Entwicklungen finden Sie zurzeit spannend und wie reagiert Sarenza darauf?
Treppoz: Big Data und Mobile geben viele neue Möglichkeiten noch individueller auf Kunden einzugehen. Personalisierung ist sehr wichtig, durch sie können wir die Kundenzufriedenheit und damit die Loyalität erhöhen. Es ist wohl die größte Herausforderung für Händler dafür zu sorgen, dass ihre Kunden wieder kommen und kaufen. Ich kann Millionen Kunden haben, aber wenn diese einmal bei Zalando kaufen, besteht die Gefahr, dass ich sie für immer verliere. Der Schlüssel zum Erfolg ist, die deutschen Kunden so von Sarenza zu überzeugen, wie uns das in Frankreich oder in Belgien schon gelungen ist.
Deutsche Verbraucher sind sehr preisbewusst und legen nicht so viel Wert auf Service oder Qualität.
Treppoz: Wettbewerb kann auch mit günstigen Preisen und gutem Service gewonnen werden. Das versuchen wir in Deutschland umzusetzen. Wir möchten Kunden davon überzeugen, dass Sarenza die besten Produkte bietet und der beste Schuhhändler in Europa werden.