
Marktreport Rakuten möchte die Nummer eins werden
Rakuten-Chef: Hiroshi Mikitani
Rakuten-Chef: Hiroshi Mikitani
Rakuten möchte sich vor Amazon und eBay platzieren. Eine große Aufgabe für den Gründer Hiroshi "Mickey" Mikitani. Um dies zu erreichen, stellt er bei seinem Konzept die Händler in den Mittelpunkt.
"Wir wollen die Nummer 1 unter den Internet-Marktplätzen werden" - an Selbstbewusstsein mangelt es Mikitani nicht, wenn er auf die Ziele von Rakuten zu sprechen kommt. Das passt zum Namen des Konzerns, der im Japanischen für Optimismus steht.
Techcrunch hatte das hierzulande bis vor Kurzem noch unbekannte Unternehmen einmal als "die größte E-Commerce Firma, von der Sie noch nie gehört haben“ bezeichnet. Und tatsächlich: Noch immer finden sich relativ wenig deutschsprachige Quellen zu Rakuten, selbst auf der deutschen Seite von Wikipedia sucht man es vergeblich.
Dabei geht es um großes: Mikitani, Gründer, Vorsitzender und CEO des japanischen E-Commerce-Giganten (3 Milliarden US-Dollar Umsatz), will Größen im internationalen E-Commerce-Geschäft wie Amazon oder eBay abhängen.
Auf die Frage von INTERNET WORLD Business, wie lange Rakuten brauchen werde, um die Nummer eins im deutschen E-Commerce zu werden, antwortete Mikitani selbstbewusst: "Ich glaube, fünf Jahre sind eine realistische Annahme."
Hiroshi Mikitani wurde 1965 in der japanischen Großstadt Kōbe geboren. An der Universität Hitotsubashi machte er 1988 seinen Abschluss in Handel, anschließend arbeitete er für die Industrial Bank of Japan (IBJ) und wurde Investment Banker.
Später ging er, wie Mark Zuckerberg, nach Harvard, wo er 1993 seinen Master in Betriebswirtschaftslehre machte. Die Erdbebenkatastrophe von Kōbe im Jahr 1995 soll Mikitani dazu gebracht haben, seine viel versprechende Karriere als Banker zu beenden, mit dem Wunsch, etwas Bedeutsames für die Gesellschaft zu schaffen.
In diesem Jahr gründete er sein erstes Start-up Unternehmen, die Beratungsfirma Crimson Group, die sich mit der Förderung von internationalen Lizenzen, Joint Ventures, Fusionen und Anschaffungsgeschäften im Bereich der Informationstechnologie beschäftigt. Bei Crimson fehlte ihm aber bald die Herausforderung.
Mikitani war überzeugt davon, dass das Zeitalter der alten japanischen Industrien, wie etwa der Auto- und Stahlindustrie, vorbei war - und dass das Internet neue Möglichkeiten bieten würde. Er rief deshalb 1997 mit einem Team von nur zwei Mitarbeitern MDM (Magical Digital Market) ins Leben - ein riskanter Zug, denn das Internet Business war zu der Zeit in Japan noch sehr klein.
Doch das Unternehmen wuchs schnell und entwickelte sich zu einer der meistbesuchten Shopping-Sites in Japan. 1999 wurde MDM in "Rakuten Ichiba" umbenannt. Die Firma mit Hauptsitz in Tokio ist an der japanischen Wertpapierbörse JASDAQ gelistet und mittlerweile einer der weltweit größten Internet-Service-Anbieter, unter anderem in den Bereichen E-Commerce, Reise, Finanzdienstleistungen und Kreditkarten, Portale und Medien, Online Marketing und Profi-Sport tätig. Weltweit beschäftigt Rakuten über 10.000 Mitarbeiter, unterhält Niederlassungen in Asien, West-Europa sowie Nord- und Südamerika.
In der weltweiten Forbes-Liste der reichsten Menschen rangiert Mikitani inzwischen auf Platz 182, mit einem Vermögen von 5,6 Milliarden US-Dollar. Laut Forbes ist er damit der fünfreichste Japaner. Mikitani ist nach wie vor Mehrheitsgesellschafter des mit rund 13 Milliarden Dollar bewerteten Konzerns.
Rakuten und seine Strategie
Von seinen beiden großen Kontrahenten eBay und Amazon möchte Rakuten sich mit Dienstleistungen absetzen, die vor allem Händler in den Mittelpunkt stellen - die Instrumente um erfolgreiches E-Commerce zu betreiben, sollen in den Händen der Händler liegen.
"Mit seinem Shop-zentrierten Ansatz ist Rakuten Ichiba grundlegend anders als Amazon. Die Plattform umfasst mehr als 40.000, sehr individuell gestaltete Shops“, erklärte Mikitani, "wir setzen lediglich auf minimale gemeinsame Standards, darüber hinaus können die einzelnen Shops alles ändern."
Anders als Amazon unterhält Rakuten keine eigenen Lagerhäuser, dadurch kann es Verwaltungs- und Logistikkosten niedrig halten. Rakuten beabsichtige nicht, selbst Waren zu verkaufen. Anders als Ebay wolle Rakuten auch keine fixen Templates oder Layouts vorgeben.
Man wolle lediglich die E-Commerce-Plattform sowie Technik und Tools zur Verkaufsförderung stellen, stellt Mikitani klar. International werde dafür eine Umsatzprovision von rund 3 Prozent sowie eine feste Gebühr fällig.
Den partnerschaftlichen Service, sowohl zwischen Rakuten und den Händlern, als auch zwischen den Händlern und den Kunden, sieht Mikitani als das wichtigste Alleinstellungsmerkmal: "Wir differenzieren uns am meisten dadurch, dass wir die Händler mit den Kunden kommunizieren lassen. Sie sollen Fans ihres Shops gewinnen.Wir wollen nicht der Wholesaler sein, der den Markt aufrollt, sondern wollen den lokalen Einzelhandel partnerschaftlich on- und offline unterstützen und wachsen lassen".
Für die On-/Offline-Integration habe Rakuten "eine Lösung entwickelt, die per GPS identifiziert, in welchem Laden der Kunde sich informiert hat und den lokalen Händlern so zu einer Art Affiliate Partner von Rakuten macht. Wir wollen nicht, dass der lokale Handel Online als Feind betrachtet, vielmehr soll der Händler den Kunden dazu ermuntern, einen Barcode einzuscannen", erläuterte Mikitani in einem Interview auf www.shopanbieter.de
Um seine Ziele zu erreichen, brauche Rakuten auch eine Reihe großer Anbieter auf seiner Plattform. Über Zukäufe will das Unternehmen seine Marktposition weiter festigen. Ein dreistelliger Millionen-Euro-Betrag steht hierfür zur Verfügung. In Europa sieht Mikitani einen wichtigen Markt. "Wir sehen Europa als eine Region für Wachstum", sagte der Japaner dem "Handelsblatt". Sein Plan ist, Rakuten in 27 OECD-Länder sowie in die BRICS-Staaten auszuweiten.
In den vergangenen zwei Jahren hat das Erfolgsunternehmen unter anderem Buy.com (USA), Priceminister.com (Frankreich), Play.com (UK) und das kanadische eBook-Unternehmen Kobo übernommen, das den Japanern zur Marktführerposition in Kanada verhalf. Den E-Reader Kobo möchte der Rakuten-Chef zur "besten Alternative von Amazon Kindle und Fire" machen.
Auch in Deutschland sieht Mikitani große Potentiale für Rakuten. Bereits im Juli 2011 hat der Marktplatz-Riese die Bamberger E-Commerce-Plattform Tradoria übernommen, die auf der Händlerkonferenz Tradoria Live! im Januar offiziell in Rakuten Deutschland umbenannt wurde.
Schon bei der Gründung von Tradoria sei es das langfristige Ziel gewesen, es eines Tages mit Amazon und Ebay aufzunehmen. "Rakuten ist global schon recht nah an den amerikanischen Marktführern dran. Und auch wir können jetzt viel schneller wachsen als vorher, da wir bei Rakuten Zugriff auf ein großes Reservoir an Wissensträgern haben und vieles bei uns implementieren können", erklärte Tradoria-Chef Tobias Kobier. Mikitani, der zur Umfirmierung eigens nach Deutschland kam, äußerte sich überzeugt, dass auch der lokale Handel von Rakuten profitieren und stärker werden kann.
Rakuten legt Englisch als Firmensprache fest
In seinem Heimatland Japan ist der charismatische Firmengründer längst zur Kultfigur avanciert. Im März 2010 schockierte er die japanische Geschäftswelt mit seiner außergewöhnlichen Entscheidung, Englisch als Firmensprache einzuführen.
Dafür sei er von vielen attackiert worden, aber inzwischen hätten sich die Angestellten in Japan davon überzeugt, dass es der richtige Schritt war. Denn Japan sei aufgrund der Sprachbarriere in der Geschäftswelt lange Zeit relativ isoliert gewesen: "Wenn du erfolgreich Geschäfte machen willst, musst du in der Lage sein, in Englisch zu kommunizieren“, erklärte Mikitani auf der diesjährigen DLD-Konferenz, und fügte augenzwinkernd hinzu: "Alle lernen jetzt Englisch - inklusive mir selbst.“
Der Chef gibt sich gerne leger, trägt am liebsten Khakihosen zum Polo Shirt. Doch er ist auch ein hochambitionierter Workaholic, der nicht selten 15 Stunden am Tag arbeitet. Damit seine Mitarbeiter genauso motiviert bleiben, hat Rakuten einen Verhaltenskodex erstellt.
Die "Fünf Prinzipien des Erfolges" könnten auch von einem jungen Start-up-Unternehmen stammen: "1. Get things done, 2. Passionately Professional, 3. Hypothesize Practice Validate Shikumika, 4. Maximize Customer Satisfaction, 5. Speed!! Speed!! Speed!!"
Neben der Mitarbeitermotivation gehört zu Mikitanis Geschäftsphilosophie auch die Kundenmotivation. Seiner Ansicht nach sollte es beim Online Kaufen nicht nur um den Preis oder die Effizienz gehen - sein Motto: "Internet-Shopping ist Entertainment".
Das sollen nun auch deutsche Kunden erfahren.