
Alexander Birken, Otto Group "Was wir in der Otto Group erleben, ist Segen und Fluch gleichzeitig"
Einen globalen Handelskonzern nach ethischen Werten ausrichten - geht das? Alexander Birken, Vorstandsvorsitzender der Otto Group, über harte Corporate-Responsibility-KPIs und eine Grundhaltung, die "manchmal schmerzhaft", aber überlebensnotwendig sei.
Text und Interview: Rolf Schröter
Wir sitzen im Büro von Alexander Birken, seit 2017 Vorstandsvorsitzender der Otto Group. Die große Wand in seinem Rücken ist vollgeschrieben. Es ist die Handschrift von Susanne Kertelge. Sie war Birkens persönliche Assistentin. Jetzt leitet sie das Projekt "Initiative Zukunftswerte".
Die Mindmap an der Wand kreist um die Kernfrage der Otto Group: Wie lässt sich Digitalisierung Werte-getrieben gestalten? Es ist ein Spagat zwischen Ökologie und Ökonomie, zwischen Wert und Werten. Denn die Otto Group ist ein Handelsgigant. Sie erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr mit über 43000 Mitarbeitenden einen Umsatz von 16,1 Milliarden Euro. Allein der E-Commerce-Umsatz legte um 21,6 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro zu. Zum Konzern gehören unter anderem die Plattformen Otto, About You und Lascana, Marken wie Bonprix, Heine und Witt, Händler wie Baur, Manufactum und Mytoys sowie der Logistikdienstleister Hermes.
Herr Birken, die Otto Group engagiert sich mit der "Initiative Zukunftswerte" für einen gesellschaftlich-politischen Diskurs. Dürfen sich Unternehmen in die Politik einmischen - oder sollten sie es sogar?
Alexander Birken: Wir mischen uns nicht in die Politik ein. Aber als Unternehmen haben wir eine Meinung und eine Stimme, auch zu gesellschaftspolitischen Fragestellungen. Dafür braucht es ein Rückgrat an einigen Stellen, wo es unangenehm werden könnte. Wir erklären uns zum Beispiel sehr deutlich zum Thema Diversity. Das führt dazu, dass wir sogar Anfeindungen erleben, auch aus dem Kundensektor. Das ist so. Damit leben wir. Wir stehen zu unseren Werten. Wir wollen uns als Unternehmen erklären.
Ist Moral wichtiger als Rendite?
Birken: Ich benutze lieber den Begriff Ethik. Das gehört alles in unseren Ziele-Kanon. Wir haben einen "Code of Ethics" entwickelt, der acht Themenfelder umfasst. Der wurde nicht vom Konzernvorstand ersonnen, sondern mit ganz vielen Kolleg:innen aus der Mitte der Mitarbeitenden erarbeitet.
Warum haben Sie überhaupt einen "Code of Ethics"?
Birken: Weil es inhärente Ziel-Konflikte gibt. Rendite und Umsatzwachstum versus Nachhaltigkeit, soziales Engagement und vieler weiterer Themen. Es gibt keine Schwarz-Weiß-Lösungen, sondern viele Schattierungen. Darum muss in Unternehmen ehrlich miteinander und zuweilen auch konfrontativ gerungen werden. Wir haben dafür intern eine Plattform geschaffen, damit es überhaupt möglich ist, in einen echten Dialog zu gehen. Gerade bei solch komplizierten Themen sind Transparenz und Offenheit sehr wichtig.
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