
Verstoß gegen Datenschutz H&M soll wegen Ausspähens von Mitarbeitern 35 Millionen Euro zahlen
Ein Bußgeld in Höhe von 35,3 Millionen Euro muss H&M wegen Ausspähens auch intimer Details von Mitarbeitern in Nürnberg zahlen. Daneben will der Modekonzern trotz Erholung von der Corona-Krise rund 250 Filialen schließen. Grund dafür sei das starke Online-Wachstum.
Der schwedische Moderiese Hennes & Mauritz (H&M) soll wegen Ausspähens auch intimer Details von Mitarbeitern in Nürnberg ein Bußgeld in Höhe von 35,3 Millionen Euro zahlen. Mit der Überwachung von Hunderten Mitarbeitern des Servicecenters habe der Konzern gegen den Datenschutz verstoßen, begründete der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz, Johannes Caspar, den Erlass.
Der Fall dokumentiere eine schwere Missachtung des Beschäftigtendatenschutzes: "Das verhängte Bußgeld ist dementsprechend in seiner Höhe angemessen und geeignet, Unternehmen von Verletzungen der Privatsphäre ihrer Beschäftigten abzuschrecken."
Nach Angaben seines Sprechers ist es das bisher höchste in Deutschland verhängte Bußgeld nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung im Mai 2018 und das zweithöchste in Europa. Im vergangenen Jahr waren dem Internet-Riesen Google von Frankreichs Datenschutzbehörde 50 Millionen Euro Bußgeld aufgebrummt worden.
Angaben zu ihren privaten Lebensumständen
H&M hat nun zwei Wochen Zeit, Einspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Die schwedische Konzernzentrale kündigte an, den Bescheid eingehend zu prüfen. Der Fall liegt in der Zuständigkeit des Hamburgischen Beauftragten für den Datenschutz, weil das Unternehmen seine Deutschlandzentrale in der Hansestadt hat.
Bekanntgeworden war der Fall im vergangenen Jahr. Laut Behörde wurden aber mindestens seit 2014 bei einem Teil der Beschäftigten Angaben zu ihren privaten Lebensumständen umfangreich erfasst und gespeichert. Nach Urlaubs- und Krankheitsabwesenheiten hätten Vorgesetzte einen "Welcome Back Talk" geführt und anschließend in etlichen Fällen nicht nur konkrete Urlaubserlebnisse, sondern auch Krankheitssymptome und Diagnosen dokumentiert.
Einige Vorgesetzte hätten sich auch "über Einzel- und Flurgespräche ein breites Wissen über das Privatleben ihrer Mitarbeitenden angeeignet, das von eher harmlosen Details bis zu familiären Problemen sowie religiösen Bekenntnissen reichte", hieß es.
Ausdrücklich positiv bewertete Caspar das Bemühen der Konzernleitung, "die Betroffenen vor Ort zu entschädigen und das Vertrauen in das Unternehmen als Arbeitgeber wiederherzustellen". Darin sei durchaus der Wille zu erkennen, "den Betroffenen den Respekt und die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie als abhängig Beschäftigte in ihrem täglichen Einsatz für ihr Unternehmen verdienen".
Die schwedische H&M Group bekräftigte nach Bekanntgabe des Bescheides, dass ein Umgang mit Beschäftigtendaten wie in Nürnberg, nicht mit den H&M-Richtlinien und -Anweisungen in Einklang stehe. Man übernehme die volle Verantwortung und entschuldige sich vorbehaltlos bei den betroffenen Mitarbeitern.
Gleich nach Bekanntwerden des Falls habe man Verbesserungen in dem Servicecenter vorgenommen, unter anderem seien die interne Kontrolle des Datenschutzes gestärkt und Führungskräfte und Mitarbeiter geschult worden, hieß es. Zudem kündigte der Konzern an, alle betroffenen Mitarbeiter zu entschädigen.
Filialschließungen
Daneben will der von der Corona-Krise getroffene schwedische Modehändler sein Filialnetz ausdünnen. Im kommenden Jahr soll die Zahl der Geschäfte unterm Strich um rund 250 schrumpfen. Das teilte das Unternehmen mit, als es seine endgültigen Zahlen für das Ende August zu Ende gegangene dritte Geschäftsquartal bekanntgab.
Die Erholung des Konzerns von der Krise setzt sich jedoch fort. Wie bereits bekannt war dem Einzelhändler im Sommerquartal die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelungen, nachdem H&M in dem besonders von der Pandemie betroffenen zweiten Quartal Verluste geschrieben hatte.
Erholung bei H&M schneller als gedacht
"Obwohl die Herausforderungen an uns noch bei weitem nicht vorbei sind, dürfte das Schlimmste hinter uns liegen", sagte Konzernchefin Helena Helmersson. Die Erholung der Geschäfte laufe schneller als gedacht. "Wir haben ein starkes und profitables Wachstum im Online-Geschäft erzielt, und mehr und mehr Geschäfte haben inzwischen wieder geöffnet."
Aktuell seien noch 166 der insgesamt rund 5.000 Filialen geschlossen, hieß es bei H&M. Zu Quartalsende hatten noch mehr als 200 Geschäfte den Betrieb noch nicht wieder aufgenommen.
Die Pandemie belastete auch das dritte Quartal stark. Wie ebenfalls bereits bekannt, hatte der Konzern im Berichtszeitraum rund 50,9 Milliarden schwedische Kronen (rund 4,83 Milliarden Euro) umgesetzt, gerechnet in den jeweiligen Länderwährungen war das ein Rückgang von 16 Prozent.
Nach Steuern hat sich der Gewinn auf 1,82 Milliarden Kronen mehr als halbiert. Für September meldete H&M nunmehr einen Rückgang der Erlöse um noch 5 Prozent.