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Plattformen 08.02.2018
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Analyse eBay-Geschäftszahlen: Hoffnung am Horizont?

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eBay hinkt in Sachen Umsatzentwicklung weit hinter dem Marktdurchschnitt her. Trotzdem übte sich das Marktplatz-Urgestein bei der Präsentation seiner Geschäftszahlen 2017 in Optimismus - zu Recht?

Wenn ein Branchenriese wie eBay ­seine Jahresgeschäftszahlen vorlegt, dauert es nicht lange, bis einschlägige Beobachter ihre ersten Analysen präsen­tieren. Doch selten fielen die Interpreta­tionen der Zahlen so unterschiedlich aus wie in diesem Jahr. Die ersten kamen aus den USA und konzentrierten sich, der Lesart von eBay selbst folgend, zunächst auf die Ergebnisse des vierten Quartals. Dieses verzeichnet einen Anstieg um knapp zehn Prozent beim Handelsvolumen: Waren und Dienstleistungen im Wert von 24,4 Milliarden US-Dollar wurden im Weihnachtsquartal 2017 auf den sämtlichen Marktplätzen von eBay gehandelt.

Der eigene Umsatz des Unternehmens stieg um knapp neun Prozent auf 2,61 Milliarden US-Dollar. Nach den stets durch­wachsenen Zahlen, die der Marktplatz-Dinosaurier in den letzten Jahren vorlegte, brachte das den einen oder anderen Analysten bereits zum Schwärmen: "Für eBay ist jedes Wachstum im zweistelligen Bereich wirklich positiv", sagte beispielsweise Kerry ­Rice, Analyst beim US-Marktforscher Needham & Co, dem Nachrichtensender Bloomberg. "Es ist schon eine Weile her, dass wir das zu sehen bekommen haben." Die positive Entwicklung im vierten Quartal zeige, dass die Strategie von CEO Devin Wenig, eBay schneller und flexibler zu machen, aufgehe. Tatsächlich konnte der Marktplatz mithilfe eines Relaunchs mit Fokus auf Personalisierung sowie höheren Marketing-Investitionen die Zahl seiner aktiven Käufer in den USA im vierten Quartal steigern.

Auch die Prognose für das erste Quartal 2018 scheint auf bessere Zeiten hinzudeuten: Zwischen 2,57 und 2,61 Milliarden US-Dollar Umsatz will eBay in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres erzielen - das entspräche einem Wachstum zum Vorjahresquartal von 16 bis 18 Prozent. Analysten hatten bisher mit einem Umsatz von 2,4 Milliarden US-Dollar fürs erste Quartal gerechnet.

Wachstum unter Marktniveau

Deutsche Marktbeobachter wiederum nahmen sich für ihre Analysen lieber die Zahlen für das gesamte Geschäftsjahr 2017 vor - und orientierten sich vornehmlich am Handelsvolumen, jener Größe, die anzeigt, wie attraktiv eBay als Marktplatz für Verkäufer ist. Waren und Dienstleistungen im Wert von 88,4 Milliarden US-Dollar wurden 2017 auf den eBay-Marktplätzen gehandelt - gerade mal 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit liegt der Marktplatz deutlich unter dem Marktdurchschnitt; in Deutschland beispielsweise wuchs der E-Commerce-Umsatz 2017 laut BEVH um 10,9 Prozent.

Noch schlimmer sieht die Bilanz aus, wenn man eBays 2017er-Zahlen mit den ebenfalls kürzlich vorgelegten Ergebnissen des Hauptkonkurrenten Amazon vergleicht: Fast 178 Milliarden US-Dollar Umsatz hat dieser 2017 erzielt - und damit ein Wachstum von über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr realisiert. Übrigens: Im Gegensatz zu eBay weist Amazon kein Gesamthandelsvolumen (GMV) für seinen Marktplatz aus, sondern nur originäre Umsätze. Den GMV schätzen Beobachter wie Alexander Graf anhand der aktuellen Zahlen sowie Anteilsannahmen auf 230 bis 280 Milliarden US-Dollar. Und der eklatante Unterschied zwischen den beiden Konkurrenten ist längst kein neues Phänomen. "Das Handelsvolumen von eBay hat sich in den letzten zehn Jahren nicht einmal verdoppeln können, während sich die Amazon-Umsätze in dieser Zeit mehr als verzehnfacht haben", reüssiert Jochen Krisch von Exciting Commerce. "Der Online Boom ging auch 2017 wieder komplett an eBay vorbei."

Auch das Bemühen Devin Wenigs um Innovationen, das die US-Analysten verhalten positiv in Bezug auf eBays Zukunft stimmt, kommt in Deutschland nicht an. "eBay ist hierzulande leider viel zu viel mit sich selbst beschäftigt", analysiert Wortfilter.de-Betreiber Mark Steier mit Blick auf die vielen personellen Wechsel, die eBay Deutschland in den letzten Jahren hinter sich gebracht hat. "Sie probieren immer wieder viele spannende Ideen wie die City-­Initiative oder auch die fotobasierte Suche aus, die die Plattform voranbringen könnten, ziehen sie dann aber nicht zügig genug durch."

eBay wiederum wies den Vorwurf einer innovationsschädlichen Unternehmenskultur auf Rückfrage entschieden zurück: "Diese Sichtweise ist für uns wenig nachvollziehbar. Die City-Initiative haben wir Mitte 2017 auf breitere Füße gesetzt und gerade eine Kooperation mit der Funke Mediengruppe angekündigt, die mit der Stadt Velbert beginnen wird - weitere sollen folgen", so ein eBay-Sprecher gegenüber INTERNET WORLD Business. "Wir verfolgen die City-Initiative weiterhin konsequent, müssen uns aber natürlich auch immer dem Tempo der einzelnen interessierten Städte und Partner anpassen. Übrigens hat - inspiriert von den Projekten in Deutschland - auch eBay in den USA gerade eine Initiative zur Digitalisierung des lokalen Handels angekündigt, was ebenfalls unterstreicht, dass eBay das Thema konsequent weiter verfolgt."

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