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Serie, Teil 2 Werben auf Amazon: Marketing Services strategisch nutzen

shutterstock.com/Twin Design
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Amazon bietet Händlern drei Werbeformate an. Wer damit kein Geld verbrennen will, braucht eine durchdachte Strategie, sollte die Kampagnen kontrollieren und anpassen.

Von Marc Aufzug, Geschäftsführer von The Global Marketplace Group

Sponsored Products, Headline Search Ads oder Product Display Ads: Mit diesen Werbeformaten der Amazon Marketing Services (AMS) kurbeln die Marktplatz-Händler ihren Absatz an oder bauen Bekanntheit auf, wie der erste Teil der Serie zeigt. Das Anlegen von Kampagnen, die teils auf Suchwörtern basieren, ist einfach. Wer aber die sich ergebenden Möglichkeiten ausschöpfen und ­wenig Geld ausgeben will, braucht eine Strategie. Diese zu entwickeln ist eine ­Herausforderung, zumal die Verkaufszahlen und - bei größeren Sortimenten - auch die Skalierung zu beachten sind.

Anzeigen helfen, die Verkaufszahlen zu steigern. Wichtigstes Ziel sollte aber dennoch sein, mit ihrer Hilfe die Abhängigkeit von Amazons Suchalgorithmus zu senken und die eigene Sichtbarkeit zu verteidigen. Im Folgenden werden Strategien zur ­Gewinnung von Marktanteilen und zur Behauptung der eigenen Position beschrieben. Auch wie beide ineinandergreifen wird ein Thema sein.

Die meisten Hersteller und Händler ­beschäftigen sich erstmals mit den AMS, weil Konkurrenten diese bereits gegen die eigenen Platzierungen einsetzen. Sie sehen, wie einfach es mithilfe der Anzeigen ist, Angebote und Marken auf eine Art und Weise zu kapern, die fast schon an Urheberrechtsverletzung grenzt. Lassen sie sich aber auf dieses Spiel ein, setzen sie eine Preisspirale für Keywords in Gang, von der letztlich nur Amazon profitiert. Daher sollten Anzeigen im Regelfall defensiv zur Verteidigung von Positionen eingesetzt werden und nur in begründeten Ausnahmefällen offensiv. Wie das geht, zeigen die folgenden Fallbeispiele auf.

Noch sind die Preise für Amazon-Anzeigen vergleichsweise niedrig. So können Händler wie Hersteller wählen, ob sie mit groß angelegten Kampagnen die Bekanntheit erhöhen wollen oder sich auf Absatz und Rendite fokussieren. Bei Google ­besteht diese Wahl nicht mehr, dort sind die Preise für Suchwörter oft so hoch, dass sie sich nur Konzerne leisten können.

Beispiele wie das von Kavaj, einem Hersteller von Smartphone-Hüllen, oder von Anker, einem Produzenten von Aufladeakkus, zeigen aber, dass sich auf Amazon sogar Nischenmarken aufbauen lassen. Als Newcomer buchten beide Unternehmen Kampagnen zunächst auf Basis von Suchwörtern rund um „Smartphone“ und platzierten sie damit in relevanten Produktumfeldern. Kampagnen für bekanntere Waren und Marken sind indes auf Beständigkeit auszurichten, sie bringen Sichtbarkeit, sollten aber aus Kostengründen eher defensive Werbeziele verfolgen. Händler und Hersteller sollten ihre Amazon-Werbung auf die Marktphase ihrer Angebote anpassen. Bei Amazon können Bekanntheit, Ranking und Marktanteil mit viel Aufwand gefördert oder aber Marktentwicklungen kostenorientiert unterstützt werden. Händler ohne Eigenmarken können mit ihren Anzeigen nur das Ranking und die Bekanntheit ­pushen, sofern sie dazu die Rückendeckung durch die Marke haben.

Strategie 1: Sortimente oder Produkte starten

Zwei Beispiele sollen dokumentieren, wie Amazon-Anzeigen eingesetzt werden: Im ersten Fall brachte ein Anbieter von Haushaltsgeräten ein neues Sortiment auf den Markt. Dafür wurden alle Anzeigenfor­mate gebucht. Im zweiten Fall wurde ein bekanntes Produkt vom Ladenhüter zum Verkaufsschlager gemacht.
In der umkämpften Marktnische Haushaltselektronik brachte das erste Unternehmen ein Sortiment von zehn neuen Produkten zum Erfolg: Kernelement der Amazon-Kampagne waren die unter­einander vernetzten Produktdetailseiten, deren Titel und Texte auf einschlägige Suchbegriffe hin formuliert und auf denen ähnliche Produkte zu Produkthauptseiten und -unterseiten zusammengefasst wurden.

Diese Suchmaschinenoptimierung im Vorfeld ist wichtig, ohne diese Vorarbeit hätten sich die Klick- und Verkaufszahlen nach der Anzeigenschaltung wohl kaum so gut entwickelt: Nach dem Start stiegen die Einnahmen auf rund 40.000 Euro, die Optimierung der Anzeigentexte erhöhte den Absatz weiter. Drei Monate nach dem Werbekampagnenbeginn ­konnte der Händler die Erlöse mehr als verdoppeln.

Damit die Sichtbarkeit der neuen Produkte höher ausfällt, wurden zum Start ­alle verfügbaren Anzeigenformate auf die primären und naheliegenden Suchwörter gebucht. Für die Buchung von Sponsored Products (SP) wurden keine Suchwörter vorgegeben, weil die automatisierte Platzierung Ideen für neue Suchwörter bringt. Headline Search Ads (HSA), Sponsored Products und Product Display Ads (PDA) zeigten in Ergebnislisten, unter Produktseiten und in der Buy Box von Amazon die neuen Angebote.

Erste Verkaufserfolge waren binnen ­weniger Wochen sichtbar. Zwei Monate nach dem Start standen zwei der ­Angebote als Bestseller in der Ergebnisliste auf den höchsten Plätzen. Allerdings: In der Startphase von Februar bis März lagen die Kosten der Werbung teilweise höher als die damit erzielten Verkaufserlöse - sie gingen aber später deutlich zurück.

Die Platzierungen der Amazon-Anzeigen wurden regelmäßig überprüft. Sie erbrachten Keywords, mit denen wiederum Anzeigentexte und Umfeldbuchungen ­optimiert und an tatsächlich genutzte Suchbegriffe angepasst werden konnten. Mit den steigenden Verkaufszahlen, positiven Rezensionen und guten Liefererfahrungen verbesserte sich das organische Ranking der Angebote. Dadurch sank der Werbeaufwand pro Verkauf (englisch: A­dvertising Cost of Sales, ACoS) im Lauf der fünf Monate dauernden Kampagne auf acht Prozent.

Am Ende der Kampagne waren die Erlöse von rund 10.000 auf gut 110.000 Euro angewachsen. Im Juni 2016, dem letzten Buchungsmonat, belief sich der Umsatz durch organische Suchen auf 80.000 Euro. Die breit angelegte AMS-Kampagne zog also zunächst Aufmerksamkeit an und machte neue Angebote bekannt, die sonst in der Masse von rund 150 Millionen Artikeln untergegangen wären. Durch optimierte Texte und Buchungen unterstützte sie danach den Verkauf und pushte das organische Ranking: eine Entwicklung, die für Cross- und Upselling-Maßnahmen genutzt werden kann, etwa durch die Schaltung von PDA oder HSA, die auf Zusatzprodukte verweisen.

Weitere Zahlen zeigen den Nutzen von Amazon-Werbung: So kostete die Buchung von HSA, in denen die neuen Produkte vorgestellt wurden, rund 3.600 Euro, sie brachten aber einen Umsatz von 25.400 Euro. Summa summarum wurden in fünf Monaten rund 13.660 Euro in AMS investiert, womit Verkaufserlöse von 132.800 Euro realisiert wurden. Der ACoS lag mit etwas mehr als zehn Prozent niedrig - und das in einem Segment mit hohem Wettbewerbsdruck. Inzwischen führt der Anbieter von Haushaltsgeräten die Kampagne so weiter, dass die ACoS-Werte sinken und die gute Positionierung in den Ergebnissen erhalten bleibt: zum Beispiel durch die Inte­gration der Keywords aus der Kampagnenauswertung in die Produkttexte. Werden diese auch für Anzeigen gebucht, kann die Konkurrenz auf Distanz gehalten werden.

Strategie 2: Den Absatz clever fördern

Davor sind selbst gute Angebote, wie in unserem Beispiel, nicht gefeit: Das smarte, aber erklärungsbedürftige Beleuchtungssystem des Leuchtenherstellers verkaufte sich nur schleppend. Das Produkt war komplex, konnte nur in Kombination mit anderen Artikeln, etwa einer Smartphone-App und einem Funkadapter, genutzt werden. Die Kunden wandten es oft falsch an, waren unzufrieden und bewerteten es ­daher schlecht. Der Umsatz dümpelte bei 20.000 bis 30.000 Euro im Monat. Auch hier wurde die AMS-Kampagne vorbereitet: Ein Twister wurde produziert, also ­eine Übersicht aller zugehörigen Produkte des Beleuchtungssystems. Danach wurde eine hochwertige Produktbeschreibung mit Demo-Video (sogenannter A+ Inhalt) erstellt, um den Artikel besser zu erklären. Beides führte kurzfristig zu einer Verdoppelung der Erlöse. Doch der Push hielt nicht lange an, weil die Konkurrenten ­offensiv warben und für ihre Angebote die Preise senkten.

Ein guter Zeitpunkt mit AMS dagegenzuhalten: Mit den entsprechenden Produktnummern wurden PDA gezielt auf den Produktdetailseiten der Konkurrenz platziert. Sie enthielten Links zu eigens angefertigten Produkt- und Sortimentsseiten innerhalb von Amazon, auf denen das Sortiment des Anbieters zu sehen war. Sie kurbelten den Verkauf sofort an. Verstärkt wurde diese aggressive Strategie einerseits durch Markenwerbung auf klassischen ­Online-Kanälen, aber auch durch Headline Search Ads bei Amazon. Kam anfangs der Hauptteil der Verkäufe nur durch Werbung zustande, wuchs nach zwei Monaten allmählich der organische Absatz durch die verbesserten Rankings. Als das Unternehmen erstmalig eine sechsstellige Summe mit dem Produkt erlöste, wurde die Kampagne angepasst: Das Verhältnis zwischen Kosten und Absatz wurde optimiert, die Gebote gesenkt, die Schaltungsfrequenz nahm ab. Trotz abnehmender Werbekosten schnellte der Umsatz von rund 20.000 auf mehr als 100.000 Euro hoch.

Das zunächst aggressive Vorgehen erfordert Vorarbeit und eine gute Strategie: Es ergibt wenig Sinn, ein schlecht bewertetes Produkt mit niedrigen Absatzzahlen gegen einen Verkaufsschlager antreten zu lassen. Daher wurden zunächst die Produktinformationen und das Angebot verbessert. Erst danach konnten die PDA auf den Seiten der Konkurrenz platziert werden. Dieses Anzeigenformat wirkt durch sein Umfeld, aber auch die Verlinkung: Kunden sind interessiert an Zubehör und nehmen PDA als Zusatzinformationen wahr, wenn sie gut platziert werden. Dennoch muss das Hauptprodukt auch durch HSA beworben werden: Die PDA wirken nur dann gut, wenn der Kunde im Kaufprozess bereits weit fortgeschritten ist.

In beiden beschriebenen Fällen halfen die Amazon Marketing Services, das Verkaufsranking auf der Amazon-Plattform entscheidend zu verbessern. So befeuerten die Anzeigen das organische Ranking des Produkts und dessen Sichtbarkeit, was wiederum erlaubt, den Werbedruck und damit die Kosten zu senken.

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