Baldiger Deutschlandstart Amazon Fresh: Droht eine Pleitewelle im Lebensmittelhandel?
Amazon will mit Amazon Fresh bald auch in Deutschland in den Lebensmittelhandel einsteigen. Supermärkte bangen schon jetzt - und auch der Berufsverband der Insolvenzverwalter in Deutschland warnt vor einer Pleitewelle in der Branche.
Angeblich soll es schon Ende April in Berlin so weit sein: Amazon Fresh kommt nach Deutschland und die Branche schwitzt. Eigentlich ist Deutschland kein Land, in dem man gerne Lebensmittel übers Web bestellt. Knapp zwei Milliarden Euro geben die Deutschen im Jahr für Lebensmittelbestellungen im Internet aus, so eine Studie von AT Kearney. Das klingt nach viel, ist aber gerade mal ein Prozent des Gesamtumsatzes des Lebensmitteleinzelhandels (LEH). Trotz des sehr geringen Interesses denken die meisten großen Ketten und einige Start-ups über digitale Vertriebsmöglichkeiten nach.
Das alles sind aber noch eher maue Versuche. Amazon ist da ein ganz anderes Kaliber. Amazon Fresh ist ein Online-Lebensmittelversand, der in den USA im Jahr 2007 zunächst als Beta-Test in Seattle startete. Mit dem Angebot will Amazon die deutsche Lebensmittelbranche revolutionieren. Dabei geht es nicht nur um Getränke und Drogerieartikel, die Kunden schon heute über Amazon Pantry kaufen können, sondern um einen kompletten Versand-Supermarkt, der mit DHL als Logistikpartner alles bringt, was der Kunde möchte. In München entsteht zudem derzeit eine Logistikhalle, die als Warenlager für Amazon Fresh dienen soll.
"Zahlreiche Insolvenzen"
Das bringt die etablierten Player ins Schwitzen: So bestätigte Rewe-Chef Alain Caparros der Düsseldorfer "Rheinischen Post": "Wir müssen uns warm anziehen gegen Amazon Fresh". Auch Christoph Niering, Vorsitzender des Berufsverbands der Insolvenzverwalter in Deutschland warnt vor einer Pleitewelle in der Branche.
"Angebote wie Amazon Fresh werden das milliardenschwere Lebensmittel-Geschäft über kurz oder lang umpflügen und für zahlreiche Insolvenzen sorgen", so Niering der WirtschaftsWoche. Denn die Entwicklung gehe klar zulasten traditioneller Handelsketten und ihrer Lieferanten aus der Ernährungsindustrie. Dort seien die Margen bereits heute extrem niedrig. "Der zusätzliche Preisdruck durch Online-Anbieter verschärft die Situation und könnte Tausende Arbeitsplätze kosten", meint Niering, der als Insolvenzverwalter bereits selbst zahlreiche Nahrungsmittelhersteller durch die Pleite gesteuert hat.
In Seattle indes testet Amazon Fresh derzeit schon die Zustellung von Lebensmitteln in den Kofferraum. User bestellen die frischen Waren im Netz und können sich diese schnellstenfalls innerhalb von 15 Minuten an einer Pick-Up-Station in den Kofferraum liefern lassen.