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Praxis-Case Wie Jako-o China erobern will

Die Jako-o-Produkte werden in China auch über das Online-Kaufhaus Tmall von Alibaba verkauft.

Die Jako-o-Produkte werden in China auch über das Online-Kaufhaus Tmall von Alibaba verkauft.

Jako-o ist seit knapp drei Monaten mit einem Flagship-Store auf Tmall Global vertreten. Der Markteintritt in China erforderte eine gründliche Vorbereitung.

China ist als Absatzmarkt für deutsche Unternehmen sehr attraktiv. Schließlich ist das Land seit 2010 nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Eine wachsende chinesische Mittelschicht, die gern konsumiert, lockt Marken und Händler an. Dennoch ist es eine Herausforderung, einen Shop oder eine Präsenz in einem Land zu eröffnen, das so weit entfernt ist - geografisch und kulturell.

Nach rund einjähriger Vorbereitung wagte der Kinderausstatter Jako-o im Juni 2018 den Schritt ins Reich der Mitte. Markus Heerwagen, Head of Retail, erklärt, dass man die Entwicklung in Asien schon länger aufmerksam beobachtet habe. Er zählt mehrere Gründe für die Eröffnung des Shops auf: Asiatische Kunden begeistern sich für deutsche Produkte. Jako-o könne gute Stories zum eigenen Angebot liefern. Auch von der Lockerung der Ein-Kind-Politik verspricht sich der Hersteller mehr Nachfrage.

Mit der Haba-Firmengruppe im Rücken hat Jako-o zudem die finanziellen Möglichkeiten für die Expansion. Der Spielwarenhersteller erwirtschaftet mit insgesamt zehn Marken, darunter Jako-o, jährlich einen Umsatz von rund 360 Millionen Euro. Geholfen hat sicher auch, dass Jako-o Erfahrung damit hat, Kunden im EU-Ausland zu beliefern. Neben dem Fokus auf die Kernmärkte Deutschland, Österreich und Schweiz betreiben die Bayern für Schweden und Polen einen eigenen Shop.

Jako-o betreibt Marken-Shop auf Tmall Global

In China hat das Unternehmen hingegen keinen eigenen Online Shop aufgemacht, sondern ist seit Frühling 2018 mit einem Flagship-Store auf dem Marktplatz Tmall Global von Alibaba präsent. Die Alibaba Group betreibt mehrere ­große E-Commerce-Plattformen in ­China, darunter das Online-Auktionshaus Taobao, die Business-to-Business-Handelsplattform Alibaba.com, das Online-Kaufhaus Tmall.com und den Cross-border-Marktplatz Tmall Global. Auf Tmall Global sind ausschließlich Markeninhaber ­gelistet. Sie beliefern chinesische Kunden mit Produkten von außerhalb Chinas, berichtet Heerwagen. So soll sichergestellt werden, dass die Kunden keine Plagiate erwerben.

Jako-o habe sich wegen der hohen Reichweite im chinesischen Markt für ­eine Präsenz auf Tmall Global entschieden. "Über 60 Prozent des Coss-border-E-Commerce werden über die verschiedenen Plattformen von Alibaba abgewickelt", begründet er die Wahl. Erste Erfahrung im asiatischen Markt hat der Kinderausstatter mit einem stationären Flagship-Store in Taipeh, Taiwan, gesammelt, der im Februar 2017 eröffnet wurde. "Wir konnten dort lernen, wie asia­tische Kunden auf unser Angebot reagieren", sagt Heerwagen.

Vor dem Start auf Tmall Global hat sich das Unternehmen aus Franken langsam an den chinesischen Markt herangetastet und sozusagen unter dem Radar kleinere Tests online und in stationären Laden durchgeführt. Nach ­einem Softlaunch im Mai 2018 wählten ­Jako-o und Alibaba den 1. Juni für die ­offizielle Eröffnung des digitalen Flagship-Stores auf Tmall Global. Denn am 1. Juni feiern die Chinesen den Kindertag.  Kinder stehen im Mittelpunkt und erhalten Geschenke. Deshalb ist das Datum auch für den Einzelhandel wichtig.

Um der neuen Online-Präsenz Aufmerksamkeit zu verschaffen, begleiteten Jako-o und Alibaba die Shop-Eröffnung mit einem Pop-up-Store in einer Shopping-Mall in Shanghai. "In chinesischen Malls gibt es Spielbereiche, wo Eltern ihre Kinder in die Betreuung geben können, während sie einkaufen", beschreibt Heerwagen, wie das Unternehmen aus Bad ­Rodach auf die potenziellen Kunden in Shanghai zugegangen ist. In der Shopping-Mall "Cloud Nine" hatte Jako-o drei Tage lang einen Spielbereich aufgebaut. "Sobald jemand Fan des Flagship-Stores von ­Jako-o auf Tmall Global wurde, haben wir die Betreuung des Kindes kostenlos angeboten", schildert Heerwagen das Vermarktungskonzept.

Pop-up-Store

Um der neuen Online-Präsenz Aufmerksamkeit zu verschaffen, begleiteten Jako-o und Alibaba die Shop-Eröffnung mit einem Pop-up-Store in einer Shopping-Mall in Shanghai.

Der Spielbereich diente gleichzeitig als Pop-up-Store. Eltern, die mit ihren Kindern dorthin kamen, konnten Produkte kaufen, indem sie QR-Codes einscannten. Der Jako-o-Shop auf Tmall Global hat ­diese Produkte anschließend innerhalb von 24 Stunden geliefert.

Jako-o startete im Webshop mit 40 Produkten aus dem Bereich Spielwaren. In Europa ist das Sortiment viel breiter: Der Händler bietet Spiel- und Sportartikel, Kindermode, Möbel und viele andere ­Sachen für Kinder an. Die Tests hätten gezeigt, dass für Spielwaren eine große Nachfrage da war, begründet Heerwagen die Beschränkung und fügt hinzu: "Wir haben Respekt vor den Retouren, wenn ein Kleidungsstück nicht passt. Deshalb wollten wir zum Marktstart in China die Komplexität so lange reduzieren, bis die Prozesse sauber aufgesetzt sind."

Zusammenarbeit mit Dienstleister

Wer auf Tmall Global Waren verkaufen will, muss sich an die Spielregeln des Marktplatzes halten, zum Beispiel erfolgt die Zahlungsabwicklung über Alipay. Der Markeninhaber muss mit einem zertifizierten "Trading Partner" zusammenarbeiten. Dazu übermittelte der Plattform-Betreiber Alibaba eine Liste mit möglichen Dienstleistern.

Jako-o hat in einem Pitch-Verfahren die Agentur Web2Asia in Shanghai ausgewählt. "Das Team von Web2Asia übernimmt für uns die komplette Marktbearbeitung", gibt Heerwagen Auskunft. Zu den Kosten für den Dienstleister und der Höhe der Marktplatzgebühr äußert er sich nicht. Sie seien vergleichbar mit Marktplatzgebühren in Europa und mit den Kosten für die Callcenter der Shops in ­Polen und Schweden.

Die Ware kommt auf zwei Wegen zu den chinesischen Kunden. Trifft eine Bestellung aus China bei Jako-o ein, wird sie in Bad Rodach bearbeitet, die Ware verpackt und per Luftfracht versendet. Das dauert im Schnitt zwischen fünf und sieben Werktage. Damit der Kinderausstatter bei Bedarf auch schneller liefern kann, nutzt Jako-o ein "Bonded Warehouse". Das ist die englische Bezeichnung für ein Zoll­lager, in dem importierte Güter zwischengelagert werden. Betrieben wird es von der Alibaba-Logistiktochter Cainiao.

Umsatzzahlen für den chinesischen Markt verrät Heerwagen nicht, doch mit dem Ergebnis ist er bislang zufrieden: "Wir haben solide geplant und stabilisieren ­gerade die Prozesse. Die Tücken stecken im Detail beziehungsweise in den Back­end-Prozessen wie Finanzbuchhaltung, Logistik und Zollabwicklung." Pläne für die Ausweitung des Geschäfts hat er auch: Ab Herbst 2018 will Jako-o Modeartikel auf Tmall Global anbieten.