Übernahmen bei Payment Service Providern, der Börsengang von Adyen: Seit Finanzinvestoren den Payment-Markt für sich entdeckt haben, ist viel los.
Derzeit geht es im deutschen Markt der Payment Service Provider (PSP) rund: Nahezu jede Woche lassen eine Fusion oder eine Übernahme aufhorchen. Eine kurze Chronologie: Mitte Mai 2018 hat der Schweizer Payment-Dienstleister Six Payment Services - ein E-Payment-Ableger der Schweizer Banken - sein komplettes Kreditkartengeschäft an den französischen Zahlungsdienstleister Atos Worldline abgegeben.
Anfang Juni verkündete BS Payone ein Joint-Venture mit dem ebenfalls aus Frankreich stammenden Dienstleister Ingenico. Ingenico wird mit 52 Prozent die Mehrheit halten, sodass Experten eher von einer Übernahme denn von einem Gemeinschaftsunternehmen sprechen. BS Payone ist seinerseits erst 2017 entstanden, als der Eigner, der Deutsche Sparkassenverlag, seine Töchter BS Card Services und Payone fusioniert hat. Vermutlich soll BS Payone nun mit der Ingenico-Tochter Ingenico Payment Services verschmolzen werden.
Und ebenfalls Anfang Juni verkündete der nordeuropäische Zahlungsdienstleister Nets die Fusion mit Concardis. Concardis war seit Januar 2017 im Besitz der beiden Finanzinvestoren Bain und Advent. Sie hatten den PSP dem Vernehmen nach für rund 700 Millionen Euro von den damaligen Eigentümern, einem Konsortium aus 40 deutschen Banken, gekauft. Jetzt haben die Investoren Kasse gemacht: Concardis soll für die Fusion geschätzt mit bis zu einer Milliarde Euro bewertet worden sein.
Eine Konsolidierung war absehbar
Aber warum dreht der Markt so schnell? Ein Grund ist, dass sich schlicht zu viele Player auf dem deutschen Markt getummelt haben, eine Konsolidierung war daher absehbar. Gefördert wird sie durch die zunehmende Komplexität im Payment: "Heutzutage reicht es nicht mehr aus, nur noch einen kleinen Teil der Wertschöpfungskette abzudecken. Moderne Händler erwarten von ihrem Anbieter neben Dienstleistungen für das Acquiring auch Lösungen zur Betrugsverhinderung und Omnichannel-Lösungen", erklärt Julia Houben, Geschäftsführerin von Paylobby, Betreiber einer Payment-Vergleichsplattform. Auch die komfortable Abwicklung einer breiten Palette an grenzüberschreitenden Zahlungen ist mittlerweile ein Muss für Dienstleister.
Investoren wittern Gewinne
Ein weiterer Grund sind die sinkenden Margen, etwa durch die Deckelung der Interchange-Gebühren bei Kreditkartenzahlungen. Dies versuchen die Anbieter durch höhere Umsatzvolumina wettzumachen: Sie kaufen Unternehmen und deren Kunden zu, um mehr Transaktionen zu erzielen.
Dass gerade die Banken ihre Töchter abgeben, hat damit zu tun, dass sie aufgrund der nun schon seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase massive Einnahmeneinbrüche hinnehmen müssen und daher selbst mit dem Rücken zur Wand stehen. "Der Druck auf die Banken ist sehr hoch, daher verkaufen sie schon mal das Tafelsilber", meint Ernst Stahl, Payment-Experte am Institut Ibi Research. Zudem tun sich die Banken schwer, in einem so dynamischen, technikgetriebenen Segment mitzuhalten, glaubt Houben.
Wachstum bei Wirecard und Adyen
Gewinner sind technikaffine Unternehmen, allen voran Wirecard und Adyen. Beide Unternehmen sind sehr international aufgestellt. Wirecard entwickelt zudem kontinuierlich Neuerungen, kooperiert mit Fintechs und stellt Whitelabel-Lösungen im Hintergrund bereit. Der Marktwert der Wirecard AG ist mittlerweile 40 Prozent höher als der der Commerzbank.
Der Payment-Dienstleister Adyen legte seinerseits Mitte Juni einen fulminanten Börsenstart in Amsterdam hin: Die Aktie wurde zu 240 Euro ausgegeben, kurz darauf kostete sie bereits 480 Euro. Damit kommt Adyen auf einen Marktwert von 14 Milliarden Euro. Nicht zuletzt wegen solcher Summen haben Finanzinvestoren einen aufmerksamen Blick auf den Markt: Sie erhoffen sich in Zeiten niedrigster Zinsen gute Geschäfte.
Kurzfristig sinkende Payment-Preise
Durch den starken Wettbewerb können Shop-Betreiber zumindest kurzfristig auf sinkende Payment-Gebühren hoffen und nachverhandeln. Langfristig drohen jedoch wenige große Player die Konditionen zu diktieren. Kleinere PSPs wie Heidelpay oder Computop brauchen in einem solchen Marktumfeld wohl eher eine Nische, um zu überleben.