
Marc Berg, Chef von Klarna Deutschland
Marc Berg, Chef von Klarna Deutschland
Die Klarna Group hat den deutschen Rechnungskauf-Anbieter Billpay übernommen. Was das für die Billpay-Händler bedeutet, erläutert Klarna-Deutschland-Chef Marc Berg im Interview.
Nach rund sechsmonatiger Verhandlungsdauer hat Klarna Anfang Februar 2017 den deutschen Konkurrenten Billpay übernommen. Parallel wurde der deutsche Hauptsitz des Payment-Dienstleisters von Köln nach München verlegt. Internetworld.de hat mit Marc Berg, seit September 2016 Deutschland-Chef von Klarna, über die künftige Strategie des schwedischen Online-Bezahldienstes gesprochen.
Ein Online-Rechnungskauf-Anbieter übernimmt einen anderen. Warum ist Billpay für Klarna interessant?
Marc Berg: Billpay hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt und war unser größter Wettbewerber im deutschsprachigen Markt. Größe ist in unserem Geschäft ein Wettbewerbsvorteil, denn mit dem Transaktionsvolumen, das ein Payment-Dienstleister abwickelt, steigt seine Rentabilität. Mit der Übernahme von Billpay vergrößern wir auch den Abstand zu unserem nächsten Wettbewerber.
Welchen Betrag hat die Klarna Group für Billpay bezahlt?
Berg: Bitte sehen Sie mir nach, dass ich über Einzelheiten nicht sprechen kann, da wir mit unseren Partnern Stillschweigen vereinbart haben.
Wie viele Online-Händler gewinnt Klarna durch den Kauf von Billpay?
Berg: Billpay ist in den Märkten Deutschland, Österreich, Schweiz und in den Niederlanden aktiv und arbeitet mit rund 5.000 Händlern zusammen. Da das Unternehmen ja ein Wettbewerber von Klarna ist, gibt es bei den Händlern keine Überschneidung. Für Klarna sind das also zu hundert Prozent zusätzliche Händler.
Wie viele Kunden bringt Billpay mit?
Berg: Billpay hat in seinen Märkten insgesamt rund 12 Millionen aktive Kunden. Zum Vergleich: In den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz zählt Klarna 19 Millionen Kunden.
Und wie viele Händler hat Klarna im deutschsprachigen Raum?
Berg: Diese Zahl veröffentlichen wir nicht gesondert. Insgesamt arbeitet die Klarna-Gruppe in Europa und in den USA mit rund 65.000 Händlern zusammen.
"Für die Händler ändert sich nichts"
Ändern sich die Konditionen für Billpay-Händler durch die Übernahme?
Berg: Erst einmal ändert sich für sie gar nichts. Wir machen alle Verknüpfungen der Billpay-Händler mit Klarna im Hintergrund, die Billpay-Händler müssen nichts tun. Es ist technisch ein komplexes Projekt und wird nicht in den nächsten drei Monaten beendet sein. Uns war es sehr wichtig, dass die Händler keine Neuintegration benötigen.
Wie ist das, wenn beispielsweise ein Billpay-Händler einen weiteren internationalen Markt, in dem Klarna aktiv ist, integrieren will?
Berg: Sobald wir die technische Integration der Billpay-Händler abgeschlossen haben, geht das. Das Ziel ist natürlich, allen Händlern die Payment-Abwicklung in allen 18 Märkten anzubieten, in denen die Klarna Group vertreten ist.
Billpay-Händler und Klarna-Händler haben doch sicher unterschiedliche Konditionen. Rechnen Sie nun verstärkt mit Verhandlungen über Konditionen bei der Zahlungsabwicklung?
Berg: Ich gehe nicht davon aus, dass es zu vielen Preisverhandlungen kommen wird, denn die Händler bewegen sich ja nicht in einem Vakuum. Die meisten haben sich schon vor der Vertragsunterzeichnung mit dem Wettbewerb auseinandergesetzt, meist auch mit Billpay. Ich bin generell kein Freund von reinen Preisverhandlungen. Wir setzen uns lieber mit der Frage auseinander, wie wir ein besseres Werteversprechen realisieren können.
Was verstehen Sie unter Werteversprechen?
Berg: Klarna hat viel darin investiert, den Checkout-Prozess reibungslos und gut hinzubekommen, um die Kaufabbruchquote zu minimieren. Wir haben beispielsweise die Funktion „Pay with one Click“ eingeführt oder bieten Konsumenten auf dem „Myklarna“-Portal an zu entscheiden, wie ein Einkauf bezahlt werden soll. Der Kunde hat eine Übersicht über alle mit Klarna getätigten Transaktionen. Dort kann auch die Zahlungsfrist um zehn Tage verlängert werden oder ein Einkauf in eine Ratenzahlung umgewandelt werden. Wir bezeichnen das als „Post Purchase Prozess“. Unser Ziel ist es, dieses Kundenerlebnis nach dem Einkauf so kundenfreundlich wie möglich zu gestalten. Aus Online-Händlersicht würde ich mich mit der Frage beschäftigen, bei welchem Payment-Anbieter ich das beste Preis-Leistungs-Verhältnis erhalte.
Beschwerden von Kunden sind Einzelfälle
Von Klarna hört man im Markt manchmal, dass das Salesteam gegenüber Online-Händlern sehr aggressiv auftritt. Stört Sie das?
Berg: Ich habe noch keine Beschwerden von Händlern bekommen. Es klingt so, als würde das Salesteam einen guten Job machen, denn sie sollen ja Händler akquirieren. Unsere Vertriebsleute sprechen natürlich auch mit Händlern, um auftretende Probleme zu lösen.
Probleme treten beispielsweise auf, weil es gar nicht so einfach ist, Abläufe beim Online-Shopping und -Bezahlen sauber aufzusetzen. Zum Beispiel kommt es immer wieder zu Verzögerungen bei der Warenlieferung. Wie häufig kommt es vor, dass Klarna eine Mahnung an einen Kunden sendet, dieser jedoch die Ware verspätet oder gar nicht erhalten oder bereits retourniert hat?
Berg: Auch hier hat Klarna viel investiert, um Prozesse sauber aufzusetzen. Den Einzelfall, bei dem es hapert, muss man ins Verhältnis setzen: Wir wickeln rund 315.000 Transaktionen pro Tag ab. Auf dem bereits erwähnten Myklarna-Portal können Kunden auch eingeben, dass sie eine Ware retourniert haben. Wir bieten viele Kontaktwege an, ganz neu beispielsweise eine Chat-Funktion, um Kunden die Kommunikation mit uns einfach zu machen. Falls ein Händler weiß, dass seine Logistikprozesse langsam sind, können wir auch die Benachrichtigungsfristen an seine Kunden anpassen. Üblicherweise erhalten Konsumenten, die nicht gleich bezahlen, 14 Tage nach dem Kauf einen Friendly Reminder, dass sie noch eine offene Rechnung bei uns haben.
Zurück zu Billpay: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) muss der Übernahme noch zustimmen. Wenn der Billpay-Kauf genehmigt wird, wie geht es dann weiter?
Berg: Wir werden Billpay in den kommenden ein bis zwei Jahren in Klarna integrieren. Billpay wird nicht als eigene Marke bestehen bleiben.
"Standort Berlin bleibt erhalten"
Billpay hat den Hauptsitz in Berlin. Was passiert mit diesem Standort?
Berg: Wir werden ihn erhalten, weil es für Klarna gut ist, dort eine Niederlassung zu haben. Schließlich ist Berlin ein Start-up-Standort. Ende 2016 hat Klarna ja bereits das Team des Finanz-Start-ups Cookies übernommen. Mit Billpay haben wir jetzt wieder Fachkompetenz im Payment-Bereich zugekauft.
Aktuelle Studien zum Payment-Markt bescheinigen der Rechnungszahlung zwar immer noch große Beliebtheit, tendenziell verliert der Rechnungskauf jedoch gegenüber anderen Zahlungsarten. Setzen Sie mit dem Rechnungsanbieter Billpay auf das richtige Pferd?
Berg: Ja. Wir können anhand unserer Nutzungszahlen bei Klarna auch nicht nachvollziehen, woher die Annahme kommt, dass der Rechnungskauf abnimmt. Darüber hinaus sehen wir unser Angebot nicht mehr nur einfach als klassischen Rechnungskauf. Wenn man das Bezahlen per Rechnung bei Klarna betrachtet, ist das ein voll digitaler Bezahlprozess mit sehr großer Flexibilität für den Kunden. Und Kunden haben den großen Vorteil, dass sie etwas bestellen können, ohne ihre Payment-Daten preisgeben zu müssen.