
Viele Online-Shops setzen auf BNPL-Optionen. Eine neue EU-Richtlinie könnte bald dafür sorgen, dass diese Geschäftsmodelle nicht mehr um eine Kreditwürdigkeitsprüfung herumkommen. Worauf Shop-Betreiber achten müssen, wenn sich die EU-Verbraucherrichtlinien verändern.
Von Patrick Scherr, Gründer Y1 Digital AG
"Buy Now, Pay Later" - oder kurz: BNPL - ist eine beliebte Zahlungsmethode, die es Kunden ermöglicht, ihre Einkäufe sofort zu tätigen, aber die Kosten auf später zu verschieben. Diese Art der Finanzierung wird oft von Online-Shops und Einzelhändlern angeboten. BNPL-Anbieter wie Afterpay, Klarna und Laybuy haben in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen, insbesondere unter jüngeren Kunden, die sich keine teuren Artikel auf einmal leisten können oder wollen. Diese Anbieter ermöglichen es Kunden, ihre Einkäufe in mehrere Raten aufzuteilen und die Zahlungen über einen bestimmten Zeitraum hinweg zu leisten.
Was vielen nicht bewusst ist: Rechtlich gesehen handelt es sich bei BNPL um einen Kredit. Insgesamt haben Services wie Klarna den E-Commerce erleichtert und verbessert, indem sie Kunden mehr Flexibilität und Sicherheit bieten. Sie vereinfachen den Online-Kaufprozess, weil weitere Zahlungsoptionen im Portfolio eines Online-Shops angeboten werden können. Shop-Betreiber entrichten in der Regel einen anteiligen Betrag an den BNPL-Anbieter und tragen dafür nicht das Ausfallrisiko, also das Risiko, dass der Käufer einer Ware oder Dienstleistung nicht bezahlt.
Was möchte die EU mit der Richtlinie erreichen?
PayPal und Klarna gehören zu den beliebtesten Online-Bezahldiensten in Deutschland. Eine repräsentative Umfrage der Schufa belegt: Fast die Hälfte der Befragten (44 Prozent der 16-25-Jährigen) hat schon einmal die BNPL-Funktion genutzt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. 40 Prozent der Befragten gab an, schon mal die Bezahlfrist vergessen zu haben und deswegen gemahnt worden zu sein. Laut Befragung konnten rund ein Fünftel (18 Prozent der Befragten) die Schulden nicht bedienen, weil sie nicht genug Geld hatten.
Anders als bei herkömmlichen Krediten bedarf es bei BNPL-Käufen keiner Kreditwürdigkeitsprüfung im Sinne der Verbraucherkreditrichtlinie. Denn die Richtlinie findet keine Anwendung bei Krediten unter 200 Euro oder solchen, die innerhalb eines Zeitraums von unter drei Monaten zurückgezahlt werden sollen. Leider nutzen insbesondere viele Jugendliche diese Möglichkeit, um Waren und Dienstleistungen zu kaufen, die sie sich eigentlich nicht leisten können. Auf diese Weise häufen sich ohne eine Kreditwürdigkeitsprüfung schnell Schuldenberge an, die aus eigener Kraft nicht mehr abgebaut werden können. Denn auch Kleinvieh macht bekanntlich Mist und viele Bestellungen mit kleinen Beträgen können sich zu einer großen Summe läppern. Ein fragwürdiger Trend in Social Media brachte die hoch verschuldeten Jugendlichen sogar dazu, mit der Höhe ihrer angehäuften Schulden "anzugeben". An diesem Beispiel zeigt sich die Gefahr von BNPL-Optionen.
Wie sollten Shop-Betreiber mit zukünftigen Änderungen umgehen?
Auch wenn Shop-Betreiber im Regelfall ihr Geld erhalten, könnten sie in Zukunft von den geplanten neuen EU-Richtlinien betroffen sein. Geplant ist unter anderem eine vorgeschaltete Kreditwürdigkeitsprüfung, welche mit sogenannten finanzrelevanten Daten gelöst werden soll. Diese Methode soll gewährleisten, dass sich finanzschwache Menschen nicht durch Online-Konsum verschulden und nur diejenigen einen Kredit durch die BNPL gewährt bekommen, die ihn auch bedienen können. Für Betreiber von Online-Shops kann die geänderte Rechtslage in mehreren Dimensionen relevant werden.

Patrick Scherr, Y1
Y1
Der Online-Shop sollte keinen Knall haben
Was bedeutet das? Dazu unten gleich mehr: Wir raten unseren Kunden immer, die Customer Experience vom Shop-Besuch über den eigentlichen Kauf bis hin zum Newsletter danach so reibungslos wie möglich zu gestalten. Eine Kreditwürdigkeitsprüfung ist bei einer smoothen CX im Online-Shop wie ein Urknall, während man Yoga-Meditation macht: Der Flow ist vorüber! Deswegen ist eine grundlegende Überlegung: Bin ich darauf angewiesen, BNPL-Optionen in meinem Shop anzubieten?
Eine Frage, die eine genaue Analyse der angebotenen Güter und der Kunden erforderlich macht. Wir erleben es immer wieder, dass Shop-Betreiber von einer anderen Käuferzielgruppe ausgehen als diejenigen, die tatsächlich für Umsatz sorgt. Als Faustregel gilt: Je teurer und exklusiver die angebotenen Waren sind, desto persönlicher, individueller und kundenorientierter sollte ein Shop sein. Das bedeutet, dass möglichst viele Zahlungsmethoden zur Verfügung stehen sollten, um die Kundenbedürfnisse maximal zu befriedigen. Je höher der Preis einer Ware ist, umso wahrscheinlicher profitiert der Händler von einer BNPL-Option. Nicht zuletzt kann auch die Zahlungsmoral der eigenen Kundschaft bei der Entscheidung für BNPL-Optionen ein ausschlaggebendes Argument sein. Diesen Händlern raten wir dazu, BNPL-Funktionen in ihrem Shop bereitzustellen.
Die richtige Technik
Eine weitere Frage bei der Auswahl der Zahlungsoptionen ist: Ermöglicht die Architektur meines Shops und meines E-Commerce-Systems eine einfache Integration oder stehen grundlegende Umstrukturierungen an? Diese Frage lässt sich nicht einfach mit einer Faustregel beantworten. Denn sie ist von vielen Faktoren abhängig: das technische Set-up des Shops und die Möglichkeit, technische Add-Ons in das bestehende Gefüge zu implementieren. Hierzu bedarf es langjähriger Erfahrung bei der strategischen Ausrichtung und technischen Ausgestaltung des Online-Shops. Auch hier gilt: Der Shop muss dem (potenziellen) Kunden dienen. Ein Mantra, das im Hinblick auf die technische Ausgestaltung nicht ins Hintertreffen geraten darf.
Fazit
Die Verbraucherkreditrichtlinie wird für strengere Voraussetzungen bei BNPL-Optionen sorgen. Shop-Betreiber müssen sich die Frage stellen, ob ihr Shop auf die Bereitstellung von BNPL-Optionen ausgerichtet und angewiesen ist. Mit Blick auf die Technik müssen Betreiber von E-Commerce-Plattformen darauf achten, mit welchem Aufwand neue Zahlungsoptionen in den Shop integriert, werden können und welche Zahlungsdienste die anvisierte Kundenzielgruppe überhaupt nutzt.