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Analyse Gespanntes Warten auf TikTok Shop

shutterstock / bigTunaOnline
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Noch ist TikToks Online-Marktplatz nicht in Kontinentaleuropa verfügbar, doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis die Social-Media-Plattform auch hierzulande den Schritt zur Shopping-Adresse macht. Wenn es soweit ist, sollten Händler und Brands bereit sein.

Seit Mitte September ist TikTok in den USA, seinem mit 150 Millionen aktiven Nutzern größten Markt, nicht mehr nur eine Social-Media-Plattform, sondern auch ein Online-Marktplatz. Creators und Marken können seither auf der chinesischen Videoplattform Produkte in ihren Clips anbieten und direkt verkaufen. Die neue Registerkarte "Shop" zeigt in der Suche passende Produkte an. Und über dem Namen eines Creator-Kontos erscheint immer häufiger das Menü "Shop".

Der US-amerikanische TikTok Shop ist der nächste Schritt in der E-Commerce-Strategie des Unternehmens. TikTok hat lange gezögert, sich auf eine E-Commerce-Linie festzulegen; so gibt es TikTok Shop bereits seit 2021 in Großbritannien und Indonesien, hatte dort aber vornehmlich Testcharakter und wurde von TikTok eher vorsichtig beworben. Offenbar hat sich das Konzept mittlerweile bewährt, denn beim Start in den USA geht TikTok in Sachen Online-Shopping "all-in". Noch in diesem Jahr soll ein globales Online-GMV von 20 Milliarden US-Dollar erreicht werden, kolportierten kürzlich die meist gut informierten Kollegen von Bloomberg.

Massive Investitionen in Fulfillment, Reichweite und Händlerschaft

Damit das gelingt, treibt TikTok seine neue Shopping-Sparte massiv voran. Fast jede Woche werden neue Kategorien aufgeschaltet, in denen Creators Produkte verkaufen können.  Im August startete das hauseigene Logistik-Angebot "Fulfilled by TikTok" (FBT) in Großbritannien, bei dem sich die Plattform im Auftrag von Verkäufern um die Lagerung, Kommissionierung, Verpackung und den Versand von Waren kümmert. In den USA kümmern sich seit Mitte Oktober verschiedene Fulfillment-Dienstleister um FBT.

Besonderen Impact verspricht sich TikTok offenbar von den Shopping-Tagen der Cyber Week: An den vier Tagen zwischen Black Friday und Cyber Monday will TikTok Händler-Rabatte von bis zu 50 Prozent durch Erstattungen subventionieren. Das volle Commitment von TikTok zum Thema Shop zeigt sich auch an anderer Stelle: Mitte September beendete die Plattform ihre langjährige Partnerschaft mit Shopify. Der auf TikTok angestoßene Umsatz soll in Zukunft auf TikTok abgewickelt werden - und nicht mehr im Shopify-Store der Creators. 

Wann kommt TikTok Shop nach Zentraleuropa?

Aktuell hält sich die Social-Media-Plattform zu weiteren Expansionsplänen für ihre Shoplösung bedeckt, doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis TikTok auch hierzulande als Marktplatz fungiert. Bis dahin sollten sich hiesige Brands und Retailer eine Strategie für den Umgang mit der neuen Plattform überlegt haben. 

Tatsächlich gibt es gute Gründe, die Plattform als Verkaufskanal zu nutzen. So haben kürzlich im Rahmen einer McKinsey-Erhebung 70 Prozent der Nutzer angeben, über die App neue Marken und Produkte zu entdecken. 83 Prozent sagten, dass TikTok eine Rolle bei ihrer Kaufentscheidung spielt. "Ich denke, wenn man als Marke auch nur irgendwie die GenZ im Blick hat, wird man früher oder später nicht drumherum kommen, TikTok Shop zu nutzen", sagt der E-Commerce-Berater und Retail-Experte Markus Günter. "Die Erfahrung in den USA wird sicher die Blaupause für große europäische Märkte wie Deutschland."

Zur Wahrheit gehört auf der anderen Seite, dass der Algorithmus von TikTok undurchsichtig und schwer zu berechnen ist, sodass sich Brands schnell in Umfeldern wiederfinden können, die nicht zu ihrem Image passen. Zudem gerät die Plattform in Europa immer wieder ins Fadenkreuz von Daten- und Jugendschützern. Auch das Thema Counterfeit wird von TikTok aktuell nicht zufriedenstellend adressiert. Letztlich wird die Entscheidung für einen Verkauf über TikTok stark von der eigenen Zielgruppe abhängen.

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