Kommentar Wie Temu vom systematischen Diebstahl von Amazon-Produktdaten profitiert
Temu-HändlerInnen stehlen systematisch Produktfotos- und Beschreibungen aus Amazon-Bestsellerlisten und ziehen damit Copycats auf dem China-Marktplatz hoch. Der Diebstahl ist ein Ergebnis von Temus aggressiver Expansionspolitik, von dem der Marktplatz stark profitiert.
Temu-HändlerInnen stehlen laut einer Recherche des US-Magazins Wired systematisch Produktfotos und -Texte aus Amazon-Bestsellerlisten, um damit Produktfälschungen und -Imitationen auf Temu anzubieten. Der aggressiv expandierende Marktplatz unternimmt wenig bis gar nichts gegen diese Praxis, im Gegenteil, in einem Fall soll Temu laut Wired selbst Urheberrechtsverletzungen begangen haben.
Dutzende Fälle geklonter Bestseller vermutlich nur Spitze des Eisbergs
Die Recherchen der Wired basierten ursprünglich auf Gesprächen mit einem chinesischen Händler, der mit großem Aufwand und einer externen Qualitätssicherung über die schweizerische SGS Produkte über Amazon in die USA verkauft.
Die Wired stöberte daraufhin in China im Netz schnell dutzende chinesische Händleraccounts auf, die sich ebenfalls über den Diebstahl von Produktbildern und -Texten beklagten, mit denen Copycats ihrer eigenen Produkte bei Temu vertrieben würden.
Alle Händler berichten über drastische Umsatzeinbußen, nachdem die Copycats ihre Produkte illegal geklont und bei Temu inseriert hatten.
Die bekannten Fälle dürften nur die Spitze des Eisbergs darstellen.
Hintergrund: Mitverursacher für die Copykats ist die aggressive Expansionspolitik von Temu
Die Expansionspolitik von Temu ist teuer, die Plattform soll pro Bestellung in die USA 30 US-Dollar verlieren und so Monat für Monat Millionen US-Dollar verbrennen.
Das bringt jedoch noch nicht genug Bewegung in den Markt, wenn die Preise nicht weit unter dem Markt-Niveau sind.
Temu nimmt deshalb großen Einfluss auf die Preisgestaltung auf dem Marktplatz und drückt die Verkaufspreise enorm, teilweise bis unter den Einstandspreis der Hersteller. Der Druck auf die Supply-Chain ist so hoch, dass sich laut Wired HändlerInnen vereinzelt von der Plattform abgewendet haben.
Die Produktion von Produktbildern und -Beschreibungen ist zeit- und kostenintensiv und stellt bei guter Ausführung einen erheblichen Vorteil für HändlerInnen dar. Der Preisdruck auf die Hersteller und HändlerInnen führt offensichtlich dazu, dass diese illegale Abkürzungen nehmen und sich die Kosten für Produktentwicklung, -Bilder und -Beschreibungen sparen.
Temu profitiert von Urheberrechtsverletzungen der Copycats und unternimmt nichts
Bei Temu scheint das aber niemanden zu interessieren. Die rechtlichen Anfragen des Händlers, der die Recherche bei Wired ausgelöst und die Urheberrechtsverletzungen bei Temu gemeldet hat, sind laut Wired nur mit Hinhalte- und Verzögerungstaktiken beantwortet worden.
Temu hat auch auf eine Anfrage von Wired nicht reagiert und die illegalen Inhalte seien noch online, so das US-Magazin weiter.
In den USA sind bereits mehrere Klagen gegen Temu initiiert worden. Die Wham-O-Holding, der Rechteinhaber der Marke Frisbee, hat gegen mehrere chinesische HändlerInnen auf Temu geklagt, die ihre Produktimitate oder -fälschungen bei Temu mit dem Begriff "Frisbee" bewarben.
Der brisante Schlusspunkt hinter dem Drama: Die beklagten HändlerInnen beschwerten sich auf der Website von Temus "Mutter-Marktplatz" Douyin, dass Temu die entsprechenden Produkttexte mit dem Wort "Frisbee" darin selbst verfasst hätte.
Sollte das der Fall sein, dann würde Temu aktiv Urheberrechtsverletzungen begehen, mit dem offensichtlichen Ziel HändlerInnen bei Amazon zu schaden und diese vom Markt zu drängen.