
B2B-Marktplätze Der rasante Aufstieg von Ankorstore
Im Schatten von Amazon Business hat sich der erst 2019 gegründete französische B2B-Marktplatz Ankorstore festgesetzt. Ein Gespräch mit Thomas Lombard, Vice-President Market bei Ankorstore, über das Wachstum, die Mission und die Zukunft des Unternehmens.
Die Erfolgsgeschichte des französischen Online-B2B-Marktplatzes Ankorstore, zeigt, welches Potenzial im B2B-Markt immer noch steckt. Erst 2019 gegründet, ist das Unternehmen heute bereits in 28 Ländern aktiv. Über 30.000 Hersteller nutzen die Plattform, um Händler für ihre Produkte zu gewinnen; 2021 waren es noch rund 11.000 Brands. Nur zwei Jahre nach der Gründung wurde Ankorstore mit einer Bewertung von 1,75 Milliarden Euro zum Unicorn.
Wie funktioniert die Plattform - und warum ist sie so erfolgreich? Wir haben Thomas Lombard, dem Vice-President Market von Ankorstore, gefragt und bekamen Einblicke in die Expansion des Unternehmens, die Schlüsselbranchen, die Provisionsstruktur und innovative Initiativen wie "Ankorstart".
Herr Lombard, wo steht Ankorstore aktuell?
Thomas Lombard: Ankorstore ist eine noch recht junge Firma, gegründet im Jahr 2019, und derzeit in 28 Ländern aktiv, wobei unser Hauptfokus auf Westeuropa liegt. Weltweit haben wir etwa 30.000 Marken auf unserer Plattform, und in den letzten anderthalb Jahren haben wir diese Zahl fast verdoppelt. In Deutschland bieten wir Produkte von rund 7.000 Marken an. Auf der Einkaufsseite nutzen aktuell rund 300.000 Händler unsere Plattform, um ihr Geschäft mit Sortiment zu versorgen.
In welchen Branchen liegen da die Schwerpunkte?
Lombard: Ankorstore deckt eine breite Palette von Branchen ab. Die größten Kategorien auf unserer Plattform sind Lebensmittel und Getränke sowie Home & Kitchen, die zusammen fast die Hälfte unseres Angebots ausmachen. Danach folgen Mode und Accessoires sowie Beauty und Wellness. Insgesamt ist ein breites Sortiment für die Einkäufer auf unserer Plattform das wichtigste Argument. Deshalb sind wir ständig mit der Erweiterung unseres Angebots beschäftigt.
Wer ist Ihr wichtigster Konkurrent? Amazon Business?
Lombard: Nein, unser Hauptkonkurrent in Europa ist Faire aus den USA, der auch in Europa Fuß fasst und vor allem in den USA und im Vereinigten Königreich stark ist. Ein weiterer Wettbewerber ist Orderchamp aus den Niederlanden, der jedoch kleiner ist und hauptsächlich in den Benelux-Ländern und Deutschland aktiv ist. Amazon Business spricht eine andere Zielgruppe als wir. Sie versorgen in erster Linie große Unternehmen mit Büro-Produkten. Auf die typischen Orders, die wir von unseren Kunden erhalten, sind die Amazon-Logistikzentren dagegen nicht optimal eingestellt.

Thomas Lombard, Vice-President Market bei Ankorstore
Ankorstore
Geld verdienen
Es ist bekannt, dass sich Ankorstore bisher hartnäckig weigert, konkrete Geschäftszahlen wie das Gesamthandelsvolumen zu nennen… aber Sie können uns sicher etwas darüber erzählen, wie Ihr Unternehmen Geld verdient?
Lombard: Unser Geschäftsmodell basiert auf Provisionen, die wir auf den Umsatz erheben. Marken zahlen diese Provisionen. Dafür übernehmen wir die Kosten für den Versand, die Logistik, die Zahlungsabwicklung und den Kundenservice. Für die erste Bestellung eines neuen Einzelhändlerkunden, den die Marke noch nicht kannte, erheben wir eine Provision von 24 Prozent. Für Nachbestellungen beträgt die Provision 12 Prozent. Wenn eine Marke bereits einen Stamm an Einzelhändlern mit auf die Plattform bringt, zahlt sie für die ersten 12 Monate für Bestellungen dieser Händler keine Provision, danach beträgt sie 12 Prozent. Einzelhändler zahlen dagegen nur die Versandkosten für Sonderbestellungen mit höheren Logistikkosten.
Das Mitgliederprogramm "Ankorstore Plus", so eine Art Prime für Einzelhändler, kostet aber eine monatliche Gebühr von 19,99 Euro…
Lombard: Richtig, dafür erhalten Mitglieder verlängerte Zahlungsziele (90 Tage statt 60 Tage), kostenlosen Versand und spezielle Rabatte bei Veranstaltungen. Unser Ziel ist es, bis zum Ende des Jahres die Hälfte unserer Umsätze über Ankorstore Plus zu generieren, und nach vier Monaten liegen wir bereits bei 30-40 Prozent. Unsere Einzelhändler erkennen den Mehrwert dieses Programms.
Sie sagten, Sie übernehmen die Logistikkosten für die Marken. Übernehmen Sie auch den Versand selbst?
Lombard: Daran arbeiten wir aktuell. Normalerweise versenden die Marken die bestellte Ware selbst an die Einzelhändler, und wir erstatten ihnen die Logistik-Kosten dafür. In Frankreich haben wir jedoch bereits Fulfillment-Dienste eingeführt. Die Marken schicken dann ihre Produkte an die Läger unserer Logistik-Partner, und von dort aus werden Bestellungen innerhalb von 48 Stunden verschickt. Derzeit lernen wir in Frankreich, wie Fulfillment für mittelgroße Mengen funktioniert - keine Einzelbestellungen, aber auch keine Paletten. Mittelfristig ist es denkbar, dass ähnliche Systeme auch in anderen Ländermärkten eingeführt werden.
Bessere Überlebens-Chancen als der durchschnittliche Händler
Kommen wir zum Schluss noch zu Ihrem Engagement für die Händlerseite, ganz konkret zu Ihrem Programm "Ankorstart". Was hat es damit auf sich?
Lombard: "Ankorstart" ist ein Förderprogramm für Einzelhändler. Es läuft seit etwas mehr als einem Jahr und hat in Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich bereits über 5.000 Einzelhändler auf unsere Plattform gezogen. Etwa 1.000 dieser Einzelhändler sind aus Deutschland. Es ist im Kern ein kostenloses Beratungsprogramm für Händler, die ihren Einkauf optimieren wollen. Wir unterstützen damit vor allem Unternehmer, die einen eigenen Laden eröffnen wollen, bisher aber keine Erfahrung im Einzelhandel haben. Ihnen bieten wir Schulungen zu Themen wie Standortsuche, Sortimentsgestaltung, Steuern und Kundenakquise an. Wir helfen auch bei der Auswahl von Produkten und Zahlungsbedingungen. Nicht immer führt die Teilnahme am Programm dazu, dass am Ende wirklich ein Laden eröffnet wird und dieser dann tatsächlich bei uns sourct. Und nicht immer ist eine Teilnahme am Programm ein Garant für den Erfolg des Unternehmens. Aber diejenigen, die sich nach der Teilnahme zu einer Eröffnung entschließen, haben deutlich bessere Überlebens-Chancen als der durchschnittliche Händler. Das freut uns sehr. Denn wir profitieren von einem starken Handel.
Stand diese Handelsorientierung auch hinter Ihrem "Independent Black Friday", den Sie auf der Plattform ausgerufen haben, um Händlern vor der Weihnachtsaison günstigere Einkaufskonditionen zu bieten?
Lombard: Durchaus - wir haben das letztes Jahr gemacht, weil sich ja schon früh abzeichnete, dass es ein herausforderndes Weihnachten für den Handel werden würde. Wir haben keine massiven Rabatte angeboten, wie man sie aus dem B2C-Business kennt – aber wir wollten unseren Einzelhändlern die Möglichkeit geben, Rabatte an ihre Kunden weitergeben zu können, ohne sich die eigene Marge total zu zerstören. Das ist gut angekommen, und wir planen auf jeden Fall, etwas Ähnliches in diesem Jahr wieder zu machen. Unser gemeinsamer Faden ist es, Einzelhändler zu unterstützen und ihnen zu helfen, erfolgreich zu sein.
Vielen Dank für das Gespräch!