
Amazon Vendor-Programm Was Amazon Key Account Manager jetzt fürs Q4 vorbereiten sollten
Es ist kein einfaches Jahr für Vendoren auf Amazon. Die Preisverhandlungen für Vendoren sind hart und durch Amazons Sparkurs sind die Logistikkosten stark gestiegen. Wie Vendoren ihre Strukturen fürs Q4 optimieren, verrät Amazon-Verhandlungstrainerin Mandy Kirmse.
von Mandy Kirmse, Inhaberin der Amazon Vendor-Beratung Team Individuell
Auf viele Hersteller/Vendoren kommt zum Jahreswechsel eine starke Erhöhung der Logistik-Konditionen (DA, PICS, Palettenkosten) zu, da Amazon dieses Jahr einen Kostensparkurs sowie ein Großprojekt zur Optimierung der internen Logistikdurchzieht. Das setzt Hersteller in einem ohnehin schon herausfordernden Jahr zusätzlich unter Druck. Doch mit diesen Tipps lassen sich die Auswirkungen der Preis-Erhöhung abschwächen.
1. Ermitteln Sie die bisherigen Fulfillment Center, die Ihnen mehrfach keine passenden Lieferfenster anbieten konnten. Bitten Sie Ihren Vendor Manager, ein anderes Lager zu hinterlegen.
Egal, ob Sie PICS (Pan-EU Inbound Consolidation Service) oder das Standard-Anlieferungsprogramm nutzen, Amazon gibt Ihnen i. d. R. die Amazon-Läger vor, die Sie beliefern sollen. Jedoch ist es Aufgabe des Herstellers, zu überprüfen, ob diese Läger strategisch optimal für ihn sind. Manche liegen einfach zu weit entfernt oder sind zu stark frequentiert. Das verursacht höhere Versandkosten für Sie (Strecke) und/oder Strafzahlungen (PO on time accuracy), weil Sie die Fristen der Lieferfenster nicht eingehalten haben. Wenn Sie das schon unterjährig feststellen, so wird es vor Q4 dramatisch. Um die damit verbunden Kosten und Strafzahlungen im Vorfeld einzugrenzen, wählen Sie gemeinsam mit Ihrem AVS- oder Vendor Manager andere Läger aus und bitten darum, diese im System zu hinterlegen.
2. Verschaffen Sie sich einen Überblick über alle Abzüge von Amazon.
Beispielsweise: Welche Summen haben wir dieses Jahr für Strafzahlungen bezahlt und warum? Welche Shortage Claims (Rechnungskürzungen aufgrund von Fehlmengen) konnten Ihr Team nicht zurückholen und warum nicht? Prüfen Sie auch, ob Amazon die Jahreskonditionen richtig abgerechnet hat. Lösen Sie die Ursachen Ihrer Strafzahlungen noch vor Q4, um eine Kosten-Kumulation zu vermeiden.
3. Betrachten Sie Ihre Artikel im Verhältnis "Verkäufe vs. Retouren" (Vendor Central / Berichte) und listen Sie unverhältnismäßige Artikel aus.
4. Vermeiden Sie 100 % Umsatzverlust aufgrund nicht bestellbarer Artikel, die von Kunden gesucht/nachgefragt wurden.
Überprüfen Sie entgangene Umsätze durch die neue Metrik im Vendor Central namens "wiederbeschaffbarer Lagerbestand" - im englischen "procurable_OoS" und ehemals Rep-OoS. Sie finden diese neue KPI-Kennzahl unter: Berichte > Einzelhandelsanalysen > Inventar. Stellen Sie auf Englisch um, wählen Sie "Monthly" aus und sehen Sie dann in der Tabelle die Spalte "Procurable_product_oos" oder "procurable_oos" an.
100 % - bedeutet 100 % Umsatzverlust aufgrund nicht bestellbarer Artikel, die von Kunden gesucht/nachgefragt wurden. Hier sollten Sie aktiv werden und die interne Warenverfügbarkeit ermöglichen. Zudem erhalten Sie einen weiteren Ansatzpunkt. Wenn auf diesen Artikel länger kein Umsatz gelaufen ist, die Marge stimmt und die procurable_OoS-Rate bei 0 % liegt, so ist dies ein schlafender Artikel, den Sie ankurbeln sollten.
5. Nutzen Sie PICS mit Paletten-Versand? Dann konfigurieren Sie beides richtig.
Machen Sie sich einmal die Arbeit und übermitteln Sie Amazon übersichtlich die "Case-Level-Ebenen" und halten diese aktuell. Hierbei teilen Sie Amazon mit, wie viel Artikel bei Ihnen zu einer Einheit gehören, wie viele Einheiten das Kundenpaket enthält und wie viele Cases wiederum auf eine Palette passen. Erstellen Sie hierzu feste Paketnummern, um "1. Einheit, 2. Case und 3. Palette" in Unter-Ebenen korrekt zuzuordnen. (Sie können hierfür beim AVS das Excel-Sheet "Catalogcleanup.xlsx" anfordern.)
6. Aktualisieren Sie die Bestell-Codes regelmäßig im Cost File.
Nach wie vor trägt Amazon bei Artikelbestellungen - die 3 x von Ihnen abgelehnt wurden - den Replenishment-Codes "obsolete" ein. Das System weiß dann, dieser Artikel ist nicht lieferbar. Wir alle wissen, dass Amazon trotzdem bestellt - nämlich immer dann, wenn ein Produkt stark nachgefragt ist. Bei saisonalen Produkten kann der "Obsolete-Status" zu Umsatzeinbußen führen, wenn der Artikel reaktiviert wird. Grundsätzlich sollte man die Liste alle 2–3 Monate überprüfen, aktualisieren und neu hochladen.
Holen Sie das Maximum aus Q4 heraus: Was Sie sonst noch tun können
Kündigen Sie schriftlich die Jahreskonditionen, die im Jahr 2024 NICHT automatisch verlängert werden sollen.
Beispielsweise können Sie den VIR-Bonus kündigen (3-Monate Kündigungsfrist zum Datum der letzten Verhandlung), wenn Ihr Business die Wachstumsgrenze erreicht hat und Sie mit AMZ im nächsten Jahr den Fokus auf die Rentabilität und Margenoptimierung legen. Beachten Sie jedoch die Login-Effekte bei den Gesamt-Jahreskonditionen. D. h., wenn Sie in Summe z. B. 25% Jahreskonditionen bezahlen und dann den V.I.R. (Volume incentive Rebate - Staffelbonus abhängig vom AMZ-Umsatz z. B. 5 Mio. = in Höhe 5 %) kündigen, dann erwartet AMZ einen Ausgleich. Z. B. können Sie den AVS (Amazon Vendor Service) für 4 % vom Umsatz buchen/verhandeln und haben dadurch sogar noch Ihre Gesamtkonditionen um 1 % gesenkt.
Wie rentabel sind Ihre Produkte für Amazon?
Finden Sie heraus, ob die Winterkampagnen zum Erfolg oder zu Overstock führen werden. Prüfen Sie daher jetzt das Preisverhältnis in der BuyBox - wie hoch ist im Schnitt der GAP zwischen dem Amazon-Preis vs. dem Seller-Preis? Checken Sie parallel Amazons NetPPM und fordern Sie eine CRAP-out Liste an. Überprüfen Sie anschließend Ihr Portfolio und räumen Sie auf. Welche Artikel können raus, welcher Artikel muss wieder in den Verkauf, welcher Artikel eignet sich für "Amazon Exklusive", welchen überlassen wir den Sellern usw.
Zusatztipp: Wählen Sie die Artikel für Ihre Q4 Kampagnen mit Bedacht aus. Vermeiden Sie dabei die typische Sales-Greedy-Falle: Wer Kampagnen (z. B. Black Friday) auf Artikel schaltet, die von Sellern dominiert sind, zahlt doppelt bzw. gibt 2 x Preisnachlass. Einmal beim EK für den Bulk-Buy und dann nochmal im neuen Jahr für Deals zum Abbauen des durch die Kampagne generierten Overstocks ;-)
Ist das digitale Schaufenster geputzt?
Welchen Eindruck machen Ihre Bestseller? Sehen Sie sich Ihre 20 Top-Artikel genau mit der Kundenbrille an.
Stimmt der Titel noch? Sind gute Vorschau-Bilder vorhanden und sogar 1 Video? Sind die Bullet Points aussagekräftig? Sind Brand Story, A+ Content und der Brand Store sauber hinterlegt? Passen die Kategorien? Sind die Varianten vollständig und sauber? (Das Gleiche gilt für Softbundles). Wurden alle Kundenfragen von Ihrer Serviceabteilung professionell beantwortet?
Grundsätzlich gilt: Je ausführlicher Sie auf Ihr Produkt eingehen, umso überzeugter ist der Kunde und umso weniger Gründe hat er, den Artikel zurückzusenden.
Weitere Profi-Tipps für Vendoren gibt Mandy Kirmse auf der Marketplace Convention am 24./25. Oktober in Köln. Es gibt noch wenige Restkarten!