
Personalisierte Inhalte wie Suchergebnisse in Google oder Empfehlungen bei Amazon sind praktisch. Informationen über Nutzer haben jedoch auch Nachteile - wenn Händler individuell die Preise erhöhen.
Des einen Freud, des gleichen Leid: Oftmals sind Informationen, die Online-Anbieter über ihre Besucher sammeln, von Nutzen für die Surfer - weil sie ihnen zum Beispiel optimierte Suchergebnisse anzeigen oder Produkte empfehlen, deren Erwerb reizvoll ist. Die Daten, die Website-Betreiber mithilfe von Nutzerprofilen und des bisher gezeigten Surfverhaltens erheben, auswerten und nutzen, werden den Usern allerdings auch oft genug zum Verhängnis. Denn E-Commerce-Unternehmen nutzen die Daten auch, um Konsumenten unterschiedliche Preise anzubieten - zum Vorteil der Online-Händler, versteht sich.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Measuring Price Discrimination and Steering on E-Commerce Web Sites" eines fünfköpigen Teams der Northeastern University in Boston. In der Erhebung untersuchten die Studienautoren insgesamt 16 populäre E-Commerce-Seiten in den USA, und zwar zehn allgemeine Retailer und sechs Hotel- beziehungsweise Autovermietungsportale.
Das Ergebnis: Die Preise für ein und dasselbe Produkt unterscheiden sich, je nachdem welchem Käufer sie angezeigt werden. Und die Anordnung der Suchergebnisse variiert ebenfalls, abhängig vom Nutzer, der die Suchanfrage eingegeben hat.
Zum Teil mehrere Hundert Dollar Differenz
Gleiches Angebot, verschiedene Preise: Cheaptickets unterscheidet offenbar zwischen Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern
Der Studie zufolge finden sich bei mehr als der Hälfte der Anbietern, nämlich bei vier Händlern und sogar fünf Reiseseiten, Beweise für eine Personalisierung. Unter den Händlern, bei denen die Forscher auf kundenindividuelle Preisgestaltung stießen, gehören Home Depot, Sears, Cheaptickets, Priceline, Orbitz, Expedia und Travelocity.
In einigen Fällen betrug der Unterschied zwischen den angezeigten Preisen für das gleiche Produkt mehrere Hundert US-Dollar. So bieten Cheaptickets und Orbiz zum Beispiel "Mitgliedern" reduzierte Preise für Hotels an. Expedia und Hotels.com führen einen Teil der User zu teureren Hotels. Home Depot und Travelocity wiederum personalisieren Suchergebnisse für Nutzer, die über mobile Geräte surfen.
Warum manche mehr bezahlen müssen
Weshalb einige Käufer höhere Preise angezeigt bekommen als andere, ist den Forschern zufolge nicht ganz einfach heraus zu finden. Reale Nutzer haben eine lange Online-Historie hinter sich, die die Autoren nicht kennen. Dennoch förderten Fake-Accounts einige Erkenntnisse zutage: Travelocity beispielsweise reduziert die Preise bei fünf Prozent der Hotelzimmer um rund 15 US-Dollar pro Nacht für Smartphone-Nutzer. Cheaptickets und Orbitz dagegen geben Mitgliedern, die eingeloggt sind, bei fünf Prozent der Hotels Nachlässe von rund zwölf Dollar pro Nacht.
Für die Erhebung verglichen die Studienautoren 300 reale Nutzer der Crowdsourcing-Site Mechanical Turk mit passenden fiktiven Usern, die zur gleichen Zeit die gleichen Suchanfragen stellten - allerdings ohne dabei Cookies zu setzen. Zudem führten die Forscher eine weitere Testrunde durch, in der Fake-Accounts miteinander verglichen wurden, die sich in jeweils einem einzigen Merkmal - wie etwa dem verwendeten Browser, dem Betriebssystem, der Verwendung einen Nutzer-Accounts - unterschieden.
Dass Online-Händler ihre Preise fortlaufend anpassen, etwa an aktuelle Anlässe, ist nichts Neues mehr. Das sogenannte Dynamic Pricing richtet heute Preise mit moderner Software dynamisch und schnell auf individuelle Nachfragemuster oder Marktgegebenheiten aus. Technisch umsetzbar sind beispielsweise automatische Anpassungen der eigenen Preise an die der Konkurrenz. Oder Individualpreise basierend auf dem Kaufverhalten. Diese kundenindividuelle Preisgestaltung birgt indes Chancen und Risiken.