
Holger Behnsen, Emarsys "Im KI-Marketing muss sich der Marketer stark verändern"
Holger Behnsen, Managing Director, Emarsys interactive services GmbH
Holger Behnsen, Managing Director, Emarsys interactive services GmbH
Künstliche Intelligenz ist schon jetzt einer der Top-Trends in diesem Jahr. Egal ob Marketing oder E-Commerce: Alle haben sich das Thema auf die Fahne geschrieben. Auch Cloud-Anbieter Emarsys will mit seiner KI-Lösung mitreden.
Was verstehen Sie zunächst einmal unter dem Begriff "Künstliche Intelligenz (KI)"? Für die einen sind es Bot-Mechanismen, für die anderen Algorithmen… was ist es für Sie?
Holger Behnsen: Künstliche Intelligenz im Bereich Marketing ist für mich die Fähigkeit, mit Hilfe von Machine Learning, Muster im Kundenverhalten zu erkennen und aus diesen Daten zu lernen und Vorhersagen zu treffen.
Ist Machine Learning das gleiche wie KI?
Behnsen: Die Begriffe werden zum Teil sicherlich unterschiedlich interpretiert. Für mich ist KI der Oberbegriff und Machine Learning ein Teil der KI. Wichtiger als die Begrifflichkeiten sind aber aus meiner Sicht die Funktionen und inwiefern diese das Marketing der betreffenden Unternehmen verbessern.
Sie haben im November 2016 KI-Funktionalitäten in Ihre B2C Marketing-Cloud integriert. Was genau ist neu?
Behnsen: Emarsys AIM (Artificial Intelligence Marketing) ist eine End-to-End Lösung. Wir sehen, dass Marketer häufig nicht in der Lage sind, mit Ihren Kunden auf einem wirklich persönlichen Level zu interagieren. Durch die hohe Komplexität stößt die manuelle Segmentierung schnell an ihre natürlichen Grenzen. Die Intelligenz sowie die Daten stehen bereits heute umfangreich zur Verfügung. Das Problem ist die Nutzbarkeit. Hier fehlen häufig sowohl zeitliche Ressourcen als auch Wissen. AIM soll nun die Brücke zwischen der Intelligenz und der Ausführung bilden. Die Ausführung von Kampagnen kann viel effizienter durch eine Maschine erfolgen. AIM will Marketer in eine Position bringen, in der sie sich auf Planung und Strategie fokussieren können.
KI ist derzeit in aller Munde, alle spielen mit, jeder behauptet eine Lösung zu haben. Wie unique ist denn Ihr Angebot, was sind Ihre USPs?
Behnsen: Für mich ist einer unserer Vorteile der, dass wir mit unserer technologischen Lösung über ein einheitliches Kundenprofil verfügen. Damit können wir sowohl Kauf- als auch Nutzungsdaten über alle Kanäle hinweg verfügbar machen. Diese Daten bilden natürlich die notwendige Grundlage für unsere AIM-Lösungen.
In den letzten Jahren ist viel im Bereich der Marketing Automation passiert. Allerdings erreicht das Aufsetzen von Automationsstrecken sehr schnell eine sehr hohe Komplexität aufgrund unterschiedlicher Segmente, Split-Run-Tests, Kontrollgruppen, Sprachversionen oder Zeitzonen. Die Automation erfolgt in der Regel in Segmenten, wird aber nicht dem einzelnen Kunden gerecht. Um längerfristige Kundenzufriedenheit zu erzielen und Incentives gezielt einzusetzen, muss die Segmentierung bis auf den einzelnen Kunden vorgenommen werden. AIM kann dann auf Basis von individuellen Vorhersagen für den einzelnen Kunden den richtigen Inhalt, das passende Angebot, den geeigneten Kanal sowie den besten Zeitpunkt bestimmen.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Behnsen: Nehmen wir als Beispiel unsere "Incentive Recommendation". Das Thema "Gutscheine" wird aktuell in Unternehmen sehr kontrovers diskutiert. Es stellt sich die Frage, ob man grundsätzlich Gutscheine einsetzen möchte. Wenn ja, in welcher Höhe und was bedeutet das für meine Marge? Welche langfristigen Auswirkungen hat das für mein Unternehmen? In der Regel erhalten dann letztlich entweder alle Kunden den gleichen Gutschein oder man verzichtet komplett auf eine solche Strategie. Durch den Einsatz von "Incentive Recommendations" wird für jeden einzelnen Kunden vorhergesagt, mit welcher Wahrscheinlichkeit er in den nächsten Stunden oder Tagen eine Bestellung tätigt. Auf dieser Basis wird von der Maschine entschieden, ob und in welcher Höhe ein Gutschein ausgespielt wird, um einen Kaufimpuls zu begünstigen. Wird ein Kunde sowieso kurzfristig kaufen, spricht nichts dafür sich unnötig die Marge zu reduzieren. Mit Hilfe dieser Lösung konnten unsere Kunden bereits mehr als 28 Prozent Umsatzsteigerung erzielen.
Wir sprechen derzeit viel von den Möglichkeiten, die KI bietet. Wo liegen denn im Moment die größten Schwierigkeiten und Hürden?
Behnsen: Dieser Bereich bietet in der Tat sehr viele Möglichkeiten und Potenziale, die sich in den nächsten Monaten und Jahren erst so richtig entfalten werden. Um die Chancen von AI-Marketing umfangreich auszuschöpfen, wird sich die Rolle der Marketer stark verändern müssen. Weg von der operativen Ausführung, hin zu Planung und Strategieentwicklung. Jene Marketer, die das frühzeitig erkennen, werden dabei sicherlich einen Wettbewerbsvorteil haben.
Künstliche Intelligenz im E-Commerce und im Marketing ist auch ein Thema unserer Internet World Messe. Sie findet 07. und 08. März in München statt.