So reagiert die Branche auf die "Bild"-Entscheidung

Es ist eine Entscheidung, die für die einen mutig und konsequent, für die anderen trotzig und lächerlich ist: Bild.de startet ein Anti-Adblocker-Modell. Nutzer von Werbeunterdrückern bekommen künftig keine Inhalte mehr auf Bild.de zu sehen. Es sei denn, sie schließen ein monatliches Abonnement ab. Das denkt die Branche über Axel Springers Adblocker-Kampf:
Donata Hopfen, Vorsitzende der Verlagsgeschäftsführung Bild-Gruppe
"Bild begegnet der zunehmenden Adblocker-Nutzung mit dem Test eines neuen Angebots. Wir bieten unseren Lesern damit zwei Optionen: Adblocker ausschalten oder unser neues Abonnement BILDsmart ausprobieren - ansonsten können sie keine Inhalte mehr sehen. So gehen wir auf unterschiedliche Nutzer-Bedürfnisse und den für uns sehr relevanten Werbemarkt ein. Auch im Netz müssen sich journalistische Angebote über die beiden bekannten Erlössäulen, nämlich Werbe- und Vertriebseinnahmen, finanzieren, um weiterhin unabhängigen Journalismus zu bieten."

Jörg Schneider, Country Manager bei Undertone
"Ich hätte nicht gedacht, dass ich das einmal sage: Gut gemacht, Axel Springer und Bild. Denn aus meiner Sicht sind Adblocker für das Internet ähnlich gefährlich wie Content-Piraterie. Sie entziehen den Content-Herstellern ihre Existenzgrundlage. Dabei ist guter Content wie jedes andere erbrachte Gut eine Bezahlung wert. Und Werbung ist nun einmal die Währung für hochqualitativen Content im Netz. Das muss der User endlich verstehen. Ein mutiges, aber gleichzeitig faires Vorgehen, wie die Sperrung für User mit Adblockern bei gleichzeitigem Bezahl-Angebot, sollte unbedingt Schule machen. Das zeigt den monetären Wert des Contents und der User versteht hoffentlich, dass es nichts umsonst gibt."

Jochen Urban, Geschäftsführer von Vibrant Media
"Hinter der Diskussion steht die Kernfrage: Wird der Content vom User als so wertig und unique wahrgenommen, dass er bereit ist, hierfür einen Preis zu bezahlen - in Form einer Bezahlschranke und/oder mit der Akzeptanz von Werbung? Ist die Online-Werbung zu aufdringlich und unpassend, schützt sich der Leser mit Adblockern. Wenn sich jetzt die Verlage vor Lesern schützen, die Adblocker verwenden, kommt hiermit unweigerlich die Qualität der journalistischen Beiträge auf den Prüfstand. Die aktuelle Adblocker-Thematik wird den Prozess beschleunigen, ob und für welche Inhalte der Leser bereit ist, im Internet zu bezahlen. Der Erfolg der bisherigen Paid-Content-Modellen lässt, zumindest bei tagesaktuellen Nachrichten, Zweifel aufkommen, ob das 'Aussperren' von Lesern zu dem gewünschten Ergebnis führt.“

Christian Griesbach, Managing Director DACH und Eastern Europe bei Teads
"Diesen Vorstoß werden sich nicht nur die anderen News-Publisher, sondern generell alle digitalen Content-Publisher genau anschauen und dem Beispiel der Bild mitunter folgen. Das löst zwar das 'Dilemma' an sich nicht vollständig, schaden wird das Aussperren von Adblock-Nutzern den Medienmarken aber auch nicht. Denn diese Nutzer verursachen aktuell nur Kosten und bringen keine Erlöse. Insofern ist der Ansatz 'no ads, no payment, no content' ein absolut nachvollziehbarer."

Ralf Scharnhorst, Inhaber von Scharnhorst Media
"Den Usern fehlt das Verständnis, dass die meisten Content-Produzenten ausschließlich von Werbung leben. Auch wenn Bild ein Vorzeige-Beispiel für Paid Content und fragwürdigen Journalismus ist: Gut, dass eine der reichweitenstärksten deutschen Websites das Thema so deutlich aufgreift. Wir brauchen einen neuen Konsens zwischen Usern und Werbern, wie Online-Werbung aussehen soll. Ich freue mich, dass die Verhandlungen dazu beginnen."

Olaf Brandt, Geschäftsführer bei etracker
"Der Vorstoß von Bild ist einerseits nur konsequent: Ich kann nicht Bezahlmodelle für Inhalte und Dienste im Web ablehnen und gleichzeitig den Anbietern die Refinanzierung über Werbung unmöglich machen. Wenn Werbung allerdings allzu Screen-kapernd oder Anbieter zu datensammelwütig daherkommen, müssen sich Publisher und Werbungtreibende auch nicht wundern, wenn Nutzer sich dagegen zu Wehr setzen. Schön wäre es, als Nutzer die Wahl zwischen Abogebühr und Werbung zu haben, wie das ja neben Bild bereits diverse Apps tun.
Hilfreich wäre auch eine konsequente Einhaltung von Datenschutzrichtlinien und Transparenz im Hinblick auf die Datenverwertung, um diesbezüglichen Ängsten und Bedenken entgegenzuwirken. Schade, wenn aufgrund von unseriösen und Datenschutz-ignoranten Werbe- und Tracking-Anbietern ganze Branchen in Verruf geraten und zuletzt auch Schaden erleiden. Insofern macht man sich die Welt zu einfach, wenn man nur in den Adblocker-Anbietern und -Nutzern die Schadensverursacher sieht."

Christian Basler, Managing Director von Visio.7
"Nachdem Verlage in den letzten Jahren krampfhaft versucht haben, ihre redaktionellen Inhalte zu verkaufen und mit Paid-Content-Modellen im Netz regelmäßig gescheitert sind, halte ich es für legitim, wenn Verlage nun neue Wege gehen und verschiedene Modelle ausprobieren. Ein Modell, wie es bild.de jetzt plant, User mit Adblocker auszusperren, halte ich persönlich jedoch für riskant, da es zu erheblichen Verlusten bei der Reichweite führen dürfte. Ob sich durch ein solches Modell mehr 'BILDsmart'-Abonnenten gewinnen lassen, bleibt abzuwarten. Ich bin da skeptisch. Clever jedoch ist, dass die erzielte Reichweite dann auch garantiert die Werbung ausgeliefert bekommt, was die Attraktivität des Vermarktungsangebots auf bild.de erhöhen wird."

Marc Hoeft, Commercial Director Germany bei Marin Software
"Da viele Adblocker-Tools an moderne Raubritter erinnern - wenn du, wie Google, Amazon, Microsoft, Schutzgeld zahlst, lassen wir deine Werbung durch - ist es legitim, dass Anbieter von werbefinanzierten Inhalten versuchen, sich auf technischem Wege zu wehren. Der grundlegende Konflikt jedoch ist damit nicht gelöst: Der Nutzer will nicht von Werbung verfolgt werden, der Content-Anbieter auf der anderen Seite will möglichst hohe Werbeeinnahmen erzielen. Da sich der Bild Adblock-Blocker zudem technisch leicht umgehen lässt, erwarte ich ein Wettrüsten zwischen Adblockern und entsprechenden Abwehrmechanismen der Medien. Das ist keine nachhaltige Lösung aber eine interessante neue Entwicklung. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich diese Maßnahme kurzfristig für Bild finanziell lohnen wird."