
IAB-Initiativen ads.txt und RTB 3.0 - neue Lösungen für alte Probleme
Um die Entwicklung der Programmatic-Advertising-Branche zentral und effizient zu steuern, gibt es das Interactive Advertising Bureau (IAB) und sein Tech Lab. Die neuesten Initiativen sind: ads.txt und RTB 3.0.
Von Karl Ott, CEO von ReachAd
Programmatic Advertising entwickelt sich schnell - so schnell, dass es dabei auch zu unerwünschten Entwicklungen kommt. Kriminelle oder zumindest reichlich unseriöse Unternehmen nutzen technische Lücken aus, um ihre Umsätze zu steigern, ohne die wirklich vereinbarte Leistung zu erbringen. Die seriösen Publisher, Supply-Side-Platforms (SSP) und Advertiser wiederum ändern ihr Verhalten so unvorhersehbar, dass technische Rahmenbedingungen ineffizient werden. Das gleicht sich häufig von selber aus, die Unternehmen führen Maßnahmen ein, welche zum Beispiel AdFraud verhindern oder sie rüsten technisch nach. Doch das funktioniert längst nicht immer und selbst Maßnahmen, die funktionieren, sind häufig so aufwendig, dass sich nur große Unternehmen sie leisten wollen.
Um die Entwicklung der Branche zentral und effizient zu steuern, gibt es das Interactive Advertising Bureau (IAB) und sein Tech Lab. Hier werden Lösungen für die Probleme gemeinsam mit den Unternehmen entwickelt. Die Initiativen des IAB sind nicht bindend: Ob sie sich durchsetzen, ist abhängig davon, ob sie genügend Branchenteilnehmern übernehmen. Die neuesten IAB-Initiativen sind: ads.txt und RTB 3.0.
ads.txt - eine Textdatei für mehr Transparenz
Bei ads.txt ist der Name Programm: Das ads steht für "Authorised Digital Sellers". Es handelt sich um eine Textdatei, welche die Transparenz beim Kaufen und Verkaufen von Inventar sicherstellen soll. ads.txt soll damit die Probleme des Programmatic Reselling und der damit zusammenhängenden Folgen lösen.
Schwer herauszufinden: Autorisierter Inventar-Verkäufer oder Reseller?
Derzeit ist es für Käufer von Inventar nur sehr schwer möglich zu bestimmen, ob der Verkäufer auch autorisiert ist, diese Werbefläche anzubieten. Grundsätzlich enthält jede Ad-Impression zwar die URL und die Publisher.ID - die Information, wem die Publisher.ID gehört jedoch nicht. Um wirklich sicherzugehen, müssten Advertiser eigentlich jeden Publisher einzeln anrufen, um nachzufragen. Das geht im Einzelfall. Bei automatisierten Kampagnen jedoch, bei denen die Werbung in Bruchteilen von Sekunden zielgenau nach Wohnort, Alter und Interessen des Website-Besucher ausgespielt werden soll, würde das dem Zweck zuwiderlaufen.
Bei Resellern landet die Werbung oft nicht da, wo sie hin soll
Die Folgen von unautorisiertem Inventarhandel sind besonders auf Advertiser-Seite unangenehm: Unautorisierte Reseller sind üblicherweise nicht an einer guten Geschäftsbeziehung interessiert, weil sie wissen, dass die Publisher nicht wollen, dass sie mit ihrem Inventar handeln. Sie wollen nur einen hohen Umsatz und viele erreichen diesen über unlautere Mittel. Im Bid Request fügen sie zum Beispiel heimlich Website-Listen hinzu. Sie ignorieren dabei Black- und Whitelists, ausdrücklich erwünschte oder unerwünschte Webseiten, und schalten die Werbung, die eigentlich ausschließlich auf Premium-Seiten landen sollte, auch auf kleinen unbekannten Seiten. Im schlimmsten Fall landet die hochwertige Werbung für den neuen Kinderwagen auf einer obskuren Pornoseite. Das schadet der Marke.
Einfacher geht es kaum: Eine Liste mit Partnern sorgt für Durchblick
Die Lösung, die ads.txt anbietet, ist so einfach, dass man sich denkt: Hätte man da nicht früher drauf kommen können? Die Publisher listen in einer Textdatei alle Unternehmen auf, die mit ihrem Inventar handeln dürfen und legen diese auf ihren Servern ab. Auch die Händler können eine solche Datei erstellen. Wer diese abruft und miteinander vergleicht, sieht sofort, ob der Handel autorisiert ist.
Da das zwar wirksam aber immer noch relativ umständlich ist, hat das IAB Tech Lab bereits einen Crawler entwickelt, der diese ads.txt automatisch ausliest. Wenn sich die Lösung durchsetzt, werden die technischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von ads.txt mit Sicherheit noch verfeinert.
RTB 3.0 soll wachsende Datenmengen in den Griff kriegen
RTB 3.0 steht für Real Time Bidding 3.0. Es ist ein Protokoll, das den Inventarhandel im Programmatic Advertising regeln soll. Während RTB 2.0 sich noch um Werbung und Mobile drehte, reagiert der IAB mit RTB 3.0 vor allem darauf, dass die Datenmenge beim Inventarhandel stark zugenommen hat. Einer der Gründe ist das Header Bidding.
Header Bidding Mehr Wettbewerb aber auch mehr Daten
Header Bidding ist eine technische Lösung, die es Publishern erlaubt, ihr Inventar gleichzeitig mehreren Demand Side Platforms (DSP) anzubieten. Vor der Einführung des Header Bidding konnten die Publisher ihr Inventar rein technisch nur nacheinander anbieten, was verhinderte, dass die höchsten Preise erzielt wurden. Die höchstbietenden Advertiser kommen so oft zu spät dran.
Mit dem Header Bidding steigt aber auch der Traffic: Statt nur ein Bid Request nach dem anderen auszusenden, werden nun zeitgleich viele gesendet. Die DSPs bekommen insgesamt also mehr Anfragen und da außerdem Publisher mehrere Header-Bidding-Lösungen nutzen können, bekommen sie manche doppelt. Außerdem werden mit dem Header Bidding parallel die selben AdImpressions mit verschiedenen Konditionen angeboten: Zum Fixpreis und gleichzeitig zur Auktion zum Beispiel. Das erzeugt wiederum Daten, die doppelt sind, weil sich bei solchen Bid Requests die Daten beinahe gleichen.
Das neue Protokoll soll die Daten besser strukturieren
RTB 3.0 soll diese Verdopplung der Daten verhindern, indem es sie anders strukturiert. Sie werden im Grunde zusammengefasst und das soll die Geschwindigkeit der Verarbeitung der Bid Requests verbessern.
Fälschungssichere IDs im Code
Die zweite wichtige Änderung betrifft wie bei ads.txt die Transparenz des Handels: RTB 3.0 soll es ermöglichen, dass Publisher und Händler ihre ID fälschungssicher im Website-Code hinterlassen. Das zielt in die selbe Richtung wie ads.txt und soll irgendwann Hand in Hand gehen. Der Unterschied: Anders als die einfache ads.txt-Lösung wird RTB 3.0 mehr Arbeit von den Beteiligten erfordern, als das sie eine .txt-Datei hinterlegen. Wie das technisch genau aussehen wird, ist noch nicht ganz klar.
Fazit
Das unautorisierte Reselling und die damit einhergehenden Methoden sind den seriösen Unternehmen in der Branche schon lange ein Dorn im Auge - jetzt, wo immer mehr Unternehmen auf ihre Brand Safety im Netz Wert legen, könnte es endlich eine Lösung geben. Besonders ads.txt erscheint überzeugend, da es eine charmant einfache Lösung für ein altes Problem ist.
In Zusammenarbeit mit RTB 3.0 könnte endlich den unseriösen Methoden der Garaus gemacht werden. Dass die Performance ebenfalls in den Fokus gerückt wird, ist zu begrüßen, vor allem da mehr Wettbewerb um Werbeplätze und steigende Werbeerlöse, wie es das Header Bidding ermöglicht, nur eine Seite der Medaille sind: Werbende Unternehmen bekommen gleichzeitig einen besseren Überblick über verfügbares Inventar und können ihre Kampagnen besser steuern. Da beim Protokoll aber wesentlich mehr Umstellungsaufwand gefordert ist als bei ads.txt, wird man abwarten müssen, wie das die Branche aufnimmt.