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Jedem das Seine - Empfehlungstechnologien im Internet

Empfehlungstechnologien im Internet

Für Suchmaschinen sind alle Webseiten gleich: Die Reihenfolge der Suchergebnisse hängt nur von den eingegebenen Suchbegriffen und der suchmaschineninternen Gewichtung von verschiedenen Eigenschaften der Zielwebseite ab. Adrian Hass, Mitgründer des Produktbewertungsportals Shopotainment, erklärt was Empfehlungssysteme leisten können.

Was sind Empfehlungstechnologien?

Empfehlungs-Systeme brechen radikal mit diesem Paradigma. Für sie ist jeder Nutzer ein Individuum: mit persönlichen Vorlieben und einer eigenen Klick-, Hör- oder Kauf-Geschichte. Diese werden genutzt, um gezielt Inhalte zu empfehlen, die den Geschmack und die Intention des Nutzers möglichst genau treffen sollen.

Dazu gibt es zwei Hauptansätze: Zum Einen werden Informationen über die Inhalte selbst genutzt, um ähnliche Inhalte zu empfehlen („Content-based Filtering“: bspw. Nachrichten zum gleichen Thema) und zum Anderen wird implizites/explizites Feedback der Nutzer genutzt, um relevante Inhalte zu identifizieren („Collaborative Filtering“: Leute mit ähnlichem Geschmack wie Du, finden auch X gut).

Beispiele für Empfehlungssysteme

Amazons Online-Shop ist eines der bekanntesten und erfolgreichsten Beispiele für die Nutzung von Empfehlungstechnologien. Schon früh half die Collaborative-Filtering-Funktion dabei, umsatzsteigernde Zusatzkäufe auszulösen und so beispielsweise mit der Digitalkamera auch eine Speicherkarte zu verkaufen.

Inzwischen begrüßt Amazon jeden erkannten Kunden mit einer eigenen Startseite auf der aktuelle Empfehlungen des Systems einen „persönlichen Shop“ bilden. Außerdem wird jede Produktdetailseite mit Wertungen, Kommentaren und Informationen über Käufe von anderen Kunden ergänzt.

Für Musik-Empfehlungen haben sich derzeit zwei Dienste etabliert: Last.fm und Pandora bieten Ihren Nutzern einen Radio-Stream aus Titeln, die zu den eigenen Hörgewohnheiten passen sollen. Mit jedem übersprungenen beziehungsweise zu Ende gehörten Song werden die Vorschläge durch dieses Feedback verfeinert.

Auch für andere Bereiche gibt es interessante Dienste: von Filmen (www.Netflix.com) über Nachrichten (www.Digg.com) bis hin zu Produkten (www.shopotainment.de).

Wo funktioniert das (nicht)?

Während der inhaltsbezogene Ansatz viel maschinenauswertbare Information zum Funktionieren braucht, benötigt der kollaborative Ansatz die Interaktion möglichst vieler Nutzer.

Die Aufbereitung der Produktinformationen wird mit wachsender Sortimentsgröße immer mehr zum Problem, denn sie ist zeit- und kostenintensiv. Bislang gibt es auch noch nur wenige Anbieter die Metadaten für ein großes Produktspektrum zur Lizensierung anbieten. Hinzu kommt, dass die Kosten nicht mit dem Umsatz korrelieren, sondern davon unabhängig sind.

Dagegen ist die Auswertung der Nutzerinteraktionen auf der eigenen Website oder im eigenen Online-Shop quasi kostenfrei und bietet eine reichhaltige Quelle zur Generierung von hochwertigen Empfehlungen. Allerdings gibt es hierbei jedoch ein Motivationsproblem: In der Anfangsphase stehen nur wenig Daten zur Verfügung und die Empfehlungen sind von bescheidener Qualität, somit haben die User wenig Interesse ihre Vorlieben und Erfahrungen mit Produkten preiszugeben.

Shopotainment nutzt zum Beispiel das Bedürfnis nach virtueller Identität in Sozialen Netzwerken, indem User ihre Marken- und Produktvorlieben direkt auf Ihrem Profil ausdrücken und ihre Shoppingaktivitäten mit Freunden teilen können. So wird die Datenerfassung zum motivierenden Selbstzweck.

Da die beschriebenen Methoden sich jedoch nicht gegenseitig ausschließen, liegt die Wahrheit für die Zukunft in der Mitte: ein „Collaborative Filtering“-Ansatz, der mit Metadaten angereichert wird.

Wie kann man Empfehlungssysteme implementieren?

Dem Shopbetreiber steht zur Nutzung von Empfehlungssystemen entweder die Erweiterung des eigenen Onlineshops oder die Nutzung eines bestehenden Systems (Lizensierung oder Software-as-a-Service) offen. Dazu wird ein Analyse-Modul in ein bestehendes Shopsystem integriert, dass die Transaktionsdaten auswertet. Für die meisten üblichen Systeme stehen dafür Module bereit oder existieren standardisierte Schnittstellen.

In der Shopoberfläche werden dann Panels/Widgets eingebunden, die je nach Seite entsprechende Empfehlungen anzeigen, um den Kaufprozess zu unterstützen. Es hat sich bewährt, die Empfehlungen immer an die Phase der Kaufentscheidung anzupassen: persönliche Empfehlungen für den bekannten Benutzer in der Orientierungsphase, alternative Produkte oder Kaufstatistiken auf Produktdetailseiten zur Rechercheunterstützung und ergänzende Produkte vor dem Checkout.

Der Aufbau eines eigenen Empfehlungssystems im Online-Shop, möglichst mit Community-Funktionen um persönliche Empfehlungen zu nutzen, ist meist recht aufwändig und hat danach wiederum mit dem Problem der Datenbasis zu kämpfen. Bestehende Technologien zu integrieren, kann hingegen einen schnellen Start ermöglichen, garantiert eine breite Datenbasis, die teilweise sogar über den eigenen Shop hinaus gehen und sichert eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

Besonderes Potential kann hierbei auch die Integration der Community-Funktionen in bestehende soziale Netzwerke schaffen, erreicht man damit doch eine weitere Zielgruppe und schafft eine höhere Penetration. Gleichzeitig belegen Studien, dass Empfehlungen/Meinungen von „echten“ Bekannten, wie man sie vornehmlich in sozialen Netzwerken hat, einen noch stärkeren Einfluss auf die Kaufentscheidungen haben als „anonyme“ Bewertungen.

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