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Empfehlungsmarketing richtig steuern Foto: fotolia.com/Tommy Windecker

Empfehlungsmarketing richtig steuern

Social Commerce bietet nicht nur Kunden mehr Freiraum Foto: fotolia.com/Tommy Windecker

Social Commerce bietet nicht nur Kunden mehr Freiraum Foto: fotolia.com/Tommy Windecker

Kundenmeinungen werden im Onlinehandel immer wichtiger. Produkte erhalten regelmäßig Bewertung. Kritik an Qualität und Leistung wird öffentlich verkündet. Viele Onlinehändler sehen diese Entwicklung mit Skepsis. Tanja Kiellisch von der Agentur kernpunkt erklärt, welche Chancen für Kostensenkung und Umsatzsteigerung der Social Commerce bietet.

Der E-Commerce bietet zurzeit ein breites Spielfeld für neue Vertriebs- und Kommunikationsstrategien. Social Commerce bezieht ganz massiv den Nutzer mit ein. Denn dieser erfragt nicht mehr nur schlicht ein Angebot, sondern beteiligt sich aktiv an den Verkaufsprozessen und deren Optimierung. Dies unternimmt er in erster Linie nicht, um dem Händler eine Freude zu bereiten, sondern um anderen Internetnutzern als Berater und Empfehlungsgeber zur Verfügung zu stehen.

Neue Rollen für Kunden und Händler

In den sozialen Medien ändert sich das Verhältnis zwischen Verkäufer und Kunde grundlegend. Denn letzterer steht mittlerweile nicht nur einer sehr breiten Auswahl an Online-Angeboten gegenüber, sondern zudem im Mittelpunkt aller Kaufs- und Verkaufsaktivitäten. Ist der Käufer der Waschmaschine heute nicht zufrieden mit seinem Produkt, wissen es morgen alle anderen Interessenten, potenziellen Käufer und Kunden des Herstellers. Denn der moderne Netznutzer kann seine Meinung immer und überall loswerden. Seine Instrumente sind Communitys, Chats, Foren, Bewertungs-Tools und Ranglisten sowie Kommentarfunktionen auf Fachportalen.

Der Kunde ist damit tatsächlich König. Doch ohne Infrastruktur wäre sein Königreich ziemlich leer. Die Inhalte werden nicht nur allein vom Kunden, sondern maßgeblich von den Händlern und Unternehmen produziert. Ein Angebot wird nur dann ernsthaft von den Interessenten wahrgenommen, wenn es sich an die Nachfrage anpasst. Entscheidend für Shopbetreiber ist ein aktives Agieren in Richtung des Kunden sowie die Erschaffung einer nutzbringenden Situation für beide Seiten.

Teil 2: Von der Shopcommunity profitieren

Der Vorteil mitteilungsfreudiger Kunden sind deren Profile, Vorlieben, Daten und Kritikfähigkeit, die Onlinehändler kostenlos und freiwillig erhalten. Deshalb gehört das Angebot von Web-2.0-Funktionen im Onlineshop zum absoluten Pflichtprogramm. Die umfangreichste aber effektivste Methode, Interessenten und Kunden an das eigene Angebot zu binden, ist der Aufbau einer Community. Ob diese im Shop selbst integriert ist oder als separater Webauftritt behandelt wird, ist individuell zu entscheiden.

In dieser Corporate Community rücken die Produkte des Anbieters zunächst einmal in den Hintergrund. Wichtig ist die Mobilisierung der Zielgruppe zu ausgesuchten Themen. Als Beispiel dient an dieser Stelle ein Anbieter von Fachliteratur im Internet. Seine Nutzer sind in der Regel gebildet, informieren sich über sehr spezielle Inhalte aus den unterschiedlichsten Bereichen und haben ein hohes Interesse daran, die neu gewonnenen Erkenntnisse mit anderen zu teilen und zu diskutieren.

Eine eigens für diese Gelegenheit geschaffene Literaturcommunity bietet genügend Raum, Rezensionen, Meinungen und Kommentare zu schreiben. Dafür steht zu jedem Fachgebiet eine eigene Rubrik zur Verfügung. Die Nutzer haben außerdem die Möglichkeit, ein persönliches Blog einzurichten, um über ihr Thema zu berichten. Wer sich für die Beteiligung an der Community anmeldet, hinterlässt seine persönlichen Daten.

Der Shopbetreiber kann innerhalb der Community dezent mit Anzeigen oder einer eigenen Rubrik auf sein Angebot aufmerksam machen. Zudem kann er in einem Rezensionsbereich die von ihm angebotenen Bücher aufführen. Nutzer, die sich bislang nur innerhalb der Community bewegt haben, werden auf das Angebot des Shopbetreibers aufmerksam. Shopkunden finden in der Community eine Verlängerung ihrer Kauferfahrung und werden zu dauerhaften Mitgliedern, die sich gegenseitig beraten und Tipps geben.

Teil 3: richtiges Empfehlungsmarketing

Der Onlineshop selbst kann mit Hilfe der gängigen Web-2.0-Funktionen bereits um einiges attraktiver gestaltet werden. Kunden vertrauen fast ausschließlich auf das Urteil anderer Kunden und legen wenig Wert auf eine Beratung durch Verkäufer. Das liegt logischerweise in der Interessenverteilung begründet: Ein Berater hat den schnellen Abverkauf zum Ziel, während andere Kunden die neuen Interessenten offen und ehrlich über Vor- und Nachteile des Angebots informieren. Deshalb gehören Bewertungsfunktionen und Ranking-Listen zum Standard. Wie hochwertig ist das Produkt? Welche Kritikpunkte sind hervorzuheben? Wie sind die Alltagserfahrungen und wie empfehlenswert ist die Verwendung?

Kommentarfunktionen geben den Nutzern zudem die Möglichkeit, eine schnelle und individuelle Bewertung zu hinterlassen. Die Angst vieler Shopbetreiber ist unnötig: Die Nutzer setzen sich zwar kritisch, aber ernsthaft mit dem Angebot auseinander und legen vor allem Wert auf die Reaktion ihrer Meinung. Handelt es sich um tadellose Produkte, wird auch die Bewertung dementsprechend ausfallen. Zeigt das Angebot jedoch tatsächlich Mängel auf sollten Verkäufer die Chance nutzen, diese mit Hilfe ihrer Kunden zu erkennen und zu beseitigen.

Zu jedem Thema finden sich Kunden, die ein besonders hohes Engagement an den Tag legen und regelmäßig posten, chatten und bewerten. Diese gilt es zu identifizieren und in die Verkaufsstrategie mit einzubinden. Ein „Expertenstatus“ schmeichelt nicht nur dem regelmäßigen Kommentator, sondern signalisiert anderen Kunden gleichzeitig Kompetenz sowie die damit verbundene Ratgeberfunktion. Ohne, dass der Verkäufer seinem neuen „Berater“ auch nur einen Cent Gehalt zahlen müsste, empfiehlt dieser seiner Community die für sie passenden Produkte.

Natürlich ist nicht nur mit positiven Kommentaren zu rechnen. Wenn Kundenbeschwerden vorliegen, dann über den Shop selbst, über ein unzulängliches Beschwerdemanagement und eine unfaire Behandlung von Reklamationen. Komplikationen treten immer wieder auf. Wer hier selbstbewusst auf seine Kunden zugeht und eine offene Kommunikationspolitik betreibt, wird schnell positiv erwähnt werden. Ein guter Service bleibt den meisten Kunden gut im Gedächtnis, so dass die viralen Effekte auch hier gewinnbringend genutzt werden können. Die Königsdisziplin im Onlinehandel ist letztlich, den Kunden vom Berater zum Verkäufer aufsteigen zu lassen.

Viele Onlinenutzer führen ein eigenes Blog, eine Homepage oder offerieren Ihr Wissen auf sonstigen Communityportalen. Wenn sie mit dem Shopangebot zufrieden sind, werden sie es gerne auf den eigenen Websites ihren Lesern weiterempfehlen. Als finanzieller Anreiz kann zusätzlich eine Pay-per-Lead-Strategie dienen, bei der eine Provision für jeden generierten Käufer an den Vermittler ausgezahlt wird. Mit Social Commerce bauen Onlinehändler Kundenbeziehungen auf, stärken ihr Image und steuern neue Vertriebswege. Dabei bleibt der Kunde König und profitiert von einem reichhaltigen und aussagekräftigen Webangebot.

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