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Neue Player, neue Herausforderungen Digitale Prospektplattformen: Cost-per-Öffnung

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Die Branche für digitale Prospektplattformen ist in Bewegung geraten. Jetzt drängt auch ProSiebenSat.1 in den Markt. Dem Mobile Marketing kann dies nur nutzen.

Als Christian Gaiser vor knapp zehn Jahren die Online-Plattform Kaufda gründete, versetzte seine Geschäftsidee die Verleger in helle Aufregung. Sie witterten darin eine weitere Attacke auf ihr ohnehin fragiles Geschäft mit den gedruckten Werbebeilagen. Denn Gaisers Idee bestand darin, die vielen Einkaufsprospekte, die Filialisten wie Aldi, Media Markt oder Obi regelmäßig den Zeitungen beilegen oder in die Briefkästen stecken, zu digitalisieren und sie dem Kunden über eine App zugänglich zu machen.

Der erhielt damit Zugriff auf sämtliche Sonder­angebote der Handelsketten seiner Umgebung. Und die Händler wiede­rum wurden auf dem Smartphone sichtbar und vollzogen damit ohne großen Aufwand einen Schritt in Richtung Mobile Marketing. Nebenbei sparten sie sich auch eine ganze Menge Druckkosten.

Der Markt ist heftig in Bewegung

Inzwischen hat sich die Aufregung ein wenig gelegt. Die digitalen Prospekte haben die gedruckten nicht verdrängt, auch wenn deren Bedeutung stetig sinkt. "Wir empfehlen unseren Kunden in der Regel immer Print und Digital für ihre Prospektverteilung", sagt Jan Großmann, Geschäftsführer von Marktjagd, einer App, die ganz ähnlich wie ­Kaufda funktioniert. Das werde sich ­allerdings in den nächsten Jahren ­ändern: "Ich weiß nicht wann, aber die Generation, die Prospekte am Frühstückstisch in ­Papierform durchblättert, wird aussterben", so Großmann.

Im Moment sieht es so aus, als würden sich die Anbieter der digitalen Prospektplattformen für diesen Tag in Stellung bringen wollen. Der Markt ist in Bewegung geraten, eine Konsolidierung zeichnet sich ab. Schon im Sommer 2014 hatte Kaufda, das inzwischen mehrheitlich zu Axel Springer gehört, den Konkurrenten Meinprospekt.de übernommen.

Ende vergangenen Jahres zog Telefónica unter Gettings einen Schlussstrich, eine App, die ebenfalls die Angebote stationärer Händler visualisierte. Und soeben gab die digitale Prospektplattform Marktjagd bekannt, sich mit der Checkitmobile GmbH aus Berlin zusammenzuschließen, die bislang die Verbraucher-App Barcoo betreibt. Großmann: "Zusammen wollen wir den Markt für mobile Werbung aufrollen und die Digitalisierung des Einzelhandels beschleunigen."

TV-Spots werden für Marktguru trommeln

Im Hintergrund bereitet indes ein weiterer großer Player den Markteintritt vor. Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte ­Thomas Wagner, der Geschäftsführer des TV-Vermarkters Sevenone Media, angekündigt, dass auch ProSiebenSat.1 an einer digitalen Prospektplattform arbeitet. Der Konzern ist bereits an Marktguru in Österreich beteiligt, einem dort äußerst erfolgreichen Anbieter. Dieses Angebot wird seit Wochen für den Markteintritt in Deutschland vorbereitet.

Dem Vernehmen nach könnte die App noch im März freigeschaltet werden. Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich auszumalen, was dann passiert: Wie bei anderen Beteiligungen auch wird ProSiebenSat.1 das neue Online-Angebot über TV-Werbung auf den eigenen Kanälen ordentlich pushen.

Bezahlt wird für jede Prospektöffnung

Die erwartbare Flut an TV-Spots dürfte dazu führen, dass nicht nur die Marktguru-App einen Aufmerksamkeitsschub erfährt, sondern das gesamte Segment. Damit könnte ganz generell mobile, lokal orientierte Werbung frische Impulse erhalten - kurioserweise durch eine Form, deren analoge Wurzeln auf dem Screen nicht zu leugnen sind: als Werbebeilage zum Blättern. "Der Prospekt ist in Deutschland eine gelernte und geschätzte Informationsquelle", sagt Stephan Musikant, Geschäftsführer von Bonial Deutschland, unter der die Marken Kaufda und Meinprospekt gebündelt sind. "Print ist zwar nicht mehr so angesagt, aber der Wunsch, in ähnlicher Breite und Form über Sonderangebote inspiriert zu werden, besteht unverändert fort."

Dem Handel eröffnen sich dadurch neue Perspektiven. Schon heute weiß er ziemlich genau, wie seine digitalen Prospekte wirken - er bezahlt nur dann an die App-Betreiber, wenn seine Beilage auch geklickt wird ("Cost-per-Prospektöffnung").

Diese Klicks kann er forcieren, ­indem er Push Notifications versendet, wenn seine neuesten Angebote online sind, oder indem er beim Öffnen der App gezielt Angebote bewirbt, die auf den User zugeschnitten sind und auf eine Filiale in unmittelbarer Nähe verweisen.

Marktguru in Österreich arbeitet zudem mit einer Suchfunktion. Interessiert sich der User für ein bestimmtes Produkt wie beispielsweise Hundefutter, erhält er eine Liste mit Hinweisen auf entsprechende Sonderangebote von Händlern in der Umgebung. Dabei gilt: Wer mehr zahlt, taucht im Ranking weiter oben auf. Es sind noch weitere Marketingspielarten denkbar, die Branche steht derzeit noch am Anfang. Musikant: "Wir müssen dem User genau zuhören und ihm das passende Angebot zur richtigen Zeit liefern."

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