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Mondelez International Bonin Bough: "2030 wird Talent über den Erfolg entscheiden"

B. Bonin Bough ist einer der einflussreichsten Marketing- und E-Commerce-Chefs der Welt. Er verantwortet die beiden Bereiche beim Multimilliarden-Konzern Mondelez International. Wir haben mit ihm gesprochen.

Mit dem Namen Mondelez International können die meisten nicht viel anfangen. Das liegt daran, dass der drittgrößte Lebensmittelkonzern der Welt (34,21 Miliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2014) bis 2012 noch unter dem Namen Kraft Foods firmierte. Zum Milliarden-Unternehmen gehören unter anderem Marken wie Milka und Oreo.

Auf der Connect 2016 hatten wir die Gelegenheit mit dem Chief Media und E-Commerce-Officer von Mondelez International, Bonin Bough, zu sprechen.

Herr Bough, Sie haben den Begriff der Hackonomy geprägt. Was kann man sich darunter vorstellen?
B. Bonin Bough:
Unter Hackonomy verstehe ich das Schaffen von Mehrwert, indem Strukturen zerstört werden. Der Begriff hinterfragt alle Aspekte entlang der Kundenkommunikation und sogar das Unternehmen als Ganzes. Die Fragen, die sich dabei stellen, sind: Wie breche ich Strukturen auf, die für eine andere Zeit geschaffen worden sind? Und: Wie kann ich ein neues Gerüst bauen, das den Erwartungen der Kunden gerecht wird?

Welche Rolle spielen dafür Smartphones und Tablets?
Bough:
Ich glaube, dass wir dank den Smartphones in ein neues Zeitalter der Medien aufgebrochen sind. Das haben wir allerdings noch nicht verstanden. Der größte Teil des Medienkomsums findet über mobile Endgeräte statt. Trotzdem wird nur ein Prozent der globalen Werbespendings in diesen Bereich investiert. Wer diese Diskrepanz erkennt, hat die große Gelegenheit einen neuen Markt zu erschließen. Des Weiteren sind wir gerade erst dabei, den Einfluss dieser Geräte auf die Gesellschaft zu verstehen. Vier Milliarden Menschen nutzen Messenger. Ein innovatives Konzept für dieses Kommunikationsumfeld gibt es trotzdem noch nicht.

Was ist der erste Schritt auf dem Weg zur Hackonomy?
Bough:
Das ganze Unternehmen muss sich zu dieser Veränderung verpflichten. Die vollständige Digitalisierung der Informationen wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren das größte Wachstum erschaffen, das wir je gesehen haben. Wichtig dabei ist, dass das Wachstum nicht durch Infrastrukturen oder Energie entsteht. Nein, 2030 wird das Talent der entscheidende Faktor für den Erfolg eines Unternehmens sein. Sogar Daten werden eine untergeordnete Rolle spielen. Nur wer sich der Digitalisierung verpflichtet, kann neue Gedankengänge entwickeln.

An welchen Stellen müssen die Unternehmen ansetzen, um sich zu verändern?
Bough:
Das Wichtigste für Unternehmen ist der Glauben an den Wandel. Sie müssen begreifen, dass das Smartphone von den Nutzern geliebt wird und mächtig genug ist, das Geschäft zu verändern. Vor vier Jahren haben wir uns vorgenommen, die weltweite Nummer 1 im Mobile Marketing zu werden und uns dazu entschieden, zehn Prozent der Werbeausgaben in den Bereich Mobile zu investieren. Dieses Ziel haben wir übertroffen - aber nur, weil wir uns als Organisation dazu gezwungen haben. Um das Ziel zu erreichen, braucht es den Glauben, das Commitment, die richtigen Mitarbeiter und ein feines Gefühl für Trends. Wer diese Fertigkeiten vereint, bekommt die Chance, dem Markt ein Produkt anzubieten, das perfekt passt.

Welchen Hürden müssen Manager und Unternehmen überwinden?
Bough:
Zunächst bedarf es einer neuen Haltung. Ein Unternehmen, das nur mit Prognosen arbeitet, hat es in einer Welt, die vom Zufall bestimmt wird, sehr schwer. Messbarkeit ist dabei ein Problem. Wir befinden uns am Beginn eines Zeitalters, von dem wir nicht wissen, wie man es misst. Um an diesem Punkt voranzukommen, braucht es einen Vertrauensvorschuss und genügend Motivation. Auch die Wissenslücke in den Chef-Etagen um die Macht von Mobile ist nicht förderlich. Das Smartphone ist fester Bestandteil unserer Freizeit. Das scheint den meisten Werbungtreibenden nicht ganz klar zu sein. Durch das Smartphone rücken der Erstkontakt mit Unternehmen und der Einkauf immer näher zusammen. Wem es gelingt auf dieser Basis ein E-Commerce-Modell aufzubauen, wird mit gigantischem Wachstum belohnt werden.

Was ist der größte Fehler, den man in diesem Zusammenhang begehen kann?
Bough:
Sich nicht schnell zu verändern! Jeder von uns macht Fehler. Ich bin ein wandelnder Fehler. Wer keine Fehler macht, kann auch keine Grenzen sprengen und neue Horizonte erforschen. Wachstum entspringt aus kalkulierbarem Risiko. Ob ich glaube, dass der Mobile-Shift in der Werbung ein Risiko war? Nein, es war ein kalkulierbares Risiko. Jeder wusste, dass sich dieser Schritt auszahlt. Die einzige Frage war: Wie ist das machbar? Es braucht ein Umfeld, das es einerseits erlaubt, schnelle Erfolge zu erzielen und aufzusteigen, und andererseits schnell zu scheitern und zu sterben. Unser Accelerator erlaubt es uns, in den 90 Tagen Testpiloten auf den Markt zu bringen. Manche davon sind tot, andere leben noch. Der größte Fehler ist, stehenzubleiben und zu hoffen, dass sich die Welt nicht verändert.

Wie muss mein Team aussehen, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Bough:
Das Schöne ist, dass jeder Mensch von Grund auf seinen Job gut machen will. Es geht folglich nicht darum, neue Mitarbeiter zu suchen. Wir wollen Großartiges erreichen und unser größter Schatz sind unsere existierenden Mitarbeiter. Du kannst dir kein perfektes Team zusammenkaufen. Vielmehr geht es darum, den vorhandenen Mitarbeitern die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben, damit sie verstehen, wie die Generation der Innovatoren denkt.

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