
Bitkom-Analyse Der Journalismus und die Medienlandschaft: Was bringt die Zukunft?
Abrechnungsmodelle für journalistische Inhalte im Web haben sich noch nicht durchgesetzt. Wird sich das in Zukunft ändern? Und wie sieht das Berufsbild Journalist in zehn Jahren aus? Antworten gibt der Bitkom.
Es ist ein Dilemma, dessen Problematik erst so richtig durch die zunehmende Digitalisierung zu Tage tritt: Publisher und Medienunternehmen brauchen Geld, um die digitale Transformation voran zu treiben und auf dem Markt bestehen zu können. Klassische Abomodelle und herkömmliche Vertriebserlöse alleine genügen nicht mehr, um die Werbemüdigkeit der Online-Nutzer auszugleichen, die dazu führt, dass die Anzeigeneinnahmen der Beteiligten bestenfalls stagnieren. Kurz: Medienunternehmen brauchen zusätzliche Erlösquellen. Mit der Frage, wie es mit der Zahlungsbereitschaft für Online Journalismus aussieht, hat sich nun der Bitkom in einer repräsentativen Umfrage unter Internetnutzern ab 14 Jahren beschäftigt.
Demnach steigt die Akzeptanz dafür. 36 Prozent der Internetnutzer haben in den vergangenen 12 Monaten für Nachrichten oder andere journalistische Inhalte im Web Geld ausgegeben. Zum Vergleich: Vor einem Jahr waren es 31 Prozent. In der Gruppe der Internetnutzer, die Online News lesen, liegt der Anteil sogar bei 48 Prozent (Vorjahr: 40 Prozent). Bereits jetzt zahlen 22 Prozent der Internetnutzer eine monatliche Pauschale und 20 Prozent haben in den letzten zwölf Monaten für einzelne Artikel oder Ausgaben Geld ausgegeben.
Noch zu viele kostenlose Angebote
Für Bitkom-Vizepräsident Achim Berg keine Überraschung: "Ein gutes journalistisches Angebot lassen sich die Nutzer auch im Internet etwas kosten." Das ist, wie beschrieben, auch wichtig, denn: "Einnahmen aus dem Verkauf digitaler Inhalte sind notwendig, um die aufwändige Produktion journalistischer Inhalte für Print- und Online-Medien finanzieren zu können", fasst Berg zusammen.
Er plädiert aber auch an Publisher: Denn der Studie nach geben die User, die nicht bereits sind, für Nachrichten und ähnliche Inhalte zu bezahlen, als Grund die große Menge kostenloser Angebote an (73 Prozent). Einem Drittel (32 Prozent) sind die Digitalangebote zu teuer.
Einen Lichtblick gibt es aber: Nur noch neun Prozent halten das Bezahlen im Internet für zu kompliziert. Bei einer Bitkom-Befragung im Jahr 2013 waren es noch 32 Prozent, seitdem ist dieser Wert kontinuierlich gesunken.
Noch nicht in der Breite durchgesetzt
Den positiven Zahlen zum Trotz: Fakt ist, dass sich Abrechnungsmodelle für journalistische Inhalte im Internet bei den Verlagen noch nicht in der Breite durchgesetzt haben. Auch das hat der Bitkom in einer Umfrage unter Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern von 148 Medienunternehmen belegt. Denn "nur" 41 Prozent der Anbieter journalistischer Inhalte geben an, dass sie Abrechnungsmodelle für journalistischen Content haben.
31 Prozent setzen dabei auf das Freemium-Modell, bei dem nur als besonders hochwertig eingestufte Inhalte bezahlt werden müssen. 15 Prozent haben eine Bezahlschranke (Paywall) für Inhalte eingeführt. Sieben Prozent nutzen ein Kontingentmodell, bei dem die kostenlose Nutzung mengen- oder zeitmäßig beschränkt ist.
Die Zukunft der Medien
Doch was bringt nun die Zukunft? Fast die Hälfte (49 Prozent) der befragten Medienunternehmen glaubt, dass die Bedeutung digitaler Verkaufserlöse steigen oder stark steigen wird. 46 Prozent erwarten, dass Crowdfunding immer wichtiger wird. Überraschend: Mit 77 Prozent erwarten die meisten Firmen ein steigendes Gewicht digitaler Werbung als Erlösquelle.
Schön ist die Medienzukunft aus Sicht der Experten aber nicht für alle: Die Digitalisierung führt dazu, dass Verlage ihre Angebote laufend anpassen und neue Produkte auf den Markt bringen müssen. Unwirtschaftliche Produkte verschwinden früher oder später. So sollen Print-Formate wie Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Zeitschriften in kommenden Jahren noch weiter an Bedeutung verlieren.
"Online-Medien, Video-Streaming-Dienste und Internet-Radio werden in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen", meint Berg. Bei den Online-Medien denken 71 Prozent der Befragten, dass Suchmaschinen für die Verbreitung journalistischer Angebote noch wichtiger werden. 70 Prozent erwarten, dass Video-Plattformen wie YouTube an Bedeutung gewinnen. 61 Prozent glauben an Messenger wie WhatsApp, 53 Prozent an Kurznachrichtendienste wie Twitter und 49 Prozent an soziale Netzwerke wie Facebook oder Xing. "Die Verlage spielen journalistische Inhalte verstärkt dort aus, wo sie konsumiert werden - auf den stärksten Online-Plattformen", sagt der Bitkom-Mann.
Eines ist schon jetzt klar: Medieunternehmen müssen Inhalte für die mobile Nutzung optimieren. Und das haben offenbar fast alle verstanden: 92 Prozent der befragten Medienunternehmen haben bereits eine mobil angepasste Website. Zwei Drittel (67 Prozent) haben eine oder mehrere Smartphone-Apps im Angebot und gut die Hälfte (55 Prozent) eine Tablet-App. Ein Viertel (25 Prozent) bietet ein digitales E-Paper an, bei dem in der Regel die Zeitung als PDF-Datei zur Verfügung gestellt wird.
Der Journalist der Zukunft
Die befragten Medienmanager rechnen damit, dass sich das Berufsbild Journalist in den kommenden Jahren wandeln und die Digitalisierung bei der Erstellung journalistischer Inhalte eine Rolle spielen wird. So glauben 40 Prozent, dass in zehn Jahren journalistische Texte automatisch von Algorithmen erstellt werden. Dieser "Roboter-Journalismus" kommt jetzt schon in einigen Redaktionen bei der Erstellung einfacher Standardtexte, wie Börsenberichten, Verkehrsmeldungen oder Wettervorhersagen zum Einsatz.
"Intelligente Software kann den Journalisten von eintönigen Routinetätigkeiten entlasten, ihn aber nicht ersetzen", meint Berg. Für ihn werden fundierte Analysen, investigative Recherchen oder meinungsstarke Kommentare auch in Zukunft Markenzeichen von Qualitätsjournalismus sein.
Natürlich eröffnen digitale Systeme Journalisten auch zusätzliche Möglichkeiten. Für die Zukunft gehen 51 Prozent der befragten Medienmanager etwa davon aus, dass Daten-Journalisten mit Hilfe spezieller Software unbekannte Zusammenhänge aufdecken werden. "Neue digitale Technologien können dem investigativen Journalismus zusätzlichen Schwung geben", so Bergs Meinung.
Zum Studiendesign
Grundlage der Angaben sind zwei Umfragen, die Bitkom Research durchgeführt hat. Dabei wurden 148 Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von Unternehmen der Medienbranche (Verlage, TV, Hörfunk) ab 20 Mitarbeitern befragt. Zudem wurden 1.023 Internetnutzer ab 14 Jahren befragt.