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Web 2.0 in der Finanzbranche

Web 2.0 in der Finanzbranche Was Banken mit Twitter anfangen können

Viele Ratgeber zeigen, wie Unternehmen im sozialen Web interaktiv werden und damit erfolgreich sein können. Dabei stehen vor allem Handelsunternehmen und Dienstleister im Mittelpunkt. Banken, Versicherer und Finanzdienstleister bleiben zumeist ausgespart. Ein neues Buch von Claudia Hilker und Stefan Raake will das nun ändern und nimmt genau diese Branchen in den Fokus.

Das Buch will den Entscheidungsträgern in den entsprechenden Branchen Mut für Aktivitäten im Web 2.0 machen und ihnen zeigen, welche Instrumente das moderne Internet bietet und wie diese genutzt werden können. Dafür geben die Autoren zahlreiche Praxisbeispiele aus der Branche, die Fach- und Führungskräften zwar klar gezeigt, was bereits Web-2.0-Realität geworden ist und welche Modelle bislang innerhalb der eigenen Branche erfolgreich waren. Leider bleibt der Blick über den Tellerrand der Finanzbranche oftmals aus, weshalb vor allem Ideen zu finden sind, die in anderen Branchen bereits ein alter Hut sind. Einzig im Bereich des viralen Marketings findet sich eine knappe Auswahl erfolgreicher Kampagnen aus anderen Branchen.

Die beiden Autoren führen der Branche vor Augen, welche Alternativen zum traditionellen Kreditgeschäft sich in der Community des Web 2.0 entwickelt haben und worin beispielsweise der Erfolg von Kreditmarktplätzen liegt. Letztlich seien die Produkte der Finanzbranche im Allgemeinen noch nicht communityfähig.

Das Buch nimmt den Leser nach einem einführenden Kapitel auf eine Reise mit, die ihn vorbei an den Schwerpunkten des Web 2.0 führt: Rich Media, Social Networks, Bewertungsportale und Blogs. Am Ende jedes Kapitels werden einige Schlussfolgerungen des jeweiligen Abschnitts gezogen, die zum Teil trivial erscheinen, aber durchaus abstrakte Handlungsempfehlungen enthalten. Intensiv geht das Fachbuch auf die Möglichkeiten ein, die Unternehmen mit Internetmedien wie Blogs und Twitter haben und welche Erfahrungen dort bereits gemacht wurden. Insbesondere der Unternehmensblog von Marriot wird als Paradebeispiel für eine erfolgreiche Unternehmenskommunikation mit den Mitteln des Web 2.0 herausgehoben.

In Hinblick auf die Finanzbranche machen die beiden Autoren ein grundlegendes Prinzip der neuen Kommunikationsmöglichkeiten deutlich: Social Media kann man gerade als Unternehmen nur ganz oder gar nicht betreiben. Der bei allen Unternehmensaktionen unbedingt nötige Aspekt des Controllings wird bei Raake und Hilker lediglich am Rande erwähnt. Wie genau das funktionieren kann, welche Antworten beispielsweise ein Web-Controlling liefern kann und welche nicht, bleibt für den Leser im Dunklen.

Alle Kapitel folgen derselben Struktur: Zunächst wird das Medium erläutert und auf dessen Funktionsweise eingegangen. Anschließend folgen die Praxisbeispiele, die Erfolge oder Misserfolge zeigen. Ein kurzes Glossar am Ende des Buches gibt dem Leser knappe Erklärungen zu den wichtigsten Fachbegriffen.

Fazit:

Das Buch ist von seiner Anlage her eher als ein Ideengeber für Führungskräfte in der Finanzwirtschaft zu begreifen. Die gebotenen Beispiele zeigen, mit welchen Mitteln Banken und Versicherungen im Web 2.0 erfolgreich sein können. Dabei fordern die Autoren weniger zum Handeln als vor allem zum Umdenken im Umgang mit dem Medium Internet auf.

Wirklich innovative Ideen liefert das Buch jedoch nicht, sondern bewegt sich viel mehr im Mainstream der Möglichkeiten, was besonders im Kapitel über Rich Media etwas unbeholfen wirkt. Mit wirtschaftlichen Kennzahlen, die den Erfolg von Web-2.0-Maßnahmen belegen sparen die Autoren. Darüber, wie beispielsweise Social-Media-Aktionen eines Unternehmens bei der Internetgemeinschaft ankamen, fällen die Autoren selbst auch kein Urteil, sondern ziehen dazu die Bewertungen anderer Experten oder Medien heran.

Stefan Raake / Claudia Hilker: Web 2.0 in der Finanzbranche. Die neue Macht des Kunden. Wiesbaden: Gabler Verlag; 2010. 39,95 Euro.

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