
Marketing-Management Online-Marketing-Maßnahmen: Inhouse oder extern?
Sollen Online-Marketing-Maßnahmen inhouse oder über externe Dienstleister abgewickelt werden? Immer öfter überlegen Unternehmen, ob sie diese nicht selbst managen sollten.
Online-Marketing-Maßnahmen können inhouse oder über externe Dienstleister abgewickelt werden. Die Manager von Mydays entschieden sich beispielsweise vor drei Jahren, die Zusammenarbeit mit ihren Agenturen weitgehend zu beenden und die gesamten Online-Marketing-Maßnahmen nach und nach ins Haus zu holen.
Seit diesem Strategiewechsel werden Online-Marketing-Maßnahmen wie Suchmaschinen-Marketing (SEO und SEA), Display-Werbung, Social-Media-Maßnahmen sowie E-Mail-Marketing komplett inhouse gesteuert. Nur für Themen wie Linkbuilding, Content-Marketing, Affiliate-Marketing oder Retargeting werden noch regelmäßig oder projektbezogen externe Dienstleister beauftragt.
"Wir fahren sehr gut mit dieser Strategie", betont Anja Sendecki, Head of Online Marketing und E-Commerce bei Mydays. "Es hat sich bewährt, wichtiges Know-how intern aufzubauen und selber umsetzen zu können und sich nicht von Agenturen abhängig zu machen. Vor allem in den Bereichen, die maßgeblich für Umsatz verantwortlich sind und hohe Budgets in Anspruch nehmen."
Seit einigen Jahren zeichnet sich ein Trend in diese Richtung ab. Vor allem größere E-Commerce-Unternehmen wollen die volle Kontrolle über ihre Online-Marketing-Maßnahmen haben und investieren verstärkt in Personal und IT.
"Managed Services sind zur einfachen Skalierung und zum Testen sinnvoll", sagt Valentin Schellhaas, Chief Marketing Officer bei Westwing, einem Shoppingclub für Wohnaccessoires, "aber sobald eine gewisse Größe erreicht ist, macht es Sinn, anstelle der Servicegebühren für Dienstleister intern Expertise aufzubauen."
Online-Marketing-Maßnahmen: Inhouse oder extern?
So richtig war das Thema im vergangenen Sommer in den Fokus der Marketingmanager geraten. Damals hatte der Großkonzern Procter & Gamble angekündigt, künftig 70 bis 75 Prozent der Online-Werbung über Programmatic Buying, also automatisiert, einzukaufen. Seitdem beschäftigt die Werbungtreibenden die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, sich im eigenen Haus mit der entsprechenden Software auszustatten und den Einkauf selbst auszuführen. Wozu satte Provisionen für Online-Marketing-Maßnahmen an Dienstleister bezahlen, wenn das Geschäft ohnehin von Maschinen erledigt wird?
Die Frage ist nur: Ab wann lohnt es sich, Online-Marketing-Maßnahmen wie Affiliate-Marketing über eigene Netzwerke zu steuern, eine eigene Adserver-Plattform zu nutzen oder das Programmatic Buying über eine eigene Demand Side Platform (DSP) abzuwickeln?
"Man braucht einen Geschäftsführer oder einen Vorstand, der das digitale Marketing als sein Thema betrachtet. Dann können Online-Marketing-Maßnahmen als Inhouse-Lösung sinnvoll sein", sagt Joachim Schneidmadl, Vorstandsmitglied der Medienholding Virtual Minds. "Es muss eine klare Unternehmensentscheidung sein, die nicht an Geld oder personellen Ressourcen scheitern darf."
Viktor Zawadski, CEO von Spree7, listet einen ganzen Katalog an Fragen auf, denen sich die Unternehmen stellen sollten: Sind wir bereit, Know-how und Manpower aufzubauen? Wollen wir bestimmte Maßnahmen aus Kostengründen oder aus strategischen Gründen in Eigenregie managen? Können wir überhaupt jemals kostengünstiger und effizienter arbeiten als ein externer Dienstleister?
Wichtig ist zudem, ob die künftige Wertschöpfung des Unternehmens im E-Commerce stattfindet oder weiterhin über den stationären Handel erzielt wird. "Wenn Unternehmen der Ansicht sind, dass sie wesentliche Teile ihres Umsatzes künftig über digitale Kanäle machen, sollten sie Kernelemente des Online-Marketings ins Haus holen", betont Christian Kleinsorge, CEO bei Ingenious Technologies. "Wieso soll ich bis zu 30 Prozent Provision bezahlen, wenn nur Technik dahintersteckt?"
Maschinen verstehen und entsprechend Personal aufbauen
Ingenious zählt zu jenen Firmen, die Werbekunden mit der erforderlichen IT und Technik ausstatten. Am Anfang erhält der Kunde den nötigen Support zur Bedienung der Software (Managed Service). Nach und nach wird er dann in die Lage versetzt, die Daten auf den Dashboards eigenständig zu interpretieren und daraus die nötigen Maßnahmen abzuleiten (Self Service). Irgendwann legt er sich dann vielleicht die Lizenz für einen Adserver oder eine DSP zu.
"Dann aber muss ich die Maschinen verstehen und entsprechend Personal aufbauen - auch für Urlaubszeit und Krankheitsfälle", sagt Schneidmadl. "Ab diesem Zeipunkt ist es ein Core-Business des Unternehmens." So ein Übergang von externer Betreuung zur Bedienung der gesamten Online-Marketing-Maßnahmen in Eigenregie kann sich ziehen.
"Anfangs kann das Setup etwas länger dauern, da entsprechende Ressourcen aufgebaut werden müssen", sagt Westwing-Manager Schellhaas. "Klarer Vorteil ist aber dann die Kontrolle über die Daten, die Transparenz bei der Steuerung und die langfristige Performance." Den letzten Schritt zur Implementierung seiner Online-Marketing-Maßnahmen hat aber auch Westwing noch nicht vollzogen: die Anschaffung einer eigenen DSP, über die passende Display-Werbung in Sekundenbruchteilen automatisch ersteigert werden kann.
Den gesamten Media-Einkauf mit einer DSP managen
Andere Unternehmen haben diesen Schritt inzwischen getan. Vor einem Jahr hat sich beispielsweise der Otto-Konzern eine DSP von Active Agent zugelegt und damit den Spielraum seiner Kampagnenaussteuerung erheblich ausgebaut. Man wolle den Verbrauchern immer und überall die für sie relevanten Werbemittel zeigen können, so Kerstin Pape, Leiterin Online-Marketing. Einfach war dieser Prozess nicht. Aber inzwischen weiß man, welches die wichtigsten Stellschrauben sind, und kann damit alles kontinuierlich verbessern.
Otto gehört zu den Big Playern im E-Commerce - die 100 Online-Shops der Unternehmensgruppe setzten im abgelaufenen Geschäftsjahr rund 6,5 Milliarden Euro um. Solche Größenordnungen lassen auf ein sattes Marketingbudget für Online-Marketing-Maßnahmen schließen, das seine Wirkung aber erst dann richtig entfalten kann, wenn das Unternehmen selbst entscheidet, was damit geschieht.
"Generell lässt sich sagen, dass eine eigene DSP-Lizenz ein Unternehmen dazu befähigt, den kompletten Online-Media-Einkauf selbst zu managen", erklärt Spree7-Chef Zawadski, "je größer sein Budget, desto größer seine Verhandlungsmacht hinsichtlich der Preise."