
Marketing auf Gaming-Seiten "Werbekunden wie im Fernsehen"
Spil Games hat seine Webseite GirlsgoGames komplett überarbeitet. Über das Rebranding mit drei Fingerspitzen, Klickraten von 2,8 Prozent und die Frage, wer am liebsten was spielt, sprach INTERNET WORLD Business mit Oscar Diele, der als Vice President Global Brands für die Markenführung des Gaming-Anbieters zuständig ist.
Herr Diele, Spil Games relauncht bis Ende des Monats GirlsgoGames, seine Online-Games-Seite für Mädchen. Was hat sich geändert?
Oscar Diele: Es handelt sich in erster Linie um ein Rebranding. Nachdem wir festgestellt haben, dass der Name der Webseite für unsere Zielgruppe, nämlich Mädchen zwischen sechs und zwölf Jahren, schwierig zu tippen ist, wenn Englisch nicht ihre Muttersprache ist, ändern wir die Marke weltweit in GGG.
GGG – das klingt ein bisschen wie XXX…
Diele: Unseren Untersuchungen zufolge haben Mädchen positive Assoziationen mit der Kombination dreier gleicher Buchstaben – und drei Fingerspitzen werden Teil unseres neuen Logos sein. Doch nicht nur der Name, auch das Design ändert sich: Wir legen noch mehr Fokus auf die Vorschaubilder für Spiele. Und wir bringen mehr exklusive Games auf die Webseite.
Woher bekommen Sie diese?
Diele: Wir entwickeln selbst und haben Lizenzen für Spiele. Da der Markt für Spiele für Mädchen noch ein sehr junger ist, sind sich Developer oftmals nicht der Möglichkeiten bewusst, die ihnen Spiele für Mädchen bieten. Deshalb haben wir in China ein eigenes Entwicklerteam aufgebaut.
Warum haben westliche Entwickler kein Interesse daran, für diese Zielgruppe zu arbeiten? Handelt es sich dabei um einen Ausdruck von Arroganz?
Diele: Developer entwickeln Spiele, die ihnen selbst gefallen. Da die meisten Entwickler Männer sind, sind auch deren Spiele meistens für ihresgleichen. Weibliche Figuren haben in diesen Games im besten Fall Nebenrollen - und das spricht Mädchen nicht an.
Die Games sind für die Nutzer kostenlos. Finanzieren Sie die Entwicklung eigener Inhalte nur über Werbung?
Diele: Vor zwei Jahren stammten hundert Prozent unserer Einnahmen aus Werbung, inzwischen haben Micro-Transactions, also der Verkauf virtueller Güter, einen Anteil von 40 Prozent am Gesamtumsatz. Und unsere Werbeeinnahmen sind definitiv nicht gesunken.
Können Sie Zahlen nennen?
Diele: Keine konkreten, aber ich kann sagen, dass unsere Werbeeinnahmen steil ansteigen – wie die Zahlen unserer Nutzer. Bei meinem Arbeitsbeginn vor vier Jahren hatten wir 50 Millionen monatliche Spieler weltweit, inzwischen sind es 180 Millionen.
Welche Werbeformen bieten Sie Ihren Kunden?
Diele: Wir bieten Displaywerbung sowie Videowerbung vor Beginn eines Spiels und wickeln diese über Automated Advertising ab, wobei wir in einigen Ländern auch noch mit Sales Houses zusammenarbeiten.
Und wie wird abgerechnet?
Diele: Nach Performance. Das funktioniert gut, denn Gaming ist ein Massenmarkt. Das Nutzerengagement ist bei Games am höchsten, die Verweildauer liegt auf unseren Seiten mit 30 Minuten pro Besuch doppelt so hoch wie auf YouTube. Wir erreichen bei Videowerbung eine Klickrate von 2,8 Prozent. Zum Vergleich: Ein Standard-Banner im Web erzielt gewöhnlich 0,10 Prozent, ein Rich-Media-Format 0,12 Prozent.
Gaming ist kein Nischenmarkt
Welche Unternehmen sind Ihre wichtigsten Werbekunden?
Diele: Das hängt von der Webseite ab. Auf GGG sind es Spielzeughersteller wie Mattel oder My Little Pony, in den USA zudem McDonalds, aber auch die Supermarktketten, da viele Eltern ihre Kinder mit entscheiden lassen, wo eingekauft wird. Auf Spielen.com, das sich an Jungs im Teenager-Alter wendet, und auf jetztspielen.de, unserer Webseite für Frauen, ähnelt die Liste der Werbekunden der des Fernsehens – und diese nutzen oft auch ihre TV-Spots für die Videoanzeigen bei uns.
Und welche Art von Nutzern erreichen die Werbungtreibenden bei Ihren Seiten?
Diele: Einen Querschnitt der Bevölkerung. Gaming ist kein Nischenmarkt mehr: 43 Prozent der Deutschen spielen online. Deswegen wenden wir uns mit unserem Angebot auch nicht an Gamer, sondern an alle, die gerne spielen.
Das Klischee des pickeligen 16-Jährigen, der im Netz daddelt, weil er sonst keine Freunde hat, ist also passé?
Diele: Und wie! Die einzige Zielgruppe, die sich den Online-Games noch weitgehend verweigert, sind Senioren. Möglicherweise sind es diejenigen ohne Internetanschluss.
Wenn Gaming so ein aufstrebender Markt ist, wie erklären Sie sich die Schwierigkeiten von Firmen wie Zynga, das Mitarbeiter entlassen muss, um zu überleben?
Diele: Im Gegensatz zu Zynga brauchen wir keine Drittanbieter wie Facebook, um unsere Nutzer zu erreichen – wir haben unsere eigenen Seiten. Zudem offerieren wir eine große Bandbreite an Unterhaltung: Casual, Social und Multiplayer-Games.
Lassen sich je nach Zielgruppe Präferenzen für bestimmte Spiele beobachten?
Diele: Eindeutig. Mädchen spielen gerne Games, in denen sie kochen, kreativ sein oder sich um jemanden kümmern können. Männliche Teenager begeistern sich für Action und Spiele, bei denen sie ihre Fähigkeiten mit anderen messen können. Erwachsene Frauen suchen Ablenkung von ihrem meist stressigen Alltag, legen Puzzle oder spielen Zeit-Management-Games.
Zeit-Management-Games? Mit der Organisation des Alltags verbringen viele Frauen doch ihr reales Leben?
Diele: Genau. Aber am Computer macht es ihnen mehr Spaß. Bei einer Studie hat mal eine Teilnehmerin zu mir gesagt: "Mein Leben ist ziemlich chaotisch. Da bin ich total glücklich, wenn ich wenigstens beim Spielen zwischendurch alle Termine auf die Reihe bekomme."