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Alexander Dobrindt

Kommentar CSU und Augmented Reality: Dobrindt tanzt auf dem Tisch

Shutterstock/photocosmos1
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Nicht nur der von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber geprägte Slogan "Laptop und Lederhosen" beweist: Die Christlich Soziale Union in Bayern ist eine Partei, die dem digitalen Fortschritt durchaus zugewandt ist. Dies führt bisweilen zu bemerkenswerten Ergebnissen.

Vor vielen Jahren nahm ich in München mal an einem "Company Run" teil. Hunderte Firmen, Behörden und Organisationen hatten ihre Mitarbeiter angespornt, sich an einem Massen-Lauf rund um das Olympia-Stadion zu beteiligten. Viele Teilnehmer hatten sich extra für diesen Anlass T-Shirts machen lassen, um für sich, ihre Firma oder ihr Anlegen zu werben. Großes Kino.

So etwa in der Mitte der Laufdistanz zog mit federndem Schritt ein deutlich graumelierter, aber offenbar durchaus fitter Läufer an mir vorbei. Er trug ein schwarzes T-Shirt, auf dessen Rücken zu lesen war:

"Geben Sie's zu, Sie wollten schon immer einmal einen CSU-Landtagsabgeordneten schwitzen sehen."

Also, man mag von der CSU halten, was man will, aber der Spruch hat was.

Hätte man mich gestern gefragt, ob ich gern einmal Alexander Dobrindt, den Landesgruppenchef der CSU im Bundestag, auf meinem Esstisch tanzen sehen möchte, ich hätte vermutlich entgeistert geguckt. Aber genau das macht die CSU Augmented Reality App ab sofort möglich.

CSU-AR-Anwendung

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, übermittelt eine Einschätzung der aktuellen politischen Lage

Frank Kemper

Das Versprechen lautet "Dein CSU-Bundestagsabgeordneter bei dir!", die Progressive Web App dahinter erlaubt die Wahl eines Abgeordneten. Wählt man niemanden, steht Alexander Dobrindt himself dort, wo man ihn via Smartphone hinstellt. In meinem Fall auf dem Esstisch. Die dort zu sehenden Figuren stehen natürlich in keinerlei inhaltlichem Zusammenhang zum Ex-Verkehrsminister, sie dienen nur dem Größenvergleich.

Freigabe an die CSU

Technisch ist die Anwendung durchaus sauber aufgesetzt, auch wenn man als Journalist in Bayern zunächst einmal einen Abwehrreflex überwinden muss, bevor man der CSU Zugriff auf seine Smartphone-Kamera gewährt - aber ohne funktioniert Augmented Reality halt nicht. Das Nutzer-Interface ist recht eingängig gestaltet, so weit alles fein. Nachdem Dobrindt auf meinem Esstisch erschienen ist, beginnt er mit einem politischen Statement von etwa einer Minute Länge, das - wenn man die Website nicht vorher verlässt - in Dauerschleife wiederholt wird. 

Was hat Dobrindt gesagt? Ich erinnere mich nicht - und damit zeigt sich ein zentrales Problem vieler Augmented Reality Apps, wie sie etwa Fahrradhersteller VanMoof oder Autohersteller Porsche bereits gebracht haben: Der Effekt, ein bewegtes Objekt - egal ob Rennrad oder Politiker - im Raum zu platzieren, ist faszinierend, hat aber mit der gewünschten Werbeaussage oft wenig zu tun. Immerhin kann man bei VanMoof und Porsche noch zwischen verschiedenen Farben wählen.

Das geht bei Dobrindt nicht. Der ist und bleibt ein Schwarzer.  

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