
Expert Insights Hat das Affiliate Marketing ein Luxusproblem?
Der Titel des Artikels ist etwas zweideutig, denn es geht nicht direkt um das Image des Affiliate Marketing. Vielmehr stellt sich die Frage, warum nach wie vor viele Luxusmarken kein Partnerprogramm betreiben.
Mit derzeit 984 Millionen Euro Werbeausgaben in 2016 (Prognose von PricewaterhouseCoopers) gehört Affiliate Marketing in Deutschland mit zu den großen Umsatztreibern im Online-Marketing-Mix. Das Affiliate-Marketing ist in den letzten Jahren professionell und erwachsen geworden und die wichtigsten Player der Branche, sowohl auf Publisher- als auch auf Netzwerk-Seite, gehören mittlerweile entweder zu großen Medienhäusern wie Burda, Axel Springer, Gruner+Jahr, RTL Media oder ProSiebenSat1 oder verfügen selbst über entsprechende Manpower oder auch Venture Capital, um damit auch große namhafte Kunden zu betreuen.
Die Zeiten, in denen ein Schüler mit einem Banner auf seiner privaten Homepage viel Geld über Affiliate Marketing verdient hat, sind schon längst vorbei, auch wenn natürlich nach wie vor Partnerprogramme auch für kleine Webseiten eine lukrative Monetarisierungsmöglichkeit darstellen. Dennoch wird der Löwenanteil der Umsätze in Deutschland vorwiegend über große reichweitenstarke Publishing-Seiten generiert oder über neue innovative Technologien, die sich gerade in den letzten Jahren enorm etabliert haben, wie zum Beispiel Geschäftsmodelle aus dem Re-Engagement-Bereich, RTB- oder Pre-Targeting auch E-Mail Remarketing-Anbieter, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Daher stellt sich natürlich die Frage, warum gerade Luxusmarken das Affiliate Marketing noch nicht dazu nutzen, um darüber Umsatz zu generieren. Bereits 2007 hat eine Studie von Welt Online und plan.net ergeben, dass ein Großteil der Luxusmarken im Online-Marketing noch so gut wie gar nicht aktiv sind. So war damals der Querschnitt des deutschen Werbemarktes online etwa 13 Mal so aktiv wie Luxusmarken wie Chanel, Gucci und Co. Denn die meisten der Luxusmarken investierten über 68 Prozent ihrer Werbeausgaben in Printkampagnen und über 14 Prozent in TV-Werbung. Nur 0,2 Prozent des Werbebudgets wurde in Online-Werbung investiert.
Weiterentwicklung der Luxusbranche
Doch in den letzten Jahren gab es im Luxusmarkt sehr viel Bewegung. So kam eine von der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) durchgeführte Digitale Luxus Studie 2015 zu dem Ergebnis, dass 86 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass das Internet für Luxusmarken eine gute Plattform darstellt, um Kunden spannende Erlebnisse zu ermöglichen, ohne dadurch an Exklusivität zu verlieren.
Diejenigen Befragten, die regelmäßig oder ausschließlich hochpreisige Premiummarken kaufen, also die täglichen Luxuskäufer, bewerten die Begegnung mit ihren Lieblingsmarken an jedem Touchpoint der User-Journey als positiv.
Auch die Investments in Online-Werbung haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. ZenithOptimedia erwartet, dass Luxusmarken im Jahr 2017 den größten Anteil des Werbebudgets in Online-Werbung investieren werden, was demnach einem Anteil von 32,1 Prozent entspricht. Deutschland war 2015 nach den USA und China sogar der drittgrößte Luxuswerbemarkt.
Dennoch sucht man immer noch vergeblich nach Luxusmarken, die auch den Affiliate-Kanal effektiv für sich nutzen - zumindest auf dem deutschen Markt. In UK zum Beispiel nutzen Marken wie Burberry bereits ein Private Affiliate Network, um damit ein Partnerprogramm ganz nach den eigenen Wünschen und Vorgaben zu gestalten und die Affiliate-Partner handverlesen auszuwählen.
Gründe für die Zurückhaltung in Deutschland
Vielleicht liegt es an der teilweise immer noch recht mangelhaften Außendarstellung des Gattungsmarketings Affiliate Marketing und somit der Befürchtung, das Luxusmarken über Affiliate-Partner an Image verlieren könnten?
Natürlich ist es wichtig, gerade für Luxusmarken nur mit ausgewählten Affiliates zusammenzuarbeiten, die auch die Brand entsprechend in Szene setzen. Doch gerade hierzu gibt es mittlerweile zahlreiche hochwertige Content- und Mode-Blogs, die über eine Hybrid-Provision entsprechend Produkte bewerten und über Empfehlungsmarketing hochwertig bewerben können. Wichtig ist dabei natürlich auch eine faire Vergütung der Affiliates und eine entsprechend nachhaltige Bewertung des Traffics sowie eine Analyse des Customer-Lifetime-Values.
Des Weiteren bieten auch über Affiliate Marketing die immer weiter zunehmende Anzahl an Influencer-Affiliates über Instagram, Facebook und Youtube eine riesige Reichweite, um gerade Luxusmarken an die Fans der Kanäle zu verbreiten.
Es besteht sicherlich auch häufig noch der Vorwurf, dass sich über Affiliate-Partner nur preissensible und Billig-Kunden abgreifen lassen. In manchen Fällen, mit mangelnder Strategie kann das vielleicht der Fall sein. Doch auch über den Affiliate-Kanal lässt sich ein Publikum ansprechen, welches nicht ausschließlich auf der Suche nach dem günstigsten Preis ist, denn auch hier zählt der Wert, den eine Luxusmarke repräsentiert. Und selbst wenn: Auch Luxuskäufer nutzen mittlerweile durch das in den letzten Jahren veränderte Surf- und Kaufverhalten Incentives oder Preissuchmaschinen, um die Preise zu vergleichen.
Auch das Vorurteil, dass das Affiliate-Publikum wenig markentreu sei, lässt sich mit einer korrekten User-Bewertung über ein Customer-Journey-Tracking sowie weiterer CRM-Daten analysieren, um dadurch effektive Affiliate-Partner für eine langfristige Zusammenarbeit zu finden.
Time to start
Daher ist es vielleicht genau jetzt, rechtzeitig zur Vorbereitung auf das Weihnachtsgeschäft 2016 an der Zeit, sich als Luxusanbieter mit dem Thema Affiliate Marketing auseinanderzusetzen und zum Beispiel auf der dmexco einfach einmal mit den zahlreichen Affiliate-Anbietern über das Thema zu sprechen. Einige Marken im höherpreisigen Segment wie Lacoste, Tommy Hilfiger, Windsor oder Joop sind dort bereits gut aufgestellt und betreiben bereits seit einigen Jahren sehr erfolgreich ein Affiliate-Programm.
Daher kann der Kanal ja auch nicht so falsch sein für Luxusanbieter und man läuft sonst Gefahr, die Online-Kunden Anbietern wie Amazon oder den zahlreichen Shopping-Clubs zu überlassen, die ebenfalls die Marken über ihr Affiliate-Programm bereits auf Provisionsbasis vergüten.